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Neuer Polizeiruf 110 ist wohltuend normal - mehr nicht

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Von: Miriam Sahli-Fülbeck

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Köhler (Matthias Matschke) folgt einer Spur.
Köhler (Matthias Matschke) folgt einer Spur. © MDR/Frédéric Batier

Nach einem ausgeflippten, märchenhaften Tatort aus Weimar und Krimis mit immer gleichen Themen werden die ARD-Zuschauer dankbar für einen normalen Polizeiruf 110 aus Magdeburg sein. Dafür müssen sie allerdings heute einen Durchschnittskrimi ertragen.

Dieser Kriminalfall beginnt mit einem Zeitsprung. Erst der Leichenfund am Elbe-Ufer, dann die Rückblende, was bisher geschah: Kim Peelitz hinterlässt eine Sprachnachricht auf dem Handy ihrer Mutter. Kim klingt verheult und aufgeregt. „Mama, ich wurde entführt. Die haben gesagt, du sollst ihnen 100.000 Euro in bar geben. Aber du darfst auf keinen Fall die Polizei anrufen, du darfst auf keinen Fall zur Polizei gehen. Sonst bringen die mich um!“ Die Mutter, Anja Peelitz(Schauspielerin Christina Große), macht es trotzdem. Natürlich. Sie will ihre Tochter zurück. Sie geht im Büro von Hauptkommissarin Doreen Brasch (Claudia Michelsen) und Dirk Köhler (Matthias Matschke) unruhig auf und ab. Kriminalrat Uwe Lemp (Felix Vörtler) ordnet absolute Nachrichtensperre an. Die Polizei wird der Öffentlichkeit verschweigen, dass die 23-jährige Kim (Schauspielerin Lucie Hollmann) entführt wurde und ihre Mutter erpresst wird.

„Dünnes Eis“: Polizeiruf 110 beginnt heute vielversprechend

Der Polizeiruf 110 mit dem Filmtitel „Dünnes Eis“ beginnt viel versprechend. Nach dem verrückten, märchenhaften Weimar-Tatort mit Christian Ulmen und Nora Tschirner - „Der scheidende Schupo“ - ist dieser Krimi so wohltuend normal. 

Die Polizei in Magdeburg darf Menschen, die Kim (eine Modeverkäuferin) und ihrer Mutter (eine Altenpflegerin) nahe stehen, nur diskret befragen, damit die Entführer nichts davon mitbekommen. Hauptkommissarin Brasch geht den Arbeitsweg von Kim ab, findet ihr Handy auf dem Rasen und liest die letzten darin gespeicherten Nachrichten: Kim fühlte sich bedroht. Aha, das ist doch ein guter Anhaltspunkt. Und die Spur führt die Ermittler zu Kims Stiefvater (Kims leiblicher Vater soll tot sein): Jost Liebig, ein Typ, dem die Zuschauer einiges zutrauen würden. Aber das wäre zu einfach in einem 90-Minuten-Krimi, oder? Und dieser Jost Liebig schickt die Ermittler gleich weiter zu Kims Ex-Freund. Der soll sie verfolgt haben. Die routinierte Polizeiarbeit wird unterbrochen, als die Mutter eine zweite Botschaft von Kim erhält: Die Entführer sollen ungeduldig sein und darauf bestehen, das Lösegeld noch am selben Tag zu bekommen. Kims Mutter verhält sich seltsam gefasst, schneidet Apfelspalten für den Hauptkommissar, will ein bisschen Small-talk machen. Als Zuschauer fragt man sich, ob Schauspielerin Christina Große ihre Rolle einfach nur schlecht spielt, oder ob diese Anja Peelitz mehr über die Entführung weiß, als sie vorgibt. Und dann passiert wirklich etwas Erstaunliches, das Kims Mutter in einem völlig anderen Licht erscheinen lässt.  

Polizeiruf 110: Dünnes Eis
Mutter Anja (Christina Große) stopft das Geldpaket wie von den Entführern gefordert in diesen Mülleimer. © MDR/Frédéric Batier

Bemerkenswerte Szene im Fall „Dünnes Eis“: Der Zoff zwischen Brasch und Köhler

Eine Szene in diesem neuen Polizeiruf, den das Erste am Sonntag zeigt, ist Braschs und Köhlers Streit. 

Brasch schreit: „Was haben Sie denn noch alles übersehen?“ 

Köhler: „Ja, das ist eine wichtige Frage. Das kann ich mir vorstellen, dass Sie das fragen. Sie übersehen nämlich gar nichts! (...) Und Sie spielen hier den lieben Gott! Und entscheiden, was Lüge und was Wahrheit ist! Brauchen Sie das?!“ Er schmeißt ein Telefon in die Ecke und atmet aus. 

Diesmal ist es Brasch, die ihm ruhig zuhört, statt zurückzumotzen. Ansonsten sind die Rollen umgekehrt verteilt: Brasch gehört die Rolle der impulsiven Ermittlerin, Köhler gehört die Rolle des ruhigen, verständnisvollen Ermittlers. 

Polizeiruf 110 heute: Durchschnittliches Drehbuch, standardmäßig umgesetzt

Der Polizeiruf 110 „Dünnes Eis“ ist nicht schlecht, aber auch nicht gut. Ein durchschnittliches Drehbuch, standardmäßig umgesetzt. Es war damals die richtige Entscheidung, Hauptkommissar Dirk Köhler als Partner von Doreen Brasch (Claudia Michelsen) zu erfinden, auch wenn manche TV-Kritiker nach seinem ersten Fall kein Lob für den Darsteller Matthias Matschke übrig hatten. Ihm gelingt es, sich von seiner etwas trotteligen Rolle aus der gefeierten Sat.1-Serie „Pastewka“ frei zu spielen. Und Claudia Michelsen braucht Matschke an ihrer Seite, denn sie allein trägt einen Polizeiruf 110 nicht mehr. Sie nervt sogar. Schuld daran ist der Regisseur Jochen Alexander Freydank, der Michelsen ewig gleich filmt: wie sie vom Motorrad absteigt, wieder aufsteigt, wieder absteigt und so weiter. Spätestens nach der zweiten Wiederholung haben wir verstanden: Ja, Michelsen ist in der Polizeiruf-Reihe die „coole Socke“.     

Polizeiruf 110 heute im Ersten

Den Polizeiruf 110 „Dünnes Eis“ zeigt Das Erste am Sonntag, 12. Februar, um 20.15 Uhr. danach können Sie ihn - wie immer - 30 Tage lang in der ARD-Mediathek ansehen.

Tatort und Polizeiruf 110: Unsere früheren Kritiken

„Sturm“ (Tatort aus Dortmund), „Fangschuss“ (Tatort aus Münster), „Borowski und das dunkel Netz“ (Tatort aus Kiel), „Nachtsicht“ (Tatort aus Bremen), „Tanzmariechen“ (Tatort aus Köln), „Der scheidende Schupo“ (Tatort aus Weimar), „Schock“ (Tatort aus Wien), „Wacht am Rhein“ (Köln-Tatort) „Klingelingeling“ (München-Tatort), „Dunkelfeld“ (Berlin-Tatort), „Sumpfgebiete“ (Polizeiruf München), „Es lebe der Tod“ (Wiesbaden-Tatort), „Taxi nach Leipzig“ (Jubiläumstatort, die 1000. Tatort-Folge), „Borowski und das verlorene Mädchen“ (Kiel-Tatort), „Echolot“ (Bremen-Tatort), „Die Wahrheit“ (München-Tatort), „Zahltag“ (Dortmund-Tatort), „Der König der Gosse“ (Dresden-Tatort), „Feierstunde“ (Tatort Münster mit Jan Josef Liefers und Axel Prahl), „Wölfe“ (Polizeiruf mit Matthias Brandt), „Und vergib uns unsere Schuld“ (Polizeiruf mit Matthias Brandt), „Wir - Ihr - Sie“ (Berlin-Tatort), „Das Recht, sich zu sorgen“ (Franken-Tatort), „Fünf Minuten Himmel“ (Freiburg-Tatort), „Mia san jetz da wo's weh tut“ (Jubiläumsfall München-Tatort), „Ein Fuß kommt selten allein“ (Münster-Tatort), „Die Geschichte vom bösen Friedrich“ (Frankfurt-Tatort).

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