Die Welt im neuen Ard-„Tatort“ aus Konstanz ist durch und durch künstlich, und künstlich ist auch die Geschichte, die in „Todesspiel“ erzählt wird. Lesen Sie hier die TV-Kritik.
Ein Millionenerbe mit eigenem Schloss, ein Geldhai, eine Boutiquenbesitzerin, die von ihrem reichen Mann gesponsert wird, ein Ex-Promi „aus der Castingshow bei dem Dingssender“ – mit nicht viel Mühe hat Autor Leo P. Ard die Figuren dieses Krimis aus dem Karteikasten für Stereotypen gezogen. Da tragen Lebenskünstler weiße Anzüge, trinken Champagner wie Wasser, lieben Fesselspiele und veranstalten Russisches Roulette für den „Kick“. Das muss ja tödlich enden. Leider auch für diesen Krimi.
Die Welt im neuen Ard-„Tatort“ aus Konstanz ist durch und durch künstlich, und künstlich ist auch die Geschichte, die in „Todesspiel“ erzählt wird. Der fiese Chef einer dekadenten Clique wird ermordet, und jeder seiner „Freunde“ hätte ein Motiv – das ist zwar Agatha Christie, allerdings ziemlich light. Und da auch die Krimimacher vom Bodensee inzwischen im 21. Jahrhundert leben, wird, was die handelnden Personen wegen mangelnder Komplexität nicht herausarbeiten können, immer wieder durch Handy- videos (nach-)geliefert. Mord aus Eifersucht, aus Rache oder wegen der Schulden – Autor Ard und Regisseur Jürgen Bretzinger haken alle Konfliktsituationen in diesem durchkonstruierten Plot gelangweilt ab wie Punkte auf einer Liste. Gegen so viel Routine sind Darsteller wie Anna Bederke, Alexandra Finder, Torben Liebrecht oder Daniel Roesner machtlos.
Dass man sich trotzdem weiter berieseln lässt, hat vielleicht mit der stets per se zumindest potenziell spannenden Undercover-Situation zu tun, in die sich ein Kriminaler, in diesem Fall Hauptkommissar Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) begibt. Und mit der zwar unglaubwürdigen Pointe, die aber immerhin eine unerwartet tragische Komponente hat.
Kommissare beim Kultkrimi Tatort
Kommissare beim Kultkrimi Tatort
„Was war anders als sonst?“, fragt Kommissarin Klara Blum (Eva Mattes) am Anfang die Haushälterin des ersten Opfers. Antwort: „Normalerweise liegt der Herr Wolters nicht tot aufm Boden.“ Wären alle Dialoge so originell gewesen, hätte man „Todesspiel“ wenigstens als Parodie ernst nehmen können.
Rudolf Ogiermann