Heizen mit Holz: Die Alternative zu Gas? Es gibt nicht nur einen großen Haken für Verbraucher
Die Gas-Preise steigen und in Deutschland gilt ab Oktober eine Gas-Umlage, um die Versorger zu entlasten. Viele Verbraucher wollen wegen der hohen Kosten auf Holz umsteigen. Doch dieses Modell hat Tücken.
München - Dem Kölner Jupp Schmitz wurde ein feines Gespür für die Sorgen seiner Mitmenschen nachgesagt. „Wer soll das bezahlen? Wer hat so viel Geld? Wer hat so viel Pinkepinke? Wer hat so viel Geld?“, sang der rheinische Kult-Liedermacher im Oktober 1949 über die hohen Preissteigerungen in der Bundesrepublik Deutschland, damals verursacht durch die Währungsreform zur D-Mark.
Wegen galoppierender Gas-Preise: Kommt das Heizen mit Holz in den Trend?
73 Jahre später könnten die Bürger zwischen Rheinland, Nordsee, Sachsen und Bayern dasselbe Lied anstimmen. Denn: Die Gas-Krise infolge von Inflation und Russland-Ukraine-Krieg steuert im Herbst auf ihren Höhepunkt zu. Sind die Gasspeicher Deutschlands dann, vor der kalten Jahreszeit, ausreichend gefüllt? Und vor allem: Wie teuer werden Gas, Energie und das Heizen für jeden einzelnen Haushalt? „Wenn die bereits vor der Krise beschafften Energiemengen der Energieversorger verbraucht sind, werden sie zu den aktuellen Rekordpreisen an der Börse einkaufen müssen“, erklärte Steffen Suttner, Geschäftsführer Energie beim Vergleichsportal Check24, Anfang August der Bild: „Die Jahresrechnung und damit auch die Abschläge könnten dann um das Drei- bis Fünffache steigen.“
Die Tageszeitung rechnete vor, dass ein üblicher Musterhaushalt mit 20.000 kWh Verbrauch Stand Juli 2021 im Schnitt 1301 Euro im Jahr für Gas zahlen musste. Ein Jahr später, im Juli 2022, hatten die Preise bereits einen neuen Rekordwert erreicht, und zwar umgerechnet durchschnittlich 3415 Euro pro Jahr. Erste Kalkulationen des Verbraucherportals Verivox zeigen zudem: Die niedrigere Mehrwertsteuer von sieben Prozent statt bislang 19 Prozent auf Gas als Entlastungsmaßnahme der Ampel-Bundesregierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) verpufft weitgehend. Wohl nicht einmal die Mehrkosten durch die Gas-Umlage von 2,419 Cent pro Kilowattstunde werden ausgeglichen.
Viele Haushalte und Verbraucher wollen deshalb auf Heizen mit Holz umsteigen. Was sich wirklich lohnt? Welche Haken dieses Energie-Modell hat. Und warum es sich teils wahrscheinlich nicht mal umsetzen lässt.
1. Problem: Nachfrage nach Brennholz übersteigt das Angebot vielerorts bei Weitem
Vor allem auf dem Land haben etliche Bürger Holz-Öfen für Brennholz oder sogar einen Kamin im Haus. Mancher hat sogar ein eigenes Stück Wald, um Holz zu schlagen. Oder zumindest einen Nachbarn, der einen kennt, der einen kennt, der Brennholz verkauft und bestenfalls auch noch liefert.
So einfach ist es aber vielerorts dann doch nicht. Vor allem nicht in der Großstadt. So berichtet zum Beispiel der Bayerische Rundfunk (BR) auf seiner Nachrichten-Website, dass für weite Teile Bayerns sowie die Millionenmetropole München getrocknetes und ofenfertiges Brennholz voraussichtlich erst in ein bis zwei Jahren in größerem Umfang zur Verfügung stehen wird. Dies gehe aus einer Antwort der Bayerischen Staatsforsten hervor, den Forstbetrieben des Freistaates.
2. Problem: Die Preise für Brennholz sind ebenfalls stark gestiegen
Die hohe Nachfrage nach Brennholz, die das Angebot in weiten Teilen Deutschlands deutlich übersteigt, sorgt für stark gestiegene Preise. So kosten ofenfertige Buchenscheite mit einer Länge von 33 Zentimeter laut BR 31,6 Prozent mehr als noch im vergangenen Jahr. Bei Fichtenscheiten liege die Preissteigerung bei 22,3 Prozent.
Auch lokal können die wenigen Holzlieferanten die Preise gemäß marktüblichen Gesetzen nach eigenem Gusto anheben. In München liege der Preis für einen Raummeter Brennholz plus Lieferung mittlerweile teils bei 300 Euro, schreibt der Bayerische Rundfunk in seinem Beitrag.
3. Problem: Holz-Öfen erzeugen gesundheitsschädlichen Feinstaub
Ein weiteres Problem von Brennholz ist der hohe Feinstaub-Ausstoß. Dieser kann bei hoher Frequenz negative gesundheitliche Folgen wie Atemwegserkrankungen oder Herz-Kreislauferkrankungen haben. Feinstaub wird zudem immer wieder als Ursache für Krebs-Erkrankungen vermutet.
Laut Umweltbundesamt ist der Anteil von Feinstaub-Emissionen bei kleineren und mittleren Holz-Heizungen um ein Vielfaches höher als bei vergleichbaren Öl-, Gas- oder Kohle-Heizungen. Neben gesundheitlichen Risiken - insbesondere in eng bebauten Wohngebieten - müssen beim langfristigen Heizen mit Holz auch rechtliche Vorgaben beachtet werden.
4. Problem: Fachkräftemangel - Es fehlen die Heizungsbauer, um Feinstaub-Filter nachzurüsten
So schreibt die „Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen“ (1. BImSchV) aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz in einem festgelegten Stufenplan vor, wann (sogenannte) veraltete Einzelraumfeuerungsanlagen je nach Baujahr auszutauschen sind. Oder ab welchem Baujahr diese mit einem Feinstaub-Filter nachgerüstet werden müssen.
Wer seine Holzheizung pflichtbewusst mit Feinstaub-Filtern nachrüsten lassen will oder sich eine moderne Holzofenheizung im Haus einbauen lassen will, stößt nicht selten auf das nächste Problem - den Fachkräftemangel. Wie das Statistische Bundesamt im Juli mitteilte, ist die Zahl der Beschäftigten im Sanitär- und Heizungsbau in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren um 9,4 Prozent zurückgegangen. Zudem sind von den heute arbeitenden Installateuren 22,4 Prozent älter als 55 und erreichen bald das Rentenalter. Wohl dem, der gute Kontakte hat. (pm)