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Wärmepumpen als Heiz-Alternative – Gefahr für Mensch und Umwelt?

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Von: Ulrike Hagen

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Sechs Millionen Wärmepumpen soll es bis 2030 geben. Doch die Diskussion um hochgiftige Kältemittel könnte diese hochgesteckten Ziele der Energiewende infrage stellen.

Berlin – Die Wärmepumpe gilt als Heizsystem der Zukunft, weil sie – hocheffizient elektrisch betrieben – Wärmeenergie aus der Umgebungsluft erzeugt. Für Klimaschutz und die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen plant die Bundesregierung darum, bis 2030 den Einbau von sechs Millionen Wärmepumpen. Dieses Ziel könnte nun von den Debatten um die in den Pumpen eingesetzten Kältemittel ins Straucheln kommen. Denn diese sind teils höchst bedenklich.

Aktionswoche rückt Wärmepumpen als Heiztechnik in den Fokus
Klimaschutz versus Gesundheitsgefahr: Wärmepumpen als Heiz-Alternative – doch sie können der Gesundheit schaden © Silas Stein/dpa

Wärmepumpen als Heiz-Alternative – sie können Gesundheit und Umwelt schaden

Ein neuer Gesetzesentwurf aus dem Wirtschaftsministerium sorgte gerade erst für Aufregung. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will ein generelles Verbot von neuen Öl- und Gasheizungen schon ab 2024 einführen. Wärmepumpen geraten damit als besonders vielversprechende, weil klimafreundliche Heizalternative, weiter in den Fokus. Auch im direkten Vergleich mit Wasserstoff als Heizalternative kam eine Hamburger Studie zu eindeutigen Ergebnissen. Doch leider besitzen die energieeffizienten Wärmesysteme eine entscheidende Achillesverse: ihre Kältemittel.

Können giftige Kühlmittel in Wärmepumpen die Energiewende gefährden?

Auch wenn sich die Kältemittel in Wärmepumpen eigentlich in einem hermetischen Kreislauf befinden – in der Herstellung, allerspätestens bei der Entsorgung, sind sie ein riesiges Problem, denn sie enthalten häufig gefährliche Gase von Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS). Gelangen diese „Jahrhundertgifte“ in die Umwelt, verschwinden sie mutmaßlich dort nie wieder.

Was sind PFAS?

PFAS ist die Abkürzung für Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, eine Gruppe von Industriechemikalien, die etwa 4700 Substanzen umfasst. Aufgrund ihrer wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften werden sie bei der Herstellung vieler Produkte benutzt.

PFAS kommen in einer Vielzahl von Industrie- und Verbraucherprodukten vor, einschließlich Textilien, Verpackungen, Feuerlöschmitteln, Schmiermitteln, Lösungsmitteln, Oberflächenbehandlungen und Schäumen. PFAS sind jedoch auch umweltgefährdend und können das Wasser, den Boden und die Luft verschmutzen und die menschliche Gesundheit gefährden.

Diese Substanzen kommen in der Natur nicht vor und zählen zu den persistenten Chemikalien – das bedeutet, gelangen sie einmal in die Umwelt, verschwinden sie vermutlich nie wieder. Die Stoffe sind auch in Blut und Gewebe nachzuweisen und stehen im Verdacht, bei Menschen Krebs zu verursachen, unfruchtbar zu machen und das Immunsystem zu schwächen.

Die sogenannten Ewigkeitschemikalien PFAS , die in vielen der Pumpen stecken, gelten aber nicht nur als schwer abbaubar, sondern auch als hochgiftig. In Untersuchungen wurden die krebserregenden Chemikalien an über 1500 Orten in Deutschland nachgewiesen.

Wärmepumpe als Giftschleuder: Jahrhundertgift PFAS im Kältemittel

Die EU prüft inzwischen sogar ein weitreichendes Verbot: Fünf europäische Länder, darunter federführend Deutschland und die Niederlande, wollen die Produktion und Verwendung dieser heiklen Stoffgruppe EU-weit unterbinden. Der Vorschlag zur Beschränkung von PFAS liegt der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) vor. Die EU-Kommission wird also gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten absehbar über Beschränkungen entscheiden.

Diese Rolle spielt das Kühlmittel für das Heizsystem Wärmepumpe

Wärmepumpen-Verband gegen Verbot der gefährlichen PFAS

Doch ein Verbot sieht der Bundesverband Wärmepumpen (BWP) kritisch. Geschäftsführer Martin Sabel erklärte im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung, dass die Wärmepumpe „eine herausragende Rolle“ bei der Abwendung von fossilen Energien spiele. Strengere Regeln würden jedoch die wichtigen europäischen Klimaziele gefährden und „die dringend notwendige, rasche Dekarbonisierung des Gebäudesektors verhindern oder zumindest erheblich verlangsamen“.

Verbraucherzentrale rät: Auf Alternativen mit niedrigem GWP-Wert achten

Fakt ist: Es gibt bereits Alternativen. Und die sind nicht nur weniger schädlich für Natur und Mensch, sondern auch umweltfreundlicher. Indikator für verträglichere Kältemittel ist der sogenannte GWP-Wert. Je geringer dieser Wert, desto klimafreundlicher – und in der Regel auch umweltfreundlicher – ist das in der Wärmepumpe zirkulierende Kältemittel. „Bestellen Sie ausdrücklich eine Wärmepumpe mit einem Kältemittel mit niedrigem GWP-Wert. Das sind häufig natürliche Substanzen, wie zum Beispiel Propan“, rät die Verbraucherzentrale.

Experte: „Möglich, nahezu alle Wärmepumpen mit natürlichen Kältemitteln zu betreiben“

Der Bundesverband Wärmepumpen kritisiert allerdings das Sicherheitsrisiko von Propan, es könne sich relativ leicht entzünden, so der Verband. Der Wissenschaftler Clemens Dankwerth vom Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme (ISE), der mit seinen Kollegen an der Zukunft der Wärmepumpe forscht, hält dagegen:

„Es ist absolut möglich, nahezu alle Wärmepumpen, die im Gebäudebereich eingesetzt werden, mit natürlichen Kältemitteln zu betreiben“, sagte er der Süddeutschen. Die von seinem Team entwickelte Pumpe bräuchte nicht mehr Propan als ein Campingkocher ... 

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