Strahlung von Atomkraftwerken in der Ukraine: Interaktive Karte zeigt mögliche Richtung von Gefahrstoff

Die Atomkraftwerke Tschernobyl und Saporischschja gerieten im Ukraine-Krieg in den Fokus. Eine interaktive Karte zeigt nun, wie der Wind mögliche Strahlungen verbreiten könnte.
München – Was zunächst wie Panikmache klingt, hat vor allen Dingen für Institutionen wie den Katastrophenschutz einen immensen Wert. Eine interaktive Karte zeigt, wie sich Gefahrstoffe durch den Wind verteilen können - inklusive einer Voraussage von mehreren Tagen.
Atomkraftwerke Tschernobyl und Saporischschja: Interaktive Karte soll aufklären
Das ist gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Probleme in der Ukraine mit den Atomkraftwerken Tschernobyl und Saporischschja extrem wichtig (mehr News aus dem Welt-Ressort bei merkur.de).
Daniel Rüd von kachelmannwetter.com teilte die interaktive Karte am 8. März. Es handelt sich im Detail um sogenannte Trajektorien. Diese beschreiben die Verlagerung eines Luftpaketes durch die Atmosphäre. Einfacher ausgedrückt: Mit solchen Karten kann die Konzentration von Schadstoff in der Luft bei Waldbränden, Vulkanausbrüchen oder eben radioaktiven Störfällen vorhergesagt werden.
Das Team von kachelmannwetter.com hat insgesamt schon fünf Karten vorbereitet. Es handelt sich um die Atomkraftwerke Süd-Ukraine, Riwne, Chmelnyzkyj und eben Tschernobyl und Saporischschja.
Atomkraftwerke Tschernobyl und Saporischschja: Wohin würde Gefahrstoff Strahlung wehen?
Was ist zu sehen? Rund um den Ausgangsort (Beispiel im Foto: Saporischschja) gibt es verschiedene Linien, diese symbolisieren die Trajektorien in den unterschiedlichen Höhen (angegeben in Metern).

Einfach ausgedrückt: Befindet man sich beispielsweise in München und berühren diese Linien die Stadt auch, dann ist man in Reichweite. Im Falle eines Austritts radioaktiver Strahlungen oder anderer Gefahrstoffe von diesem Ausgangspunkt würden Schadstoffe in diese Richtung wehen.
Auch bei Großbränden mit intensiver Rauchentwicklung könnten solche Karten den Behörden helfen, die Situation richtig einzuschätzen. User können nämlich auch selbst einen Standort auf der Karte auswählen und sehen dann die Windrichtungen und möglichen Auswirkungen für andere Regionen.
Interaktive Karte nicht nur für radioaktive Strahlung nutzbar - auch bei Vulkanausbrüchen und Bränden
Janek Zimmer, ebenfalls Meteorologe bei kachelmannwetter.com hat in einem Twitter-Beitrag eine detaillierte Beschreibung geteilt, wie diese interaktive Karte zu nutzen ist.
Aktuell kann man von Glück reden, dass es sich hierbei lediglich um einen transparenten Informationsdienst seitens kachelmannwetter.com handelt. Warum das Team rund um Wetterexperten Jörg Kachelmann, der in der Vergangenheit diverse Medien der Panikmache rund um Wetter-Themen beschuldigt hat, jetzt so ein Thema aufgreift, hat einen traurigen Hintergrund.
Mehrere Medien meldeten am 9. März im Zuge des Ukraine-Krieges einen Stromausfall am Atomkraftwerk in Tschernobyl. Angeblich haben russische Truppen die Stromversorgung gekappt. Auch möglich ist eine Beschädigung der Stromleitungen durch Beschuss. Jetzt könne man nicht mehr auf die installierten Überwachungssystem zugreifen und im Falle eines Strahlungsaustrittes frühzeitig warnen, so heißt es.
Unklare Lage bei den Atomkraftwerken Tschernobyl und Saporischschja: Vorwürfe der Ukraine
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba warnte auf Twitter, dass es zu einem Austritt von Strahlung in Tschernobyl kommen könnte, sollte der Strom nicht wieder eingeschaltet werden. Dieselgenerationen hätten eine Kapazität von 48 Stunden.
Wie der Spiegel berichtet, der sich auf Informationen von Sven Dokter von der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) in Köln bezieht, gehe eine geringe Gefahr von Tschernobyl aus. Ohne Kühlung könne bei alten Brennelementen keine Hitzeentwicklung entstehen, die für eine Beschädigung der Hüllen sorgen kann.
Allerdings: Die sich vor Ort befindenden Mitarbeiter seien definitiv in Gefahr. Ein ganz anderes Problem in Tschernobyl ist im Übrigen die Tatsache, dass es seit zwei Wochen keinen Schichtwechsel gegeben hat, wie der Spiegel ebenfalls berichtet.
Atomkraftwerke Tschernobyl und Saporischschja: Das sagt Jörg Kachelmann
Unklarer stellt sich die Lage daher beim Atomkraftwerk Saporischschja. Die russischen Besatzer haben nach Angaben von N-TV den Kontakt zur Internationalen Atomenergiebehörde stark eingeschränkt.
Der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko erhebt schwere Vorwürfe gegen die russischen Truppen. Es gebe Hinweise, dass Russland das Personal als Geisel halte. Die Mitarbeiter seien physisch und psychisch erschöpft, heißt es in einem von Haluschtschenko geteilten Beitrag bei Facebook.
Jörg Kachelmann äußerte sich zu der unklaren Situation bei den Atomkraftwerken und den aktuell brodelnden Ängsten der Menschen in einem Beitrag bei Twitter folgendermaßen: „Damit nicht noch unnötig zusätzliche Sorgen verursacht sind (Fehler im Tweet. Anm. d. Red.) in Sachen Ukraine, kann man jetzt gucken, wo was hingeweht wird, WENN was passiert. Auf die Karte klicken (wo man was vermutet), dann mit Mouseover gucken, wo was ankommt (je nach Ausgangshöhe des Elends).“