Dann begann die große Suche. Direkt nach dem Verschwinden habe die Familie Aufrufe in den sozialen Medien gestartet. „Und wir haben 8000 Flyer gedruckt“, erzählt die 31-jährige Projektmanagerin. Der Verlust sei schmerzlich für die ganze Familie. „Besonders aber für unsere vierjährige Tochter Leni. Sie fragt jeden Tag nach Oskar“, so die Mutter zweier Mädchen.
Oskar ist kein Einzelfall. „Man hört hin und wieder von Hunden, die verschwinden, während sie vor Supermärkten angebunden sind. Manche werden tatsächlich auch aus Wohnungen oder Gärten entwendet“, berichtet Hester Pommerening vom Deutschen Tierschutzbund, der das Register Findefix für vermisste Tiere betreibt.
Und Oskars ursprünglicher Dieb? Der Junge, der den Hund gestohlen habe, sei inzwischen identifiziert worden. „Er ist immer wieder in Berlin unterwegs und nimmt fremde Hunde mit“, erzählt Friederike Brandts. Inzwischen seien Menschen auf den Jungen aufmerksam geworden, der auch nach Oskar weitere Hunde entführte. Die Hunde seien wieder zu ihren Besitzern gebracht worden. Insofern habe die öffentliche Suche nach Oskar auch schon positive Ergebnisse gebracht.
„Ich hoffe sehr, dass wir Oskar wiederfinden. Dann ist die Familie wieder im Lot“, sagt Brandts. Der Hund gehöre seit sieben Jahren dazu. Es sei gut möglich, dass Oskar auch über eine kilometerlange Distanz nach Hause finde, machen Vorstandsmitglieder des Vereins Saving Soul Pfotensicherung Berlin Hoffnung. „Das erleben wir immer wieder.“
Friederike Brandts will Oskars Nase nutzen, um ihn nach Hause zu bringen: Um Oskar die Suche nach seinem Zuhause zu erleichtern, hat Friederike Brandts Duftspuren gelegt. Sie hat unter anderem ein T-Shirt von sich auf bestimmten Wegen an einem Band auf dem Boden entlanggezogen, damit der Hund den Geruch von seinem Frauchen aufnehmen und verfolgen kann.
Außerdem hat sie sein Lieblingsfutter mit Wasser vermischt und die Flüssigkeit auf die Wege gesprüht. „Und ich habe tatsächlich auch ein Brathähnchen vom Händler unseres Vertrauens an einem Band auf dem Weg langgezogen. Alle Hunde lieben Brathähnchen“, erzählt Brandts.
Nicht nur Oskar wird vermisst. Der Verein Saving Soul Pfotensicherung unterstützt Halter bei der Suche nach ihren Hunden. „Es gibt schrecklich viel zu tun. Es ist eine Katastrophe“, heißt es dort. Täglich meldeten sich Besitzer, deren Hunde entlaufen seien. Seit der Corona-Pandemie, in der viele Menschen sich Haustiere zulegten, habe sich das Problem laut Angaben des Vorstandes verstärkt. „Oft sind es Tiere aus dem Ausland, die auch noch extreme Angsthunde sind.“ Die Besitzer seien oft unerfahren. „Sie passen nicht hinreichend auf oder leinen ihre Hunde nicht an.“
Der Verein Tasso registrierte 2020 bundesweit beispielsweise rund 33 000 vermisste Hunde. Bei dem Verein können Halter ihre Tiere registrieren und markieren lassen, sodass Finder die Halter schnell ermitteln können. Rund 31 830 Hunde habe Tasso in demselben Zeitraum wieder mit ihren Menschen zusammengebracht. Doch nicht alle seien auch im Jahr 2020 entlaufen, berichtet Referentin Sonja Slezacek.
Nicht nur Diebe sind dafür verantwortlich, dass Hunde verloren gehen. Für das plötzliche Verschwinden eines Tieres gebe es verschiedene Gründe. „Das kann eine verlockende Fährte sein, ein furchteinflößendes Geräusch oder die aus Versehen offen gelassene Tür“, so Slezacek. „Neugier, Freiheitsdrang, Jagdtrieb, Erschrecken und Angst, oder auch eine Verunsicherung durch eine neue beziehungsweise ungewohnte Umgebung bei Umzug, Urlaub oder auf Reisen“, ergänzt sie.
Oskar ist nicht der einzige prominente Fall in der Hauptstadt: In Berlin machte ab Ende 2018 bereits die Suche nach Rauhaardackeldame Schnipsel Schlagzeilen. Sie wurde vermutlich am Havelufer gestohlen. Vor allem Trittbrettfahrer, die nach vermeintlichen Funden des Hundes Geld erpressen wollten, machten der Familie zu schaffen. „Leider haben wir Schnipsel nicht wiedergefunden. Die Ungewissheit, die bleibt, ist scheußlich“, berichtet Maxi Schwebig heute. Damals hatte sie die Suchaktion für den Hund ihrer Mutter gestartet. Der Aufruf ist noch immer auf Facebook zu finden.
„Auch wir haben schon sehr dämliche Anrufe bekommen“, sagt Friederike Brandts. Ernsthafte Erpressungsversuche seien aber noch nicht darunter gewesen. Ob Oskar anders als Schnipsel doch noch den Weg nach Hause findet? (cg mit dpa)
Dezent verschwommen: Ein Pinguin tauchte mindestens 3.000 Kilometer entfernt von seinem natürlichen Habitat auf.