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Hamsterkäufe und Massentests: Wird auch Peking in den Lockdown geschickt?

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Von: Sven Hauberg

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Hamsterkäufe aus Angst vor einem Lockdown: Anwohner kaufen in einem Supermarkt im Pekinger Stadtteil Chaoyang ein.
Hamsterkäufe aus Angst vor einem Lockdown: Anwohner kaufen in einem Supermarkt im Pekinger Stadtteil Chaoyang ein. © Ng Han Guan/AP/dpa

Droht der chinesischen Hauptstadt ein Lockdown wie in Shanghai? Unter den Bewohnern von Peking wächst die Angst vor Ausgangssperren, es kommt zu Hamsterkäufen.

München/Peking - Erst Shanghai, dann Peking? In Chinas Hauptstadt wachsen die Sorgen vor einem Lockdown für die 21-Millionen-Metropole. Grund für die Panik ist die Reaktion der Behörden auf knapp ein Dutzend Corona-Neuinfektionen binnen 24 Stunden, die im Stadtteil Chaoyang registriert worden waren. Binnen einer knappen Wochen wurden laut Daten der Nationalen Gesundheitsbehörde in Peking 60 Infektionen gezählt.

In Chaoyang leben etwa 3,5 Millionen Menschen, die sich ab Montag (25. April) in drei Runden alle zwei Tage testen lassen müssen. „Die erweiterten Tests sollen den Anstieg der Covid-19-Infektionen eindämmen und verhindern sowie die Gesundheit und das Leben der Einwohner schützen“, zitierte die staatlich kontrollierte Global Times einen örtlichen Gesundheitsmitarbeiter. Der Bezirk ist eines der Wirtschaftszentren von Peking, hier leben besonders viele Ausländer, auch Botschaften haben hier ihren Sitz.

Am Wochenende waren in Chaoyang bereits einzelne Wohnblocks mit Infektionen abgeriegelt worden, am Montag wurden weitere Nachbarschaften in einen Lockdown geschickt. Die Bewohner dürfen das Gebiet vorerst nicht verlassen. Auch wurden dort Restaurants und Unterhaltungsstätten geschlossen.

Corona in China: „Düstere Lage“ in Peking

Aus Angst vor weiteren Ausgangssperren kommt es in Chaoyang bereits zu Hamsterkäufen. In den sozialen Netzwerken wurden Meldungen geteilt, nach denen einzelne Lebensmittelgeschäfte die Auslieferung von Waren gestoppt haben. Laut chinesischen Medien haben allerdings mehrere Lieferdienste ihre Bestände an frischen Lebensmitteln aufgestockt. Am Sonntag teilten die lokalen Behörden zudem mit, es gebe genug Nahrung für die Bewohner der Stadt.

Anwohner nehmen am Montag an einem Corona-Massentest im Pekinger Stadtteil Chaoyang teil.
Anwohner nehmen am Montag an einem Corona-Massentest im Pekinger Stadtteil Chaoyang teil. © Ng Han Guan/AP/dpa

In den Straßen von Chaoyang patrouillieren Regierungsmitarbeiter und desinfizieren parkende Autos, Fahrräder und Häuser. Mehr als 1200 Menschen wurden bereits als enge Kontaktpersonen von Infizierten in Quarantäne geschickt. Am Samstag sagte der städtische Beamte Tian Wei vor Journalisten in Peking, die Lage sei „düster“: „In der Stadt hat es in letzter Zeit mehrere Ausbrüche mit mehreren Übertragungsketten gegeben, und das Risiko einer anhaltenden und unentdeckten Übertragung ist hoch“, so Tian. „Die ganze Stadt muss sofort handeln.“

China: Kommt der Lockdown für ganz Peking?

Ob ein Lockdown über ganz Peking oder Teile verhängt werde, hänge von der Ausbreitung des Virus ab, sagte ein Experte des nationalen Gesundheitsamtes der Global Times. „Wenn die Ergebnisse der Tests in Chaoyang und anderen Teilen herauskommen, wird es uns ein besseres Bild von der gesamten epidemischen Lage in Peking geben“, sagte der nicht namentlich genannte hohe Funktionär. „Weitere Maßnahmen werden entsprechend folgen.“ Die Behörden in Peking gehen davon aus, dass sich das Coronavirus bereits seit mehr als einer Woche in der Stadt ausgebreitet hat.

Die Sorgen der Menschen in der Hauptstadt vor einem Lockdown hängen auch mit der Corona-Politik in anderen Teilen des Landes zusammen. China verfolgt als weltweit letztes Land eine strenge Null-Covid-Strategie und hat sich zum Ziel gesetzt, alle Infektionen nachzuverfolgen und Infektionsherde trockenzulegen. In ganz China stehen derzeit mehrere Dutzend Städte unter Lockdown oder einer anderen Form von Ausgangsbeschränkung.

Vor allem in Shanghai stößt diese Strategie derzeit allerdings an ihre Grenzen. Die Wirtschaftsmetropole mit ihren etwa 25 Millionen Einwohnern wurde Anfang April in einen Lockdown geschickt. Auch wenn mittlerweile in einigen Bezirken die Ausgangssperren wieder gelockert wurden, ist offen, wann der Lockdown beendet wird. Die Stadt meldet seit Wochen mehrere Tausend Neuinfektionen täglich, mittlerweile steigt auch die Zahl der Todesfälle. So wurde am Sonntag mit 51 Toten im Zusammenhang mit Covid-19 die höchste Zahl des Ausbruchs vermeldet.

China: Lockdown in Shanghai belastet Weltwirtschaft

Weil es in Shanghai seit Wochen zu Versorgungsengpässen kommt, steigt der Unmut der dortigen Bevölkerung. Auf Kritik stößt auch, dass Infizierte in riesige Quarantänelager transportiert werden. Der Zorn der Bürger entlädt sich nicht nur auf der Straße, sondern auch in den sozialen Medien, wo die Zensoren oftmals nicht mit dem Löschen der Inhalte hinterherkommen.

So verbreitete sich am Samstag über mehrere Stunden ein Video, in dem Luftaufnahmen vom menschenleeren Shanghai mit Presseerklärungen unterlegt sind, in denen die Behörden zu Beginn des Corona-Ausbruchs im März noch versichern, dass sie einen Lockdown in der Metropole wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen ablehnen. Ebenfalls zu hören sind Tonaufnahmen von betroffenen Menschen, etwa von einer Mutter, die ihre Nachbarn mitten in der Nacht um fiebersenkende Mittel für ihr Baby anfleht.

Der Lockdown in Shanghai, wo sich Chinas wichtigster Hafen befindet, hat längst auch Auswirkungen auf die globale Wirtschaft. Weil sich vor der Stadt Hunderte Containerschiffe stauen, sind die weltweiten Lieferketten bereits stark gestört. Schätzungen zufolge ging das Exportvolumen des Shanghaier Hafens bereits um 40 Prozent zurück. Am Montag fiel außerdem der Aktienindex Shanghai Composite um mehr als fünf Prozent auf den niedrigsten Stand seit zwei Jahren. (sh)

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