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Corona-Doku enthüllt: China hielt zu Beginn offenbar brisantes Wissen zurück

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Von: Astrid Kistner

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Medizinische Mitarbeiter
Medizinische Mitarbeiter überprüfen Daten. (Symbolbild) © Jin Liwang/XinHua/dpa/Symbolbild

Noch immer infizieren sich täglich tausende Menschen mit dem Coronavirus, eine Dokumentation beleuchtete nun den Ursprung der Pandemie. Hielt China brisantes Wissen zurück?

München - Corona hat Millionen von Menschenleben gefordert, die Welt zeitweise zum Stillstand gebracht und Gesellschaften in der Diskussion um die Gefahr dieses Virus gespalten. Was aber haben wir aus dieser Pandemie gelernt? Wäre sie vermeidbar gewesen? Die hochspannende Dokumentation Der Ausbruch, die das ZDF am Dienstag gezeigt hat, widmet sich eingehend dieser Frage.

Corona-Doku enthüllt: China hielt zu Beginn offenbar brisantes Wissen zurück

Kommentiert von führenden internationalen Wissenschaftlern zeichnet sie die Schlüsselmomente der ersten zehn Wochen nach der Entdeckung des neuartigen Virus im chinesischen Wuhan nach. Es lohnt sich, diesen 90-minütigen Film von Michael Wech anzuschauen, weil er so viel mehr erzählt als das, was bereits bekannt ist. Die Dokumentation zeigt, was passiert, wenn Wissenschaftler nicht gehört oder in Misskredit gebracht werden. Wenn die Politik aus Angst vor unbequemen Entscheidungen zaudert, wenn im Krisenmanagement Emotionen über Fakten gestellt werden.

„Im Januar und Februar 2020 wurde enorm viel Zeit verloren. Die Welt ist mit offenen Augen in die Katastrophe gerannt“, sagt der US-Epidemiologe Richard Hatchett im Film. Er war einer der Wissenschaftler, die sich beim Weltwirtschaftsforum am 21. Januar 2020 in Davos in einem Interview höchst alarmiert zeigte: „In den 20 Jahren, in denen ich mich mit Epidemien beschäftige, war ich noch nie so besorgt“, erklärte er einer Journalistin vor Ort. „Was wir jetzt tun müssen, sind sogenannte nicht-pharmazeutische Maßnahmen ergreifen wie Schulschließungen, Kontakt- und Reisebeschränkungen.“

Corona-Pandemie entwickelte sich rasend schnell - China spielt entscheidende Rolle

Die Welt, vor allem aber ihre politischen Entscheider, wollten ihn zu diesem Zeitpunkt nicht hören. Dabei war der Erreger bereits entschlüsselt, es gab also die Sequenz des Genoms und die Erkenntnis, dass es sich beängstigend rasant von Mensch-zu-Mensch überträgt. Ein Umstand, den die Weltgesundheitsorganisation (WHO) noch bis Ende Januar herunterspielte. Zuvor hatten chinesische Behörden verhindert, dass die Sequenz des Genoms an Wissenschaftler weltweit weitergegeben wird. „Chinesische Ärzte, die ihr Wissen teilten, wurden der Polizei vorgeführt und ernsthaft verwarnt“, sagt Dake Kang, Journalist beim Associated Press Investigativ-Team in Peking.

Als das Material endlich für alle zugänglich war, war das der Durchbruch für Tests und Impfstoffe, die in Labors entwickelt werden konnten. Gleichzeitig entstanden Parallelwelten: Eine, in der die Wissenschaft lebte, die vom Wachstum und der Gefahr dieses Virus schockiert war, und die der Politik, die sich verzweifelt bemühte, keine Panik zu schüren.

Corona: Hätte die Pandemie verhindert werden können?

„Die Behäbigkeit und die mangelnde Ernsthaftigkeit, mit der die Bedrohung in den USA angegangen wurde, hat uns entsetzt“, sagt ein ehemaliger Berater von Barack Obama. Schon früh bildete sich in den Staaten hinter den Kulissen der Politik eine Gruppe von ehemaligen Beratern der Präsidenten, die sich seit Jahren auf eine Pandemie vorbereitet hatten. Die Wolverines, wie sie sich nannten, vernetzten sich weltweit mit Ärzten und Wissenschaftlern. „Wir hätten diese Pandemie verhindern können, doch die Gefahr wurde viel zu lange heruntergespielt“, sagt Jeremy Farrar, einer der führenden Forscher in der Corona-Pandemie.

Nach Schweinegrippe, Vogelgrippe und Ebola – Epidemien, die eingedämmt werden konnten – war es schwierig, zur Politik durchzudringen. Die Angst, etwas Falsches zu tun – das zeigt diese Doku –, war und ist bei den politischen Entscheidern groß. „Corona aber ist wie ein Hurricane“, erklärt ein Infektiologe im Film. „Du musst die Stadt evakuieren, wenn die Sonne scheint und wenig Wind weht. Wenn du wartest, bis der Orkan loslegt, ist es zu spät.“ ASTRID KISTNER

Der Virologe Hendrik Streeck unterscheidet beim Kampf gegen das Virus zwischen einem „Sommerreifen-“ und einem „Winterreifenmodus“. In dem aktuellen Interview erläutert er seinen Standpunkt.

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