1. Startseite
  2. Welt

Corona-Regeln schon seit Wochen größtenteils aufgehoben: Warum die Zahlen in Schweden so niedrig sind

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Julia Schöneseiffen

Kommentare

Schweden weist im Vergleich zu anderen Ländern eine niedrige Sieben-Tage-Inzidenz auf. Dabei wurden in dem Land fast alle Corona-Maßnahmen aufgehoben.

Stockholm - Schweden geht bislang seinen eigenen Weg beim Umgang mit dem Coronavirus. So setzte das Land im Gegensatz zu seinen Nachbarländern auf keinen Lockdown, kaum Beschränkungen und die Eigenverantwortung der Bevölkerung. Als eines der ersten Länder in Europa hob Schweden dann Anfang September 2021 fast alle Corona-Beschränkungen auf.

Während Deutschland mit einer Inzidenz von 263,6 (Stand 12. November) zu kämpfen hat, liegt die Sieben-Tage-Inzidenz von Schweden bei 51,8 (Stand 12. November). Am schwedischen Freedom Day lag der gemeldete Wert bei 41,4 – damit bewegt sich die schwedische Inzidenz auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau und das seit Monaten.

Mediziner gestikulieren durch das Fenster einer Klinik in Corona-Schutzkleidung
Schweden hat im Vergleich zu anderen europäischen Ländern nicht mit einem hohen Inzidenz-Wert zu kämpfen. © XinHua / dpa

Corona in Schweden: Aufhebung der Maßnahmen

Als Grund für die Aufhebung der Corona-Maßnahmen nannte die Sozialministerin Lena Hallengren Anfang September die „erfolgreiche Impfkampagne“ des Landes. Man sei im Umgang mit der Pandemie „weit gekommen“. Diese erfolgreiche Impfkampagne könnte ein Grund dafür sein, dass trotz der wenigen Maßnahmen die Fallzahlen in Schweden so niedrig sind. So sollen nach Angaben des schwedischen Gesundheitsministeriums 81,2 Prozent der über 16-Jährigen vollständig geimpft sein.

Auf die Gesamtbevölkerung gerechnet entspricht dies einer Impfquote von 68,49 Prozent. Damit liegt Schweden nur knapp vor Deutschland mit einer Impfrate von 67,43 Prozent. Der Unterschied könnte allerdings in der Verteilung der Impfungen auf die einzelnen Altersgruppen liegen. In Deutschland sind laut Robert-Koch-Institut rund 85,6 Prozent der über 60-Jährigen vollständig gegen Corona geimpft. In Schweden liegt diese Quote etwas höher.

Schwedens Impfquote nach Altersgruppen

AltersgruppeImpfquote (vollständig geimpft)
60- bis 69-Jährige90,5 Prozent
70- bis 79-Jährige93,2 Prozent
80- 89-Jährige93 Prozent
über 90-Jährige89 Prozent

Die höhere Impfquote bei Älteren könnte erklären, warum Schweden seit dem Freedom Day keinen Anstieg der Intensiv- und Todesfälle verzeichnet. Warum sich allerdings auch beim Rest der Bevölkerung kaum mehr Infektionen bemerkbar machen, erklären diese Daten nicht.

Kaum Corona-Maßnahmen: Eigenverantwortung der schwedischen Bevölkerung

Es gibt aber noch weitere Faktoren, die in Schweden bisher womöglich den Infektionsanstieg verhindern. Schwedens Regierung setzte bereits zu Beginn der Pandemie auf die Eigenverantwortung der Bevölkerung. Während der zweiten und dritten Infektions-Welle kam es zwar zu strengeren Maßnahmen bezüglich des öffentlichen Lebens, für andere Bereiche, wie beispielsweise persönliche Treffen, aber sprach die Regierung lediglich Empfehlungen aus. An diese schienen sich viele Schweden gehalten zu haben.

Auch jetzt gibt es vor allem Ratschläge für Ungeimpfte. Diese sollen den Gesundheitsbehörden zufolge etwa große Menschenmassen meiden und auch keinen engeren Körperkontakt mit Personen aus Risikogruppen haben.

Schwedens geringe Bevölkerungsdichte: Ein Vorteil in der Pandemie

Im Gegensatz zu Deutschland hat Schweden zudem den Vorteil der geringen Bevölkerungsdichte. Auf die rund 450.000 Quadratkilometer Schwedens kommen gerade einmal 10,4 Millionen Einwohner. In Deutschland sind es hingegen 83,1 Millionen Menschen, die auf rund 360.000 Quadratkilometer leben. Und wie in der Corona-Pandemie gelernt, kann sich das Coronavirus schlechter verbreiten, wenn sich Menschen eher aus dem Weg gehen können und seltener in engen Räumen zusammen kommen.

Dass ein solcher Sonderweg allerdings auch nach hinten losgehen kann, zeigen Großbritannien und Dänemark. So lag die Sieben-Tage-Inzidenz im Vereinigten Königreich am 12. November bei 355,9 und in Dänemark bei 295,9. In beiden Ländern war nach ihrem Freedom Day ein Infektionsanstieg zu beobachten.

Schwedens Sonderweg brachte nicht nur Vorteile

Allerdings zeigt Schwedens Sonderweg auch eine Schattenseite. So infizierten sich im Laufe der Pandemie insgesamt rund 1,2 Millionen Menschen mit dem Coronavirus, rund 15.000 starben. Im Vergleich zu Deutschland starben damit auf die Einwohnerzahl gerechnet mehr Menschen in Schweden an dem Coronavirus als in Deutschland. Demnach bleibt abzuwarten, ob Schweden mit seinem Sonderweg den Kampf gegen Corona gewinnen wird. (jsch)

Auch interessant

Kommentare