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Corona-Studie: Dreimal mehr Kinder nach Suizidversuch auf Intensivstation als vor Corona

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Von: Bettina Menzel

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Eine Studie der Essener Uniklinik von Professor Christian Dohna-Schwake ergab, dass sich die Anzahl der Suizidversuche bei Kindern im Vergleich zur Zeit vor Corona verdreifacht hat.
Eine Studie der Essener Uniklinik von Professor Christian Dohna-Schwake ergab, dass sich die Anzahl der Kinder, die nach einem Suizidversuch auf die Intensivstation mussten, im Vergleich zur Zeit vor Corona verdreifacht hat. © Monkey Business 2 / Shotshop / Imago

Eine Studie der Uniklinik Essen ergab, dass die Anzahl der Suizidversuche bei Kindern seit Corona deutlich stieg. Vor allem der zweite Lockdown war hart für die psychische Gesundheit.

Essen - Die Anzahl der Kinder, die nach einem Suizidversuch auf der Intensivstation behandelt werden mussten, stieg im zweiten Lockdown um rund 300 Prozent im Vergleich zur Zeit vor der Corona-Pandemie. Das geht aus einer Studie der Uniklinik Essen hervor, über die der Leiter der Kinder-Intensivstation, Professor Christian Dohna-Schwake, im Videocast 19 – die Chefvisite berichtete.

Deutlicher Anstieg der Suizidversuche: Studienleiter „überrascht“ von den Zahlen

Die Ergebnisse der Studie hätten ihn selbst überrascht, sagte der Arzt und Wissenschaftler Professor Christian Dohna-Schwake im Videocast 19 – die Chefvisite. Im zweiten Lockdown seien vermehrt Kinder und Jugendliche nach einem Suizidversuch auf der Intensivstation aufgenommen worden. Die Zahl der Aufnahmen wegen eines Suizidversuches habe sich zum Ende des zweiten Lockdowns im Vergleich zur Zeit vor Corona verdreifacht. Während des ersten Lockdowns hingegen war die Zahl zurückgegangen. Ein Vergleich zwischen erstem und zweiten Lockdown ergäbe daher einen Anstieg um das Vierfache. Zwischen März und Ende Mai 2021 mussten insgesamt rund 500 Kinder und Jugendliche wegen eines Suizidversuches auf Intensivstationen in Deutschland behandelt werden. „Das hat mich auf jeden Fall überrascht“, so der Studienleiter „Wir haben nicht mit dem Anstieg um das Dreifache gerechnet.“

Die Studie basiert auf Umfragen in 27 deutschen Kinder-Intensivstationen. Es sich um einen sogenannten Preprint. Das bedeutet, dass die Untersuchung noch nicht die Peer-Review durchlaufen hat und demnach noch nicht von Fachkollegen begutachtet wurde.

Gründe für den Anstieg der Suizidversuche: „Offenhalten der Schulen A und O der präventiven Maßnahmen“

„Man weiß, dass die seelische Gesundheit deutlich gelitten hat“, sagte Professor Christian Dohna-Schwake nach den Auslösern der hohen Fallzahlen befragt. „Depressive Störungen, Angststörungen, auch Essstörungen haben sich ja zum Teil verdoppelt, verdreifacht unter den Kindern und Jugendlichen“. Im ersten Lockdown habe es eine Aussicht gegeben, dass es besser werde. Es habe auch gutes Wetter gegeben, sodass man nach draußen gehen konnte. „Der zweite Lockdown, obwohl er lockerer war, hat sich aus meiner Sicht hingezogen wie ein Kaugummi. Es gab viel weniger Zuversicht, dass es jetzt endlich vorbeigeht“, so Dohna-Schwake weiter. Vor allem Kinder, die bereits an depressiven Verstimmungen litten, seien betroffen gewesen. 24vita.de* nennt einen weiteren alarmierenden Trend, der Kinder unglücklich macht.

Auf den Einfluss von Schulschließungen angesprochen, erläutert der Wissenschaftler: „Soziale Kontakte außerhalb von digitalen Medien sind präventiv. Das sagt der gesunde Menschenverstand, das sagen aber auch Studien.“ Schule sei der Ort mit sozialen Kontakten. „Insofern ist das Offenhalten der Schulen das A und O der präventiven Maßnahmen aus meiner Sicht“, so Dohna-Schwake weiter. Solange es irgendwie gehe, sollten die Schulen daher aus seiner Sicht offengehalten werden.

Hilfe bei Depressionen und Suizidgedanken bieten viele Stellen. In Deutschland können Betroffene etwa die Telefonseelsorge unter 0800 1110111 anrufen. Das Angebot ist anonym und kostenfrei. Der Kinder-Intensivmediziner Professor Dohna-Schwake nennt als erste Ansprechpartner die Kinderärzte, doch auch die Sorgentelefone, Kinder- und Jugendpsychatrien sowie Jugendämter stünden mit Rat und Tat zur Seite. *Merkur.de und 24vita.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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