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Auch Mahnerin Priesemann zeigt sich optimistisch: „Guter Sommer“ - doch ein Risiko bleibt

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Von: Felix Durach

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Dr. Viola Priesemann (Forschungsgruppenleiterin am Max-Planck-Institut fuer Dynamik und Selbstorganisation) in der ARD-TV-Show Anne Will.
Auch Dr. Viola Priesemann vom Max-Planck-Institut in Göttingen prognostiziert aufgrund der aktuellen Entwicklungen einen guten Sommer. © Eventpress Stauffenberg/imago-images

Die Physikerin Viola Priesemann zählt zu den wissenschaftlichen Mahnern in der Corona-Pandemie. Doch auch sie zeigt sich aufgrund der aktuellen Lage optimistisch.

Göttingen - Viola Priesemann zählt sicherlich zu den deutschen Wissenschaftlern, die bedingt durch die Corona-Pandemie quasi über Nacht deutlich erhöhte Bekanntheitswerte vorweisen konnten. Bedingt vor allem durch ihre regelmäßigen Auftritte in deutschen Talk-Shows. Anders als Drosten, Ciesek oder Brinkmann ist Priesemanns Fachgebiet jedoch nicht die Virologie. Die 39-Jährige arbeitet als Physikerin am Max-Planck-Institut in Göttingen und beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit den grundlegenden Mechanismen der Corona-Pandemie. Unter anderem erstellt Priesemann Modelle, welche die weitere Ausbreitung des Coronavirus möglichst genau vorhersagen sollen.

Coronavirus: „Mahnerin“ Priesemann zeigt sich optimistisch und rechnet mit „gutem Sommer“

Wegen ihrer Arbeit als Modelliererin erhielt die 39-Jährige in der Öffentlichkeit bald den Ruf der „Mahnerin“, deren Prognosen oft von einem Worst-Case-Szenario auszugehen scheinen. Umso überraschender scheinen die Töne zu sein, die Priesemann in einem Interview mit dem Spiegel anschlägt. „Ich gehe davon aus, dass die Fallzahlen weiter sinken und wir einen guten Sommer haben werden, wir können auch einen guten Herbst haben“, schätzt die Physikerin die aktuelle Situation ein.

Viola Priesemann: Impf-Fortschritt als Treiber für sinkende Fallzahlen

Einen Sinneswandel will sich die 39-Jährige jedoch nicht unterstellen lassen. „Für mich kam der aktuelle Rückgang bei den Infektionszahlen keineswegs überraschend“, gibt Priesemann an und beruft sich unter anderem auf die voranschreitende Impfkampagne. Diese würde bereits jetzt allein für 20 Prozent mehr an Immunität in der Bevölkerung sorgen. Eine Entwicklung, die unmittelbare Auswirkungen auf den R-Wert nimmt und so für sinkende Fallzahlen sorgt.

Dass andere von Priesemann erstellte Modelle weiter steigende Fallzahlen prognostiziert haben, begründet die Physikerin vor allem mit der Systematik ihrer Arbeit und falschen Interpretationen. „Das Modell, das einige Medien aufgegriffen hatten, ist nur eines von 20“, so die 39-Jährige. „Wir untersuchen gerade gemeinsam mit Kolleginnen, ob diese 20 simplen Modelle gemeinsam eine bessere Vorhersage machen können als eines allein.“

Corona-Pandemie: Priesemann warnt vor „Pattsituation“ - „Wir müssen aufpassen“

Ähnlich wie Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mahnt Priesemann davor, sich zu sehr auf die aktuell rückgängigen Fallzahlen zu verlassen und die falschen Schlüsse zu ziehen. Dabei macht die Physikerin eine „Pattsituation“ in der aktuellen Lage aus: „Wenn wir sagen, die Zahlen werden sinken, kommen mehr Lockerungen. Und diese Lockerungen verlangsamen dann den Rückgang. Wir müssen also aufpassen, dass wir den Immunitätsgewinn nicht weglockern.“

Ein weiteres mögliches Problem sieht Priesemann in den Auswirkungen, die sinkende Infektionszahlen auf die Impfbereitschaft der Bevölkerung haben könnten: „Je niedriger die Fallzahlen werden, umso niedriger könnte künftig auch die Impfbereitschaft sein, weil die Menschen das Infektionsrisiko als niedrig einschätzen“, erklärt die 39-Jährige. Der nicht geimpfte Teil der Bevölkerung könnte dann zum neuen Pandemietreiber werden und die Intensivstationen des Landes auf eine neue Belastungsprobe stellen.

Viola Priesemann: Sorge trotz Optimismus - „Gewisses Risiko“ bleibt

„Bisher dürften sich etwa zehn Prozent der Bevölkerung mit dem Coronavirus infiziert haben. Schon das hat gereicht, um Krankenhäuser über Wochen an die Belastungsgrenze zu bringen“, rekapituliert Priesemann. In aktuellen Befragungen wird der Anteil an Erwachsenen, die sich schnellstmöglich impfen lassen wollen, auf 50 bis 70 Prozent geschätzt. Dementsprechend könnte ein Anteil von 30 bis 50 Prozent der Erwachsenen überbleiben, die für einen erneuten Anstieg der Infektionszahlen sorgen könnten.

„Aus wissenschaftlicher Sicht bleibt ein gewisses Risiko. Deshalb muss ich eben immer mal wieder Wasser in den Wein gießen“, erklärt Priesemann die Einschränkungen ihrer positiven Einschätzung. (fd)

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