Coronavirus: Spahn und Merkel haben düstere Prognose - und appellieren an alle Deutschen
Das Coronavirus Sars-CoV-2 hält Deutschland weiter in Atem. Gesundheitsminister Jens Spahn gab nun eine düstere Prognose ab - und appelliert an alle Bürger.
- Bundesgesundheitsminister Jens Spahn rät wegen des Coronavirus* in Deutschland von Reisen nach und in NRW ab.
- Auf EU-Ebene gerät Spahn (CDU) wegen seiner Äußerungen zur Exportbeschränkung von Schutzkleidung unter Druck.
- Spahn richtet sich nun mit einem Appell an alle Deutschen.
Update vom 11. März, 13.29 Uhr: In einer gemeinsamen Pressekonferenz von Angela Merkel (CDU), Jens Spahn (CDU) und RKI-Präsident Lothar Wieler mahnten alle Beteiligten zur Besonnenheit. Man müsse auf ein Stück Alltag verzichten „um sich selbst zu schützen und andere zu schützen“, so Jens Spahn. Er zeigte sich dankbar gegenüber Unternehmen, die zu Home-Office übergehen und begrüßte auch die Absage von größeren Veranstaltungen. Am kommenden Freitag wollen Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bekannt geben, ob und wie Finanzhilfen für die Wirtschaft verstärkt werden können. Die Pressekonferenz war Merkels erstes Statement zur Corona-Krise.
Update vom 10. März, 6.39 Uhr: Im Kampf gegen eine weitere Ausbreitung des Coronavirus hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Deutschen zu solidarischem Handeln aufgefordert. „Wir werden diese Situation bewältigen. Wenn wir alle mithelfen, zusammenhalten und einander auch unter Stress vertrauen“, schrieb er in einem am späten Montagabend veröffentlichten Gastbeitrag in der Bild und fügte hinzu: „Es geht. Und am besten geht es gemeinsam.“ Der Höhepunkt der Epidemie sei noch nicht erreicht. „Wir erwarten einen weiteren Anstieg der Infektionen“, schrieb Spahn: „Es wird weitere Einschränkungen unseres Alltags geben.“
Aktuelle Fallzahlen zeigt jetzt eine neue Coronavirus-Karte, die in Deutschland entwickelt wurde. Warum sich Angela Merkel zum Coronavirus-Kampf sehr lange nicht äußerte*, fragt sich Merkur-Redakteur Christian Deutschländer.
Coronavirus: Jens Spahn appelliert an Deutsche - und gibt düstere Prognose
Spahn schrieb, das Coronavirus sei eine große Herausforderung „für uns als ganze Gesellschaft“. Das Virus werde den Alltag verändern. „Je weniger Menschen sich gleichzeitig anstecken, desto besser kann unser Gesundheitssystem damit umgehen“, schrieb Spahn. Gerade Ältere und chronisch Kranke seien auf eine ausreichende Zahl verfügbarer Intensivbetten angewiesen. „Oberstes Ziel ist es daher, den Ausbruch zu verlangsamen.“
Klar sei: Die Sicherheit aller gehe vor - auch vor wirtschaftlichen Interessen. Doch das öffentliche Leben einzuschränken, sei keine einfache Entscheidung. Öffentlichkeit gehöre zur Demokratie. „Das soll so bleiben. Deshalb müssen wir behutsam und besonnen vorgehen.“
Flächendeckende Schulschließungen sehe er skeptisch. „Weil Eltern dann ihre Kinder betreuen müssen und auch nicht mehr im Krankenhaus arbeiten können.“
Coronavirus: Spahn fordert neues Institut - „Die europäische Seuchenbehörde ist viel zu klein...“
Update vom 8. März, 10.20 Uhr: Deutschland hat sich bisher im Vergleich zu anderen Ländern mit der Absage von Großveranstaltungen zurückgehalten. So fand auch am gestrigen Samstag das Bundesligaspiel zwischen Mönchengladbach und Dortmund im stark von Sars-CoV-2 betroffenen Gebiet in NRW wie geplant statt.
Nach der Einschätzung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wird es in Zukunft aber zu vermehrten Absagen kommen können. „Sicherheit geht vor. Daher werden noch mehr Großveranstaltungen abgesagt werden müssen“, so der CDU-Politiker. Dies hätte insbesondere für kleinere Betriebe, Handwerker oder Dienstleister große wirtschaftliche Folgen, die von der Bundesregierung abgefangen werden müssten.
Coronavirus: Jens Spahn spricht sich für größere Seuchenbehörde aus
Update vom 8. März: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) fordert eine europäische Einrichtung nach dem Vorbild des deutschen Robert-Koch-Instituts. „Die europäische Seuchenbehörde ECDC ist viel zu klein, um Epidemien wie diese vernünftig begleiten zu können", sagte Spahn der Bild am Sonntag. Das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten müsse „einen größeren Etat und mehr Handlungsmöglichkeiten bekommen“.
Für Deutschland will Spahn überdies eine Meldepflicht für alle Corona-Tests einführen. Bislang gelte diese nur für Tests, bei denen das Coronavirus nachgewiesen wird, erläuterte der Minister. Künftig sollten aber auch negative Testergebnisse gemeldet werden, um die Lage besser einschätzen zu können. Der Umgang mit den Folgen des neuartigen Coronavirus für die Wirtschaft ist Thema eines Krisengipfels im Kanzleramt.
Coronavirus: Kampf um Schutzkleidung - Spahn gerät wegen Exportstopp unter Druck
Update vom 7. März, 12.47 Uhr: Europas Grenzen sollen offen bleiben - und das trotz des rasanten Anstiegs der Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus, Sars-CoV-2. Davon gibt sich Gesundheitsminister Jens Spahn weiterhin überzeugt. Dennoch hat der CDU-Politiker die Bundesbürger dazu aufgerufen, von nicht notwendigen Reisen in stark betroffene Gebiete abzusehen. Darunter falle neben Regionen in Italien, wie etwa Südtirol, auch Nordrhein-Westfalen. Das Bundesland ist in Deutschland bisher - gemessen an der absoluten Zahl der Infektionsfälle - am stärksten betroffen.
Auf Deutschlands Einstufung Südtirols als Risikogebiet hat die Region mit Unverständnis reagiert. Nach Angaben einer Sprecherin des Landeshauptmanns Arno Kompatscher hat Südtirol bisher nur zwei Infektionsfälle registriert. Unterdessen hat auch der Vatikan einen ersten Coronavirus-Fall vermeldet.
EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides sagte, in den kommenden Wochen sei in den EU-Staaten mit einem raschen Anstieg der Fallzahlen zu rechnen. Dies werde zum Test für die Gesundheitssysteme in der EU. Sie appellierte an die Bürger, Hygienemaßnahmen einzuhalten.
Spahn geriet bei dem Treffen der EU-Gesundheitsminister erheblich unter Druck, weil er am Mittwoch deutsche Exportbeschränkungen für Schutzkleidung bekannt gegeben hatte. EU-Krisenkommissar Janez Lenarcic sagte, Exportbeschränkungen seien zwar im Binnenmarkt in Ausnahmefällen möglich. Es wäre aber uneuropäisch, den eigenen Markt zu schließen. In der EU sei Solidarität gefordert. Spahn konterte, bisher klappe die Verteilung nicht: Die Schutzkleidung komme aktuell nur dahin, wo die höchsten Preise gezahlt würden. Exporte aus Deutschland seien nicht verboten, müssten aber einzeln genehmigt werden.
Er habe die EU-Kommission aufgefordert, ein Exportverbot für Drittstaaten in Kraft zu setzen, sagte Spahn. „Wir können nationale Maßnahmen herunterfahren, wenn es eine Maßnahme der Europäischen Union gibt.“
Coronavirus: Gesundheitsminister Spahn hält Reisebeschränkungen für übertrieben
Update vom 6. März, 11.24 Uhr: Innerhalb weniger Tage ist die Zahl der Infektionen mit dem neuen Coronavirus, Sars-CoV-2, in Deutschland auf mehr als 500 geklettert. EU-weit auf 4200. Dennoch hält Gesundheitsminister Jens Spahn die Reisebeschränkungen innerhalb der EU für übertrieben. „Ich fände jede Maßnahme, die zur Einschränkung des Reiseverkehrs über die Grenze führt, angesichts dessen, was wir über das Virus Stand heute wissen, weiterhin nicht für angemessen“, sagte der CDU-Politiker am Freitag vor einem EU-Sondertreffen in Brüssel. „Und wenn wir da einen Konsens hätten heute, fände ich das ein wichtiges Signal.“
Die Gesundheitsminister der 27 EU-Staaten trafen sich bereits zum zweiten Mal innerhalb von drei Wochen, um ihre Maßnahmen gegen die neue Krankheit Covid-19 abzustimmen. Die Lage habe sich seither dynamisch verändert, sagte Spahn. Damals sei es darum gegangen, die in China ausgebrochene Epidemie aus der EU fernzuhalten. Das sei auch einige Zeit gelungen. Nun sei die Krankheitswelle in Europa angekommen. „Jetzt geht es gemeinsam darum, das gemeinsam einzudämmen“, sagte Spahn.
Doch innerhalb der einzelnen EU-Länder ist der Umgang mit der neuen Krankheit durchaus unterschiedlich. Italien hat alle Bildungseinrichtungen geschlossen. In Deutschland wird eine solche Maßnahme weitgehend abgelehnt.
Die EU selbst hat in der Gesundheitspolitik kaum Kompetenzen, das ist Sache der Mitgliedsstaaten.
Spahns Regierungserklärung zum Coronavirus: „Der Höhepunkt ist noch nicht erreicht“
Update vom 4. März, 13.55 Uhr: Amira Mohamed Ali, Fraktionsvorsitzende der Linken, sagt am Rednerpult: "Panik ist vollkommen unangebracht." Aber: Man hätte aus ihrer Sicht sich früher bevorraten müssen - denn jetzt gäbe es bereits Engpässe in der Gesundheitsversorgung. Ihre zentralen Forderungen: Das Gesundheitswesen gehöre in die öffentliche Hand, die Politik müsse konkrete Hilfsmittel für Beschäftigte anbieten.
Update 13.53 Uhr: Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Georg Nüßlein, weist auf die besondere Rolle der Medien hin - man dürfe die Menschen nicht verunsichern. Er spricht auch Jens Spahn direkt an: "Wir müssen den Gesundheitsämtern mehr Verantwortung geben und über Hygieneschleusen in Krankenhäusern nachdenken." Was ihn umtreibe sei die Frage, woher die Grundstoffe der Medikamente kämen - Kostenvorteile durch Auslagerung der Produktion gingen in anderen Ländern auch zulasten der Umwelt. Die Corona-Krise weise auf derartige Defizite hin, die jetzt anzugehen seien.
Regierungserklärung zu Corona: Christian Lindner (FDP) fordert Krisenstab für Wirtschaft
Update 13.48 Uhr: Die nächste Rednerin ist Bärbel Bas, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD. Es gibt Pandemiepläne - man dürfe den Menschen, die sich Mühe geben, das Coronavirus einzudämmen, nicht fahrlässige Körperverletzung vorwerfen. „Wichtig ist jetzt, dass wir das medizinische Personal schützen, dazu haben wir den Ausfuhrstopp für Schutzkleidung. Ich kann nur alle auffordern, dass wir ruhig bleiben und mit Forschern zusammen gezielt handeln. Wir haben nicht alle Baustellen gelöst“, sagt sie und - anders als Jens Spahn - sieht sie auch Schwächen im Föderalismus. „Alles, was wir bis jetzt wissen, haben wir gut umgesetzt. Ich finde, wir sind gut aufgestellt.“
Danach tritt Christian Lindner, Fraktionsvorsitzender der FDP ans Rednerpult. „Wir gelten bisweilen selbst als ein Risikoland. Das zeigt, wie schnell sich die Lage verändert.“ Er sagt aber auch: „Wir begrüßen, mit welcher Klarheit, Besonnenheit und Transparenz die Bundesregierung mit dieser Verunsicherung umgeht.“ Das Parlament müsse zusammenarbeiten, jenseits von kleinparteilichen Auseinandersetzungen, das medizinische Personal brauche keine Störfeuer. Christian Lindner weist auf die Risiken in wirtschaftlicher Hinsicht hin und fordert, dass es einen Krisenstab der Wirtschaftsminister geben müsse. „Als Exportnation sind wir in besonderer Weise verwundbar. Wir erwarten ein Maßnahmenpaket, das auch fiskalische Entlastungen wie Sonderabschreibungen enthält“. Außerdem fordert er, dass die Möglichkeiten der Kurzarbeit wieder flexibilisiert werden.
Regierungserklärung zu Corona: Gesundheitsminister Jens Spahn spricht im Bundestag
Update 13.37 Uhr: Im Anschluss zur Regierungserklärung sprechen Vertreter der anwesenden Parteien. Den Anfang macht Alice Weidel (AfD). Sie wirft der Regierung vor, durch Kompetenzwirrwarr und verspätetes Ergreifen von Maßnahmen das Leben der Bürger auf das Spiel zu setzen. Sie fordert, die Behandlungskapazitäten zu erweitern, Schutzmaßnahmen für gefährdete Bevölkerungsgruppen und systematische Einreisekontrollen an den Grenzen. Dafür erhält sie Applaus aus ihrer Fraktion - aber sehr viele Protestrufe aus anderen Fraktionen. "Ich sehe keine Strategie, wachen Sie auf", sagt sie zum Abschluss ihrer Redezeit.
Erstmeldung vom 4. März 2020:
Berlin - Angela Merkel ist neben Horst Seehofer auf der Regierungsbank gesessen: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat sich am Mittwochnachmittag zu aktuellen Entwicklungen zum Coronavirus in Deutschland* geäußert. Experten erwarteten, dass er auch dazu Stellung nimmt, was auf die Wirtschaft zukommt.
„Wir arbeiten jeden Tag daran, die Situation gemeinsam gut zu bewältigen“, sagte Spahn zu Anfang seiner Regierungserklärung zum Coronavirus*. Die betroffenen Akteure stünden unter großem Druck - dennoch könne sich Deutschland auf Experten stützen, die zu den besten der Welt zählen. Er räumt ein, dass nicht alles optimal laufe, was etwa die Tests angehe.
Schon jetzt komme es zu Einschränkungen des Alltags. Dabei gelte immer der Grundsatz, die Sicherheit der Bevölkerung gehe vor - auch vor wirtschaftlichen Interessen, so der Gesundheitsminister.
Jens Spahn zum Coronavirus in Deutschland: So kann eine mögliche nächste Stufe aussehen
„Ich will auch offen sagen, wie eine mögliche nächste Stufe aussehen kann“, sagte Spahn dann weiter. Der Fokus in Bezug auf das Coronavirus* werde auf Menschen liegen, die schwerer erkrankt sind. Die große Mehrheit der Menschen werde dann gebeten, sich zu Hause auszukurieren. „Das wird zu Stress im System führen“, so Spahn weiter, „man kann noch nicht sagen, wann der Punkt kommt, aber mir ist wichtig zu sagen, was kommen kann.“
„Es wird in den betroffenen Regionen zu Einschränkungen im Alltag kommen“, so Spahn. So könnten weitere Kitas geschlossen und Großveranstaltungen abgesagt werden.
Coronavirus in Deutschland: Jens Spahn - „Als Gesellschaft ist die Lage eine große Herausforderung“
„Die Angst kann eine größere Gefahr sein als die Erkrankung. Die Bilder aus China sind beunruhigend. Angst und Sorge sind eine zutiefst menschliche Reaktion. Ja, wir haben wenig Erfahrung mit dem Virus - aber als Gesellschaft haben wir Erfahrungen mit Gefahren“, führt Spahn weiter aus.
„Mein Ziel ist, die Bürger zu bestärken, nicht zu beunruhigen. Bestrafen Sie die, die Angst und Falschmeldung verbreiten, mit Nichtbeachtung.“ Spahn forderte die Bürger dazu auf, einen kühlen Kopf zu bewahren.
„Es ist eine der größten Stärken der Demokratie, zusammenzuarbeiten“, so Spahn weiter. „Die Bundesregierung und die Länder ergreifen alle Maßnahmen, die sinnvoll sind.“ In Zeiten wie diesen könne der föderale Staat seine Stärken zeigen - weil die Behörden vor Ort entscheiden könnten.
Jens Spahn zu Sars-CoV-19 in Deutschland: „Jeder Bürger kann seinen Beitrag leisten“
„Es gibt auch gute Nachrichten“, so Spahn weiter und in Anbetracht der Chronologie des Virus*: Die Zahl der registrierten genesenen Patienten sei weltweit höher als die Zahl der neu Infizierten in den vergangenen zwei Wochen.
kat/nai
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