Erdbeben-Katastrophe in der Türkei und Syrien: Was die Rettung vor Ort erschwert
Nach den heftigen Erdbeben in der Türkei und Syrien geht es für viele ums Überleben. Hilfe wird dringend benötigt – besonders im Grenzgebiet.
Ankara/Damaskus – Zwei Tage nach den verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien suchen die Menschen in den betroffenen Gebieten immer noch fieberhaft in den Trümmern nach Überlebenden; teils mit bloßen Händen. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) könnten bis zu 23 Millionen Menschen betroffen sein. Bislang melden die Behörden vor Ort mindestens 11.000 Todesopfer und rund 37.000 Verletzte.
Internationale Hilfskräfte aus 36 Länder – auch aus Deutschland – sind unterwegs in die Krisenregion oder bereits vor Ort. Doch im türkisch-syrischen Grenzgebiet, insbesondere auf der syrischen Seite, gestaltet sich die Bergung nach der Katastrophe problematisch. Denn: Die so dringend benötigten humanitären Hilfsgüter kommen nur schleppend in der Region an.
Erdbeben-Katastrophe in der Türkei und Syrien: Erst heftige Nachbeben, dann eisige Kälte
Problematisch für die Rettung ist das extreme Wetter vor Ort. Während die ersten Bergungsaktionen liefen und Hilfskräfte nach verschütteten Menschen suchten, bebte die Erde nochmals heftig in der Grenzregion. Die Katastrophenschutzbehörde Afad zählt mehr als 250 Nachbeben mit der Stärke zwischen 2 und 5,3 – ab Stärke 5 auf der Skala bis 10 kann es zu Gebäudeschäden kommen. Spätestens mit der Nacht fielen dann die Temperaturen gefährlich.
Eisige Temperaturen und teils Schneefälle erschweren die Bergung, die für die Rettungskräfte in der syrisch-türkischen Grenzregion ohnehin schon ein Kampf gegen die Zeit ist, berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa). „Aktuell sind es minus vier bis minus fünf Grad“, sagte Henri Paletta, Vizepräsident des Bundesverbands Rettungshunde, der dpa. Verschüttete drohten zu erfrieren. Die Hoffnungen, noch Überlebende zu finden, schwinde mit zunehmender Zeit. „Wir hoffen natürlich immer auf Wunder“, so Paletta.
Erschwerte Bergung nach Erdbeben: Der einzige Landweg zwischen Syrien und Türkei stark beschädigt
Neben den extremen Wetterbedingungen erschwert auch die politische Lage die Hilfe vor Ort. So ist mit Bab al-Hawa der letzte geöffnete von einst vier Grenzübergängen durch die Beben stark beschädigt, wie die dpa schreibt. Der Übergang gilt als Lebensader für die Menschen im Nordwesten des Landes und als einziger Weg, über den Hilfen auch in die Teile Syriens gelangen können, die nicht von der Regierung kontrolliert werden.

Hilfsgüter, die über die Hauptstadt Damaskus ins Land kommen, werden von der Regierung von Präsident Baschar al-Assad verteilt; mitunter bewusst ungleich, wie es bei der dpa heißt. Denn: Der Norden des Bürgerkriegslandes wird größtenteils von den Rebellen kontrolliert. Aus demselben Grund ließ die syrische Regierung um Baschar al-Assad gemeinsam mit dem verbündeten Russland sukzessiv die bestehenden Grenzen schließen, um die von den Rebellen kontrollierten Regionen vom UN-Hilfsmechanismus größtenteils abzuschneiden.
Auch die politische Lage bremst die Rettung nach den Erdbeben in der Türkei und Syrien aus
Der Westen reagierte 2011 mit wirtschaftlichen Sanktionen auf die von der Regierung teils brutal niedergeschlagenen Demonstrationen. 2022 wurden die Sanktionen bis Sommer 2023 verlängert. Die Hilfsorganisation Roter Halbmond rief nach den katastrophalen Erdbeben dazu auf, die Sanktionen gegen das syrische Regime aufzuheben. Dem Land fehle dadurch auch wichtige Geräte, die zur Rettung benötigt würden und es brauche jetzt dringend Hilfe, sagte ein Sprecher der Organisation der Tagesschau.
Erdbeben in der Türkei und Syrien: Spenden
Hilfe wird nach der Katastrophe in der Türkei und Syrien dringend benötigt: Das können Sie tun.
Angesichts der verheerenden Lage werden international Forderungen laut, die Grenzen ungeachtet der politischen Differenzen zu öffnen, um den Menschen vor Ort zu helfen. „Dies ist eine Gelegenheit, die Politik beiseite zu lassen und sich auf das zu konzentrieren, was dringend benötigt wird“, sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric laut Tagesschau. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grünen) nahm alle internationale Akteure – auch Russland – in die Hilfspflicht.
Denn auch für die Überlebenden werde dringend Hilfe benötigt. So berichtet ntv von Stromausfällen in vielen Orten der Grenzregion. An den Tankstellen gebe es kein Benzin mehr; in vielen Supermärkten fehlten wichtige Lebensmittel. (Romina Kunze)