Doppelmoral? Klimakleber schwänzen Gerichtsprozess – für Urlaubsflug nach Bali
Am Montag (30. Januar) fehlten bei dem Strafprozess um die Blockade der B10 durch Klimaaktivisten zwei Angeklagte. Der Grund: Ein Urlaub in Thailand und Bali.
Update vom 2. Februar, 22.15 Uhr: Die beiden Klimaschützer, die wegen eines Flugs nach Bali in der Kritik stehen, haben Fehler zugegeben. „Nachdem uns dieser Flug noch immer beschäftigt und wir auch wieder zurück nach Deutschland kommen müssen, machen wir uns ständig Gedanken, wie es besser geht“, schrieben sie in einem Beitrag für die taz (online). Dabei sei ihnen ein eklatanter Fehler aufgefallen: Statt von Deutschland aus nach Südostasien zu fliegen, hätten sie Zug, Bus und Flugzeug kombinieren müssen.
„Mit Zug und Bus wäre nicht in München Schluss gewesen, wir hätten in den Iran gekonnt und erst dort in ein Flugzeug steigen können.“ Leider sei das durch die momentanen Proteste im Iran und deren brutale Niederschlagung und Unterdrückung für die Rückreise nun absolut nicht möglich. „Aber es ist problemlos möglich, aus der Türkei ohne Flugzeug nach Deutschland zu kommen.“ Der Flug in die Türkei werde „der letzte unseres Lebens“.
Ausgelöst hatte die Debatte ein Bericht der Bild, wonach zwei Klima-Aktivisten in Stuttgart vor Gericht hätten erscheinen sollen. Ihnen werde vorgeworfen, sich im Herbst mit anderen Aktivisten auf einer Bundesstraße festgeklebt zu haben. Dem Bericht nach wurde der Mann deshalb angeklagt. Die Frau hätte als Zeugin aussagen sollen.
Klimaaktivisten wegen Bali-Flug am Pranger – Letzte Generation reagiert
Update vom 2. Februar, 12.15 Uhr: Nach der Doppelmoral-Debatte um die in Bali urlaubenden Klimaaktivisten der „Letzten Generation“, äußerte sich die Vereinigung nochmals auf Twitter zu den Vorwürfen. Sie schreiben: „Doppelmoral und Klimakollaps – unser Statement: Natürlich können wir nachvollziehen, dass negative Gefühle ausgelöst werden – gerade bei ökologisch bewusst lebenden Menschen –, wenn Protestierende der Letzten Generation in ein Flugzeug steigen.“ Die Aktivisten sehen sich als Opfer einer Fehlersuche bei ihnen: „Vielen von uns geht es so. Gleichzeitig stehen wir jetzt wieder da. Es wurde ein Haar in der Suppe gefunden. Wie erwartbar.“
Laut der „Letzten Generation“ sei einer der beiden in Kritik stehenden Aktivist nicht unentschuldigt dem Gericht ferngeblieben, wie berichtet wurde. „Was geschah: Ein Mensch, der gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen demonstrierte, sollte am Dienstag in Stuttgart vor Gericht stehen. Mit dem Gericht abgesprochen, blieb er fern. Er befindet sich aktuell in Thailand, um dort mit seiner Freundin viele Monate zu bleiben.“
Letzte Generation: Klimaaktivisten äußern sich zur Doppelmoral-Debatte und schießen gegen Politik
Die Aktivisten kritisieren die Bild-Zeitung für ihre Berichterstattung zu dem Vorfall und werfen ihr Empörung vor: „‚Klima-Kleber fliegen nach Bali‘. War ihnen das Wort ‚Thailand‘ zu lang? Klang ‚Bali‘ empörender?“ Sie erklären, dass aus ihrer Sich das individuelle Verhalten in der Klimakrise nicht unwichtig sei. Besonders in Deutschland, wo ein großer Teil der Menschen zu den reichsten Prozenten der Welt gehören und somit auch „am meisten zur Klimakrise beigetragen haben und beitragen“. Allerdings müsse die Politik Veränderung beschließen, die über das individuelle Verhalten hinausgehen.
Die Aktivisten betonen, dass nicht nur Menschen für den Klimaschutz protestieren dürfen, die auch selbst größtenteils klimaneutral leben: „Sich politisch gegen den Klimakollaps zu engagieren, geht oft damit einher, das eigene Leben umzustellen. Es ist jedoch keine Voraussetzung, dies zu tun. Insbesondere beeinflusst es auch nicht, wie richtig oder falsch Forderungen an die Bundesregierung sind. Aber falls irgendein Zweifel bestand, ob Menschen, die Fleisch essen, Auto fahren oder Langstreckenflüge machen, mit uns gegen den Verfassungsbruch der Regierung auf die Straße gehen können, dann möchten wir den hiermit ausräumen: Ja!“
Zum Vorwurf der Doppelmoral hat die „Letzte Generation“ eine auch eine Antwort und rügt eben diese Doppelmoral bei vielen Politikern. „Ist es keine Doppelmoral, ‚Klimakanzler‘ zu sein und Lützerath abzubaggern? Ist es keine Doppelmoral, Klimaschutz wichtig zu finden, aber in Bayern keine Windkraftanlagen haben zu wollen?“, schreiben sie auf Twitter.
Doppelmoral? Klimakleber schwänzen Gerichtsprozess – für Urlaubsflug nach Bali
Erstmeldung vom 1. Februar 2023:
Bad Cannstatt – Die Mitglieder von „Letzte Generation“ machten in den vergangenen Monaten durch verschiedene Aktionen auf sich aufmerksam. Ihr Ziel war es, damit ein Bewusstsein für die Folgen des Klimawandels zu schaffen. Den meisten Bürgern – so zeigt es auch die Umfrage von Merkur.de – entzog sich jedoch die gedankliche Brücke zwischen dem Beschmieren von Kunst oder dem Blockieren von Straßen einerseits und dem „friedlichen“ Aktionismus andererseits.
Klimaaktivisten vor Gericht: Strafverfahren wegen Nötigung – Angeklagte bleiben Verhandlung fern
Insofern sind viele Bürger geteilter Meinung über die weltweit agierende Gruppierung. Insbesondere in Anbetracht der aktuellen Wirtschaftslage, die viele Menschen finanziell stark belastet, wächst der Unmut über die bezahlten Aktivisten. Beispielsweise im September 2022 wurde von den Umweltschützern die Bundesstraße 10 blockiert, sodass der Stuttgarter Berufsverkehr stark gestört wurde.
Ein Strafverfahren wegen Nötigung wurde eingeleitet. Der Grund: Obwohl die Aktivisten friedlich demonstrierten, ist das Blockieren von Straßen dem BGH zufolge nicht als gewaltfrei einzustufen. Nach der sogenannten Zweite-Reihe-Rechtsprechung werden nämlich zumindest die nachfolgenden Autos durch physischen Zwang am Weiterfahren gehindert. Am Montag (30. Januar) sollte es zur Verhandlung vor dem Amtsgericht Bad Cannstatt kommen. Wie Bild berichtet, seien zwei der angeklagten Aktivisten der Sitzung allerdings ferngeblieben.
Klimaschützer bleiben Strafprozess fern: Urlaub in Thailand und Bali mit heftiger CO₂-Bilanz
Der Grund, weshalb die 22-Jährige und ihr zwei Jahre älterer Freund nicht vor Gericht erschienen, dürfte sich gleich zweimal zuungunsten der beiden auswirken. Auf richterliche Nachfrage stellte sich nämlich heraus, dass die beiden Personen Urlaub machten. Da dies freilich kein Grund ist, einer strafrechtlichen Verhandlung fernzubleiben, kann das Konsequenzen für die beiden Angeklagten haben.

Doch auch das Urlaubsziel der Angeklagten sorgt für Irritation: So flogen beide nach Thailand und von dort aus weiter nach Bali. Der CO₂-Verbrauch, durch die 23.000 Kilometer lange Flug-Reise (Hin und zurück), liegt laut Bild-Informationen für beide Aktivisten bei circa 7,9 Tonnen – Hin- und Rückflug verbrauchen rund 140.000 Liter Kerosin. Das Wort Doppelmoral kommt dem Betrachter dabei wohl schnell in den Sinn – nicht so aber der Gruppierung selbst, deren Sprecher Bild gegenüber betonte: „Sie haben den Flug als Privatleute gebucht, nicht als Klimaschützer. Das muss man auseinanderhalten.“ Dem Gericht wird es hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Motive der Angeklagten vermutlich aber zu denken geben. Schon des Längeren sehen sich die Mitglieder von „Letzte Generation“ dem Vorwurf ausgesetzt, unter dem Deckmantel des Klimaschutzes agierend lediglich Ärger machen zu wollen.