Mysteriöser Hepatitisvirus breitet sich plötzlich rasant bei Kindern aus - und das in mehreren Ländern
Nach schweren Hepatitis-Infektionen bei kleinen Kindern sind Mediziner alarmiert. Mehrere Länder melden ungewöhnlich viele Fälle. Die Ursache ist noch unbekannt.
Update vom 21. April, 9.24 Uhr: Ungewöhnliche Hepatitis-Erkrankungen bei Kindern beschäftigen Gesundheitsbehörden in europäischen Ländern (siehe Erstmeldung). Entzündungen der Leber bis hin zum Leberversagen mit unbekannter Ursache sind bei Kindern in Dänemark, Irland, den Niederlanden und Spanien sowie in Großbritannien festgestellt worden, berichtet die europäische Gesundheitsbehörde ECDC. Außerdem gebe es neun Verdachtsfälle akuter Hepatitis im US-Bundesstaat Alabama.
Die genaue Ursache nach dem Auslöser der Hepatitis der Kinder ist derzeit noch unbekannt, teilte die ECDC mit. „In allen Ländern mit gemeldeten Fällen laufen Ermittlungen“, so die ECDC.
Hepatitis-Fälle bei Kindern geben weiter Rätsel auf – RKI fordert erhöhte Aufmerksamkeit
Wie ist die Lage in Deutschland? Bisher seien dem Robert-Koch-Institut (RKI) keine Fälle bekannt geworden, teilte eine RKI-Sprecherin auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mit. Das RKI habe mehrere medizinische Fachgesellschaften und die Länder informiert und um erhöhte Aufmerksamkeit und Information im Fall des Auftretens von ähnlichen Fällen in Deutschland gebeten.
„Wir haben nach den Berichten aus Großbritannien die Kinder-hepatologischen Zentren in Deutschland abgefragt: Es gibt aber bisher keinerlei besorgniserregenden Signale für eine ungewöhnliche Häufung. In den Zentren wären schwere Fälle aufgefallen, wenn zum Beispiel eine Lebertransplantation nötig wird“, erklärt der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), Burkhard Rodeck.
„Grundsätzlich ist eine schwere Hepatitis bei Kindern eher selten. Auch dass keine klare Ursache gefunden werden kann, ist gut bekannt“, sagte Rodeck. „In der Regel vermuten wir eine bislang unbekannte Virusinfektion. Es kommen mehrere Arten von Viren infrage, nicht nur die Hepatitisviren A bis E. Die bekannten Viruserkrankungen kann man natürlich diagnostizieren, bisher nicht bekannte bleiben unklar.“ Ob es sich bei den berichteten Fällen tatsächlich um eine Häufung verglichen mit dem üblichen Geschehen handle, sei angesichts geringer Fallzahlen noch nicht ganz klar, sagte Rodeck.
Ungeklärte Hepatitis-Infektionen bei kleinen Kindern
Die bekannten Erreger von Hepatitis A, B, C, D und E wurden bei den Betroffenen laut ECDC nicht nachgewiesen. Auch sei kein Zusammenhang der Hepatitis-Fälle mit einer Coronaimpfung gefunden worden. Ebenso konnten gemeinsame Muster wie Reisen, Lebensmittel, Getränke und persönliche Gewohnheiten der Betroffenen nicht festgestellt werden. Diese Faktoren wurden in einem Fragebogen abgefragt worden. Toxikologische Untersuchungen seien im Gange. Britische Gesundheitsbehörden halten eine Infektion für die wahrscheinlichste Ursache. Ob eine Adenovirus- oder Coronavirus-Infektion dahinter stehen könnte, ist zunächst noch völlig unklar.
Die schottische Gesundheitsbehörde hat in Eurosurveillance Details von Hepatitis-Fällen veröffentlicht. Von diesen 13 in Schottland gemeldeten Fällen lagen bei elf Ergebnisse von Adenovirus-Tests vor – von denen fünf positiv gewesen seien. Drei der Kinder wurden demnach zudem positiv auf Corona getestet und fünf negativ. Bei zwei Betroffenen sei drei Monate zuvor eine Infektion dokumentiert worden. Die Frage nach dem Auslöser bleibt nach dieser Fallanalyse weiter offen. Andere infektiöse Ursachen werden noch untersucht. Ein neuartiges oder noch unentdecktes Virus könne derzeit nicht ausgeschlossen werden. „Bemerkenswert ist, dass keines der Kinder gegen Sars-CoV-2 geimpft wurde“, heißt es in dem Bericht.
Adenoviren – können Erkrankungen von Atemwegen, Augeninfektionen sowie Magen-Darm auslösen. Die Viren sind hoch ansteckend und widerstandsfähig. Die Erreger verbreiten sich meist von Hand zu Hand. Sie können auf Oberflächen, wie Türgriffen oder Handtüchern unter Umständen über einige Wochen ansteckend bleiben, wie auf der Webseite Infektionsschutz.de zu lesen ist. Regelmäßiges Händewaschen ist deswegen dringend als Vorsichtsmaßnahme empfohlen.
Zusammenhang mit Corona? Mysteriöser Hepatitisvirus breitet sich plötzlich rasant bei Kindern aus
Erstmeldung vom 18. April 2022
Genf – Zwei Jahre seit dem Beginn der Corona-Pandemie wirft das Virus immer noch neue Fragen auf. Zwar hat sich die Omikron-Variante als weniger gefährlich als bisherige Varianten erwiesen, abgewandt ist die Gefahr jedoch lange noch nicht. Aktuelle Entwicklungen im Vereinigten Königreich haben nun unterstrichen, dass im Corona-Zeitalter jedoch auch andere Krankheiten eine ernsthafte Bedrohung darstellen. Denn dort soll es zu einem unerwarteten Anstieg der Lebererkrankung Hepatitis gekommen sein, der möglicherweise im Zusammenhang mit dem Coronavirus stehen könnte.
Hepatitis-Erkrankungen bei Kindern: Schwere Verläufe, aber keine Todesfälle
Wie die World Health Organization (WHO) bekannt gab, soll es seit Anfang April zu einer Vielzahl an Hepatitis-Fällen im Vereinigten Königreich gekommen sein, von denen Kinder im Alter zwischen elf Monaten und zehn Jahren betroffen sind. Nachdem anfänglich nur zehn neue Erkrankungen gemeldet wurden, soll die Zahl in der vergangenen Woche auf 74 gestiegen sein. Seitdem sollen auch in Irland und Spanien erste Fälle aufgetaucht sein.
Dabei geben die Erkrankungen bislang Rätsel auf, denn die Hepatitisviren A, B, C, E und D seien nach Laboruntersuchungen ausgeschlossen worden, so die WHO. In mehreren Fällen seien bei den kleinen Patienten eine Corona-Infektion oder Adenoviren oder beides nachgewiesen worden. Ob dies der Auslöser sei, sei aber bislang unklar.
Die Krankheit soll sich laut der WHO vor allem durch Symptome wie Gelbsucht, Durchfall, Erbrechen, Bauchschmerzen sowie erhöhter Leberenzyme zeigen. Zwar sollen bislang keine Todesfälle verzeichnet worden sein, dennoch mussten sich bereits sechs Kinder einer Lebertransplantation unterziehen.
Hepatitis-Erkrankungen bei Kindern: Zusammenhang mit Corona nicht ausgeschlossen
Wie die WHO weiter berichtet, soll bei einigen Fällen eine Ansteckung mit dem Coronavirus sowie Adenoviren, die unter anderem Magen-Darm-Beschwerden auslösen, nachgewiesen worden sein. Ob dabei ein Zusammenhang mit der Hepatitis-Erkrankung besteht, soll derzeit noch unklar sein und wird weiter erforscht.

Hepatitis-Erkrankungen bei Kindern: WHO warnt vor weiteren Fällen
Da die Ursache der neuen Hepatitis-Fälle bisher nicht identifiziert werden konnte, soll es laut der WHO in nächster Zeit höchstwahrscheinlich zu weiteren Neuerkrankungen kommen. Sämtliche Mitgliedsländer der Vereinten Nationen sollen mögliche Fälle deshalb dringend melden und untersuchen. Reisen ins und Handel mit dem Vereinigten Königreich und anderen Ländern mit nachgewiesenen Fällen sollen nach wie vor aber unbedenklich sein.
Hepatitis-Erkrankungen bei Kindern: Viele Fälle bleiben ungemeldet
Laut Angaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wird Hepatitis leider häufig unterschätzt und bleibt in vielen Fällen umgemeldet. Da es fünf verschiedene Typen der Krankheit gibt - mit den Buchstaben A bis E gekennzeichnet - fallen Erkrankungen unterschiedlich schwer aus. Während der Typ A, der durch verunreinigtes Wasser übertragen werden kann, oft einen relativ harmlosen Verlauf hat, können die Typen B, C und D ernste, langfristige Folgen wie Leberkrebs haben.
Das Problem soll aber vor allem darin liegen, dass viele Betroffene gar nichts von der Erkrankung mitbekommen. Bei geschätzt 290 Millionen Menschen weltweit soll derzeit eine chronische Hepatitis bestehen – ohne, dass diese je diagnostiziert wird. Diese Vorstellung ist erschreckend, weshalb man nur hoffen kann, dass sich die Situation im Vereinigten Königreich und den anderen betroffenen Ländern nicht noch weiter ausbreitet. (le)
Wissenschaftler erforschen derzeit weiter auch einen möglichen Zusammenhang zwischen der Corona-Impfung und Herzmuskelentzündungen.