Hundertjähriger Kalender – Weiß er wirklich das Wetter im Voraus?

Hundertjähriger Kalender: Wissenswertes zu Entstehung, Geschichte und Aufbau des „Calendarium oeconomicum perpetuum“, wie der Kalender aus dem Mittelalter für die Vorhersage des Wetters ursprünglich heißt.
- Die Bezeichnung Hundertjähriger Kalender entstand im Zuge seiner ersten Veröffentlichung im Jahr 1700; sie lässt fälschlicherweise vermuten, es würde sich um einen Kalender mit 100-jähriger Wettervorhersage handeln.
- Der ursprüngliche Titel des Hundertjährigen Kalenders lautet „Calendarium oeconomicum perpetuum“, in der deutschen Übersetzung „Immerwährender praktischer Wirtschaftskalender“.
- Grundlage des Hundertjährigen Kalenders bildet die Astrologie: Er basiert auf der Annahme von Planetenjahren, die sich in einem siebenjährigen Zyklus wiederholen.
Bamberg – Das Kirchdorf Klosterlangheim verdankt seinen Namen einer Zisterzienser-Abtei, die hier von 1132/33 bis 1803 bestand. Im 17. Jahrhundert lebte und wirkte in diesem Kloster der Verfasser des Hundertjährigen Kalenders, Mauritius Knauer. Er war von 1649 bis 1664 der Abt dieser Klosteranlage und hatte das Ziel, den Bauern und Mönchen in Franken mit einem Kalender eine Wettervorhersage zu ermöglichen. Damit wollte er der Landwirtschaft zu einem Aufschwung verhelfen, die nach der Beendigung des Dreißigjährigen Krieges 1648 schwer angeschlagen war.
Steckbrief Mauritius Knauer
- Mauritius Knauer wurde 1613 oder 1614 in Weismain geboren und verstarb am 9. November 1664 in Langheim.
- 1630 trat er ins Kloster ein, 1637 begann er sein Studium in Wien, 1640 wurde er im Wiener Stephansdom zum Priester geweiht.
- Als Abt setzte er sich für die Rechte des Klosters Langheim gegen den damaligen Bamberger Bischof ein. Dieser nahm ihn daraufhin 1652 für zwei Monate gefangen.
- 1653 ließ Knauer ein neues Gebetbuch für die Wallfahrer nach Vierzehnheiligen drucken.
- Seine präzisen Beobachtungen des Wetters in den Jahren 1652 bis 1658 bildeten das Fundament für den „Beständigen Hauskalender“, wie er sein Werk auf in deutscher Sprache nannte.
Hundertjähriger Kalender – ein Werk aus dem späten Mittelalter
Beim Hundertjährigen Kalender handelt es sich um einen pragmatischen Kalender zur Bestimmung des Wetters, den der Zisterzienser-Abt Mauritius Knauer im 17. Jahrhundert entwickelt hat. Er beruht auf der klassischen Astrologie sowie auf der These, dass die Himmelskörper das Wettergeschehen durch einen siebenjährigen Zyklus beeinflussen. Diese Theorie sorgte bereits unter den Astrologen des Mittelalters für Kontroversen; aus heutiger meteorologischer Sicht gelten Übereinstimmungen zwischen den Wettervorhersagen und dem tatsächlichen Wetter als Zufälle.
Hundertjähriger Kalender – ein Kalender mit irreführendem Titel
Bekanntheit erlangte der Hundertjährige Kalender durch seine Veröffentlichung im Jahr 1700. Sie erfolgte allerdings nicht durch seinen Verfasser Mauritius Knauer, sondern durch den deutschen Arzt Christoph von Hellwig. Dieser befasste sich mit medizinischen und astrologischen Schriften und brachte selbst rund 50 Werke heraus.
- 1700 überarbeitete Hellwig die von Knauer erstellte Planetentafel, die sich über einen Zeitraum von 312 Jahren erstreckte.
- Er verkürzte diesen auf die 100 Jahre von 1701 bis 1800 und entfernte zudem alle lateinischen Bezeichnungen.
- Dieser Kürzung fiel auch der Originaltitel „Calendarium oeconomicum perpetuum“ zum Opfer.
- Unter dem Namen Knauers kam der Kalender erstmals 1704 heraus.
- 1720 verlieh der Erfurter Verleger Weinmann dem Werk den Titel Hundertjähriger Kalender.
Dieser Titel führt bis heute zu der irrigen Annahme, der Kalender sage das Wetter für 100 Jahre voraus.
Hundertjähriger Kalender – die Verbindung aus Astrologie und Wetter
Mauritius Knauer entwickelte den Hundertjährigen Kalender als einen immerwährenden praktischen Wirtschaftskalender. Dieser ist auch als Bauernkalender bekannt, da er den Bauern Frankens eine Wettervorhersage ermöglichen sollte. Der Abt nahm an, dass sich Mond, Saturn, Jupiter, Mars, Sonne, Venus und Merkur von Frühlingsbeginn bis Winterende in einem regelmäßigen Turnus bewegten.
Angelehnt an die klassische Astrologie, ging er – in Zusammenhang mit den sieben Himmelskörpern – von einem siebenjährigen Zyklus aus. Ausgehend von der These, dass sich das Wetter in siebenjährigen Abständen wiederholen würde, beobachtete und dokumentierte er es sieben Jahre lang. Überlieferungen zufolge schuf er damit zwischen 1652 und 1658 die Grundlage für den Hundertjährigen Kalender.
Hundertjähriger Kalender – der Aufbau des Kalenders
Der Hundertjährige Kalender basiert auf einem siebenjährigen Zyklus von Himmelskörpern, die jeweils aufgrund ihrer Umlaufzeiten bestimmte Positionen innehaben. Die erste belegt Saturn, gefolgt von Jupiter, Mars, Sonne, Venus, Merkur und Mond. Mauritius Knauer nannte diese sieben Phasen Planetenjahre; für jedes existiert eine Beschreibung, die das Wetter in diesem Zeitraum charakterisiert. Daraus leitete er die – ursprünglich 312 Jahre umfassende – Planetentafel für Wettervorhersagen ab.
Ist keine Planetentafel zur Hand, funktioniert die Zuordnung eines Planetenjahrs zu einer Jahreszahl mithilfe einer Formel. Dafür zieht man von dieser zunächst den Wert Vier ab, um anschießend das Ergebnis durch die Zahl Sieben zu dividieren. Der daraus resultierende Rest entspricht der Position eines Himmelskörpers innerhalb des siebenjährigen Zyklus. Für das Jahr 2021 ergibt sich anhand dieser Berechnung die Regentschaft des Saturns.
Die Wettervorhersagen des Hundertjährigen Kalenders beziehen sich auf die jeweiligen Planetenjahre und gliedern sich des Weiteren:
- in das Wetter nach Monaten und Tagen
- in Vorhersagen für Jahreszeiten
- in die Themen Anbau, Unwetter, Ungeziefer, Fisch und Krankheit
Die Bauernregeln im Hundertjährigen Kalender
Eng mit dem Hundertjährigen Kalender verknüpft sind daher die Bauernregeln, die sich ebenfalls aus dem Beobachten des Wetters ableiten. Sie beziehen sich unter anderem auf günstige und ungünstige Zeiten zum Anbauen und Ernten und der Bekämpfung von Ungeziefer und Krankheiten. Sie werden oft in Zusammenhang mit den Lostagen betrachtet, die sich am Heiligenkalender des Kirchenjahres orientieren.
Hundertjähriger Kalender – die Wettervorhersage nach Planetenjahren
Die Bezeichnung Planetenjahr bezieht sich beim Hundertjährigen Kalender jeweils auf einen Zeitraum von März eines Jahres bis zum Februar des Folgejahres. Dabei wird jedem Planetenjahr ein typisches Wetter zugeordnet, woraus sich im Rahmen der Planetentafel die Möglichkeit einer Wettervorhersage ergibt.
- Saturnjahr: Das Wetter ist im Jahr des Saturns kalt und feucht, mit trockenen Perioden dazwischen. Vor allem im August und über den Herbst fallen große Regenmengen, sodass eine kalte Witterung vorherrscht.
- Jupiterjahr: Der lange, kalte Winter des vorangegangenen Saturnjahrs wirkt bis in den Frühling des Jahrs des Jupiters nach. Dieses zeichnet sich durch warmes, feuchtes Wetter und Fruchtbarkeit aus; dennoch gedeihen die Früchte manchmal drei Wochen später als in anderen Jahren.
- Marsjahr: Das Jahr des Mars ist von einem überwiegend trockenen Wetter geprägt.
- Sonnenjahr: Von Anfang bis Ende ist das Wetter im Jahr der Sonne mittelmäßig warm und mehr trocken als feucht.
- Venusjahr: Im Jahr der Venus herrscht insgesamt ein feuchtes, warmes und schwüles Wetter vor.
- Merkurjahr: Das Jahr des Merkurs ist durch ein trockenes, kaltes Wetter geprägt und selten fruchtbar.
- Mondjahr: Feucht und kalt ist das Wetter im Jahr des Mondes; auch der Sommer ist meistens kalt.
Hundertjähriger Kalender – Vorhersagen ohne Bezug zu Planetenjahren
Laut Mauritius Knauer gibt es zudem – unabhängig vom Planetenjahr laut Hundertjährigem Kalender – im Jahresverlauf sogenannte Unglückstage, denen er folgende negative Eigenschaften zuspricht:
- An diesen Tagen Geborenen drohen Unglück und Armut.
- Wer an den Unglückstagen erkrankt, erlangt selten seine Gesundheit wieder.
- Wer sich zu diesen Daten verlobt oder heiratet, dem drohen Armut und Elend.
- An diesen Tagen sollen keine Umzüge durchgeführt werden.
- Man soll weder reiten noch handeln oder Prozesse beginnen.
Diese Unglückstage verknüpft er mit folgenden Daten:
- Januar: der erste, dritte, vierte, sechste, elfte und zwölfte Tag
- Februar: der erste, 17. und 18. Tag
- März: der 14. und 16. Tag
- April: der zehnte, 17. und 18. Tag
- Mai: der siebente und achte Tag
- Juni: der 17. Tag
- Juli: der 17. und 21. Tag
- August: der 20. und 21. Tag
- September: der 10. und 18. Tag
- Oktober: der sechste Tag
- November: der sechste und zehnte Tag
- Dezember: der sechste, elfte und 15. Tag