Kambodscha: Geschichte, Politik, Bevölkerung und Geografie

Kambodscha ist ein faszinierendes Land, das weltweit für die berühmte Ruinenstadt Angkor Wat bekannt ist, die sogar auf der Landesflagge zu sehen ist. Das späte 20. Jahrhundert war vom Krieg und der Schreckensherrschaft der Khmer Rouge geprägt, heute steht der Staat unter dem Einfluss Chinas.
Phnom Penh – Beim Namen Kambodscha fallen den meisten Menschen nur zwei Dinge ein: die einzigartigen Ruinen von Angkor Wat, die im Mittelalter Zentrum einer der vermutlich größten Städte weltweit waren, und die doppelte Katastrophe des Indochinakriegs und der Khmer Rouge im 20. Jahrhundert. Heute bemüht sich das Land um Anschluss an die wirtschaftlich aufstrebenden Nachbarländer Thailand und Vietnam. Die Hauptstadt ist Phnom Penh.
Kambodscha: Die lange Geschichte des Staates
Erste Besiedlungsspuren im heutigen Kambodscha wurden auf das 4. Jahrtausend vor Christus datiert, als Menschen am Mekong sesshaft wurden. Wissenschaftlich belegt ist die Existenz des Königreiches Funan, das vom 1. Jahrhundert v. Chr. bis zum 3. Jahrhundert n. Chr. existierte und einen Schmelztiegel der indischen, chinesischen, malaiischen und javanischen Kulturen darstellte.
Mit der Machtergreifung von Jayavarman II. im Jahr 802 begann die Zeit des Khmer-Reiches von Kambuja oder Angkor. Aus dieser Epoche stammen viele der berühmten mittelalterlichen Ruinen um den Tonle Sap im Herzen des Landes. Der weltberühmte Tempel von Angkor Wat wurde im 12. Jahrhundert von König Suryavarman II. zu Ehren des hinduistischen Gottes Vishnu errichtet. Zu dieser Zeit dominierte Kambuja große Teile Südostasiens vom Indischen Ozean bis zum Südchinesischen Meer. Mit geschätzt einer Million Einwohnern war die Hauptstadt Angkor die größte Stadt der Welt.
Niedergang des Reiches und Kolonialismus
Als letzter großer Herrscher in der Geschichte von Kambuja gilt König Jayavarman VII., der im 13. Jahrhundert weitere berühmte Tempel wie Bayon und Ta Prohm errichten ließ. Mit dem Aufstieg von Phnom Penh als neues Handelszentrum am Mekong begann der wirtschaftliche Bedeutungsverlust von Angkor. Zugleich eroberten die Thai von Westen her große Teile des ehemaligen Riesenreiches. Ab dem 15. Jahrhundert ging die mittelalterliche Kultur der Khmer zu Ende und die Tempel von Angkor versanken im Dschungel.
In den folgenden Jahrhunderten schmolz das Staatsgebiet von Kambodscha immer weiter, als im Westen Siam und im Osten Annam (das spätere Vietnam) weitere Provinzen eroberte. Im 19. Jahrhundert erreichten die Franzosen Südostasien und kolonialisierten zunächst Vietnam. 1863 wurde dann auch Kambodscha zum Protektorat ernannt.
Kambodscha und der Indochinakrieg
Frankreichs südostasiatische Kolonien umfassten schließlich Vietnam, Kambodscha und Laos, sie wurden unter dem Namen Indochina zusammengefasst. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es in allen Teilen Indochinas zu Unabhängigkeitsbestrebungen. Anders als Vietnam wurde Kambodscha 1953 von Frankreich kampflos in die Unabhängigkeit entlassen. Mit dem aufflammenden Konflikt zwischen dem kommunistischen Nordvietnam einerseits und den kapitalistischen Nachbarn Südvietnam und Thailand andererseits verordnete König Norodom Sihanouk seinem Staat strikte Neutralität. Als der Vietnamkrieg ausbrach, nutzten nordvietnamesische Vietcong Kambodscha als Rückzugsort und zum Waffenschmuggel in den Süden, worauf die US-Armee begann, ihre Stützpunkte zu bombardieren.
1970 übernahm General Lon Nol nach einem Putsch die Macht in Kambodscha und schlug sich auf die Seite der Amerikaner und Südvietnamesen. In Peking gründete der vertriebene Sihanouk eine Exilregierung, zu der auch die kommunistischen Roten Khmer gehörten, die gemeinsam mit den Vietcong kämpften. 1975 endete der Indochinakrieg für Kambodscha, als Phnom Penh an die Roten Khmer fiel. Ihr Anführer Saloth Sar, der sich selbst Pol Pot nannte, wurde Ministerpräsident.
Die Schreckensherrschaft der Roten Khmer
Die kommunistischen Roten Khmer gründeten nach der Machtergreifung das Demokratische Kampuchea, das in einem der schrecklichsten Terrorregimes der Geschichte mündete. Insgesamt kamen in nur fünf Jahren schätzungsweise zwei Millionen Kambodschaner ums Leben, viele von ihnen auf den sogenannten Killing Fields, weitläufigen Flächen, auf denen kollektive Massenmorde stattfanden. Dies entsprach einem Viertel der Bevölkerung.
Hunderttausende flüchteten in die Nachbarländer Thailand und Vietnam. Im Dezember 1978 marschierten vietnamesische Truppen in Kambodscha ein und bereiteten der Herrschaft der Roten Khmer ein Ende. Erst 1991 wurde der Friedensvertrag von Paris verzeichnet, doch es sollte noch bis 1998 dauern, ehe sich die letzten Roten Khmer ergaben. Im selben Jahr verstarb Pol Pot unter nicht geklärten Umständen im Hausarrest.
Kambodscha: Die Politik des Staates heute
Kambodscha ist heute eine parlamentarische Wahlmonarchie, an deren Spitze seit 2004 König Norodom Sihamoni steht. Sein Einfluss ist jedoch gering. Die Macht in der kambodschanischen Politik liegt bei Premierminister Hun Sen, der diesen Posten seit 1985 innehat. Seine Kambodschanische Volkspartei gewann bei den letzten Jahren 2018 alle 125 Sitze der Nationalversammlung. Eine echte Opposition gibt es nicht und Experten gehen davon aus, dass die Wahlen manipuliert und bei Bedarf verfälscht werden.
Der kambodschanische Staat gilt als einer der korruptesten Staaten der Welt. Die Pressefreiheit wurde zuletzt immer stärker eingeschränkt. Seit einigen Jahren steht Kambodscha verstärkt unter dem Einfluss Chinas, das zahlreiche Millionen Dollar in Bauprojekte investiert und zugleich gezielt die Demokratie untergräbt.
Der Staat Kambodscha: Demografie und Bevölkerung
Kambodscha zählt rund 16,5 Millionen Einwohner bei einem Altersdurchschnitt von 24,9 Jahren. Seit Mitte der 1980er-Jahre hat sich die Einwohnerzahl von 7.713.000 auf 16.487.00 mehr als verdoppelt. Etwa 85 bis 90 Prozent der Kambodschaner gehören dem Volk der Khmer an. Daneben gibt es lediglich einige kleine Minderheiten wie die Vietnamesen (5 Prozent) und die muslimischen Cham (3 Prozent). Im bergigen Norden leben die 21 Stämme der Hochland-Khmer (Khmer Loeu) noch weitgehend halbnomadisch.
Die wichtigsten Städte von Kambodscha im Überblick (Stand 2019):
- 1 Phnom Penh: 2.281.951 Einwohner
- 2 Siem Reap: 245.494 Einwohner
- 3 Battambang: 119.251 Einwohner
- 4 Sisophon: 99.019 Einwohner
- 5 Poipet: 98.934 Einwohner
Wichtigste Sprache im Land ist Khmer, das von über 90 Prozent der Bevölkerung gesprochen wird. Die Schrift leitet sich wie auch Thai, Burmesisch und Tamil von der südindischen Pallava-Schrift ab.
Nachdem die Roten Khmer Religion verboten und zahllose Tempel zerstört hatten, bekennen sich heute wieder 96,3 Prozent der Bevölkerung zum Theravada-Buddhismus.
Kambodscha: Wirtschaft des Staates am Boden
Bis zum Ausbruch des Indochinakriegs und dem Regime der Roten Khmer galt Kambodscha als erfolgreichster Staat Südostasiens mit hohem Lebensstandard. Nach vielen Jahren Kommunismus, Misswirtschaft und Korruption ist es heute eines der ärmsten Länder Asiens, verzeichnete aber zuletzt eine Erholung. Zu den wichtigsten Exporten gehören Textilien, Reis, Holz und Gummi, wobei die illegale Abholzung der Tropenwälder ein großes Problem darstellt. Im Norden des Landes werden enorme Bodenschätze vermutet, während vor der Küste Erdöl gefördert wird.
Eine wachsende Bedeutung kommt dem Tourismus zu. Zuletzt besuchten etwa zwei Millionen ausländische Gäste jährlich das Land, wobei der Kulturtourismus eine weitaus größere Rolle spielt als der Badetourismus.
Kambodscha: Geografie und Sehenswürdigkeiten des Staates
Kambodscha liegt in Südostasien zwischen Thailand und Vietnam und wird vom Kambodschanischen Becken mit dem Tonle Sap und den Anfängen des Mekong-Deltas geprägt. Nur im Westen und Norden gibt es nennenswerte Höhenzüge wie das Dongrek-Gebirge und das Kardamomgebirge mit dem Phnom Aural, dem mit 1.813 Metern höchsten Berg des Landes. Die 443 Kilometer lange Küste wird von Palmenstränden und Mangrovenwäldern gesäumt.
Im dicht bewaldeten Landesinneren befindet sich mit dem Tempelkomplex von Angkor Wat die mit Abstand bekannteste Sehenswürdigkeit des Landes. Für viele Touristen ist er die einzige Begegnung mit Kambodscha im Rahmen einer großen Indochina-Rundreise. Ein weiteres lohnenswertes Ziel im Staat ist die Hauptstadt Phnom Penh mit dem Königspalast, dem Zentralmarkt und den Kolonialbauten der Franzosen. Das ehemalige Foltergefängnis Tuol Sleng der Roten Khmer wurde zu einem Genozid-Museum umgestaltet. Auch Choeung Ek, eines der berühmtesten Killing Fields, kann als Gedenkstätte besucht werden.
Der Badetourismus konzentriert sich auf die Stadt Sihanoukville am Golf von Thailand, die zur Kolonialzeit als Côte d’Azur von Kambodscha gerühmt wurde. Chinesische Investoren errichteten hier in den letzten Jahren zahlreiche neue Hotels und Spielcasinos.