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Achtjährige leidet an Long Covid: Sie kann kaum gehen und sich an manche Tage nicht erinnern

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Von: Marcus Giebel

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Corona nimmt Menschenleben, aber Corona zerstört auch Menschenleben. Noch ist nicht allzu viel über Long Covid bekannt. Dass es auch Kinder betreffen kann, zeigen Videoaufnahmen aus Österreich.

München - Nur mühsam arbeitet sich Sophie eine Stufe nach der anderen empor, um die Treppe zu bezwingen. Schritt für Schritt, beinahe wie in Zeitlupe. Die Anstrengung ist ihr bei jeder Bewegung anzusehen. Ebenso, wenn sie sich langsam durch ein Zimmer voranschiebt und sich dabei stützen muss. Es sind Aufnahmen, die nur schwer zu ertragen sind. Besonders für Eltern von jungen Kindern.

Denn auch Sophie ist erst acht Jahre alt. Doch sie leidet an Long Covid*, also Spätfolgen einer Corona-Infektion. Damit gehört sie im Grunde zwei Gruppen an, die in dieser Pandemie viel zu sehr vernachlässigt wurden. Kinder. Und Long-Covid-Patienten.

Long Covid: Achtjährige verspürt Symptome erst Wochen nach Infektion

Im Februar 2021 infizierte sich Sophie mit dem heimtückischen Virus, das das tägliche Leben auf dem gesamten Globus erschwert. Symptome* zeigte sie aber nicht, wie der österreichische Sender Puls4 berichtet, der die Grundschülerin in den Mittelpunkt seines Beitrags stellt.

Erst nach wenigen Wochen machten sich die Folgen der Infektion bemerkbar. Seither lässt die Krankheit Sophie nicht mehr los. „Ich hüpfe sehr gerne auf dem Trampolin, weil wir eins haben. Das geht aber nicht, weil mir immer so schwindlig wird“, schildert die Kleine den Reportern ihre körperliche Tortur: „Ich kann auch nicht laufen und so. Das mache ich halt gerne, aber ich kann es nicht.“

Junge Long-Covid-Patientin spricht über Kopfweh und Schwindel

Von März bis Juni habe sie gar nicht gehen können, „weil mir so schwindelig war. Jetzt seit September habe ich Muskelzuckungen, Kopfweh und Schwindel. Und schlecht ist mir auch.“ Mutter Sabine verweist auf „Bewusstseinseintrübungen, Krampfanfälle, Erinnerungslücken, sie kann sich an Tage nicht erinnern“.

Die Gefahr lauert quasi jederzeit: „Sie leidet unter einer massiven Reizüberflutung. Das kann durch Farben ausgelöst sein, durch Geräusche, sogar Emotionen. Kann sogar sein, wenn sie sich freut, dass das im Krampanfall endet.“ Folglich sei die gesamte Familie eingeschränkt, denn: „Wir leben sehr reduziert, jeder Weg so wie Einkäufe, Unternehmungen muss sehr überlegt sein. Weil es ihr schnell zu viel sein kann.“

Ein Mädchen sitzt auf einer Treppe und bettet ihren Kopf auf ihren Schulranzen vor sich
Pure Erschöpfung: Für Long-Covid-Patienten wie Sophie ist jede Anstrengung zu viel. (Symbolbild) © IMAGO / Westend61

Reha wegen Long Covid: Schwimmen oder spaßbetontes Ausdauertraining für Kinder

Im November bekam Sophie schließlich einen Platz im Kinder-Reha-Zentrum Kokon im österreichischen Bad Erlach. Dort werden Patienten bis 18 Jahre aufgepäppelt. Fünf Wochen Reha stehen für die Achtjährige auf dem Programm. Ergo-Entspannungstherapie, Schwimmen oder spaßbetontes Ausdauertraining, wie der Sender erklärt.

Sophie läuft auf dem Laufband, strampelt auf dem Ergomether. Außerdem bekommt sie speziell auf ihre Symptome zugeschnittenen Unterricht, um in naher Zukunft zumindest stundenweise wieder in die Schule gehen zu können. Auch ihre Eltern werden auf das veränderte Leben eingestimmt.

Schnelle Ermüdbarkeit wichtigstes Merkmal für Long Covid bei Kindern

Alles unter den wachen Augen von Dr. Anna Maria Cavini. Die ärztliche Direktorin der Einrichtung verrät das wichtigste Erkennungsmerkmal für Long Covid: „Das Typischste ist die schnelle Ermüdbarkeit bei Kindern. Das ist, was Eltern auffallen kann. Weil Kinder immer einen Bewegungsdrang haben, sich austoben wollen, an ihre Grenzen gehen wollen. Und die können das nicht mehr.“

Bereits nach kleinen Anstrengungen würden sich „Kopfschmerzen, Schwindel, Schmerz im Bereich des Auges, Schmerz im Bereich der Gelenke, der Glieder“ bemerkbar machen. Im Gespräch mit ntv gibt Cavini mit Blick auf die noch recht junge Krankheit zu: „Wir sind da international noch in den Kinderschuhen, was die Forschung in dem Bereich anbelangt.“ Es bestehe aber ein regelmäßiger Austausch mit nationalen und internationalen Experten.

Sicher sei: „Es gibt Long Covid bei Kindern und auch bei Jugendlichen. Es gibt gute Forschungsergebnisse, dass es existiert.“ Und das verleiht der Pandemie zusätzliche Grausamkeit: „Ich wünsche es niemandem, dass er sein eigenes Kind sieht, wie es nicht mehr kann, wie es nach wenigen Minuten erschöpft ist.“ (mg) *merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA

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