1. Startseite
  2. Welt

Einschulung in der Corona-Pandemie ein heikles Unterfangen - Kinder haben mehr Angstsymptome

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Patrick Freiwah

Kommentare

Im Herbst steht eine neue Einschulung an - und für knapp eine Million Kinder in Deutschland beginnt ein neuer Lebensabschnitt
Im Herbst steht eine neue Einschulung an - und für knapp eine Million Kinder in Deutschland beginnt ein neuer Lebensabschnitt. © MiS/Imago

In wenigen Monaten steht für viele Kinder die Einschulung bevor. In Corona-Zeiten eine noch größere Herausforderung, auch für Schulen. Worauf es nun ankommt.

München - Die Corona-Pandemie hat das Leben der Menschen von Grund auf verändert, sei es im Hinblick auf die Gesundheit, die Arbeitswelt, Freizeitbeschäftigungen oder das soziale Verhalten. Teilweise noch mehr als Erwachsene sind in der Regel Kinder von den negativen Auswirkungen der weltweit grassierenden Krankheitswelle betroffen. Sie werden schon im jungen Alter mit Sorgen, Ängsten und Beschränkungen konfrontiert.

Wenn ab Sommer 2021 die zweite Einschulung seit Corona-Beginn vollzogen wird, stellt dies einen einschneidenden, neuen Lebensabschnitt für fast eine Million Kinder in Deutschland dar. Der Prozess wird für Familien mit angehenden Grundschülern eine riesige Herausforderung, Gleiches gilt für Schulen. „Jedem Schulleiter ist klar, dass es bei den Schulanfängern das ganze nächste Jahr erstmal darum geht, Kindern die Ängste zu nehmen“, erklärt Mario Michel, Leiter einer hessischen Grundschule gegenüber Businessinsider.de.

Einschulung in Corona-Zeiten: „Erstklässler haben viel weniger soziale Erfahrungen“

Immerhin bahnen sich in Deutschland angesichts sinkender Fallzahlen Lockerungen an, sodass noch offen ist, inwiefern Erstklässler 2021 noch mit Beschränkungsmaßnahmen wegen der Infektionsgefahr konfrontiert werden. Dass die jetzigen Kindergarten- bzw. Vorschulkinder jedoch mit anderen Vorzeichen das Abenteuer Schule beginnen, steht außer Frage: Viele mussten aufgrund der Notbetreuung in den Kitas zuhause bleiben und auf soziale Kontakte mit Gleichaltrigen verzichten.

Zumindest gibt es Erfahrungen mit den aktuellen Erstklässlern, die in der zweiten Jahreshälfte 2020 eingeschult wurden: „Die haben oft viel weniger soziale Erfahrungen als Jahrgänge vor Corona und müssten den Umgang mit anderen Kindern erst lernen“, schildert Konstanze von Unold, Leiterin einer bayerischen Grundschule, dem Portal. Die Rektorin bestätigt, dass das „Pandemie-Leben“ auf Kinder abfärbe - ein Punkt, vor dem Pädagogen und andere Experten schon lange warnen*.

Bedenklich ist auch eine Beobachtung, die man bei den aktuellen „Neuankömmlingen“ macht: Dass jetzige Erstklässler wesentlich schneller zu weinen anfangen würden, als das früher der Fall war. Neben dem reduzierten Kontakt zu anderen Kindern sei ein weiterer wesentlicher Aspekt verantwortlich. Es gehe demnach auch um den Punkt, dass viele Kinder Angst vor einer Ansteckung mit dem Virus* haben und damit einfach noch nicht umgehen können.

Erstklässler trotz Pandemie: Wie Eltern ihren Kindern bei der Einschulung helfen

Die wesentliche Frage für Eltern: Wie bereite ich das Kind bestmöglich auf den Schuleintritt vor? Die Schulleiter Michel und von Unold sprechen mit dem Portal Businessinsider über ihre Erkenntnisse: Zum einen helfe es, wenn die angehenden Grundschüler sich vor der Einschulung ihre neue Lebensumgebung ansehen können. Persönlich lässt sich das aufgrund der Kontaktbeschränkungen* zwar noch schwierig umsetzen, eine Alternative könne ein Video sein, das für Eltern und Kinder digital verfügbar ist. So praktiziere es die Grundschule im hessischen Kirchhain, schildert Mario Michel „Schulleiter, Hausmeister, Lehrer und Sekretäre winken in die Kamera und stellen sich vor“, führt er aus.

Eltern haben die Situation rund um Corona nicht verschuldet, sollten sich jedoch mit den Konsequenzen für ihre Kinder auseinandersetzen. Ihnen fällt zweifellos der größte Teil einer guten Vorbereitung auf die Einschulung zu: Konstanze von Unold, Leiterin der Grundschule in Baierbrunn, rät dass Eltern ihren Nachkömmlingen in keinster Weise Angst vor dem neuen Lebensabschnitt machen sollten: „Sie sollen sich darauf freuen und keine unnötige Belastung vorab mit sich herumtragen.“

Dass die Corona-Pandemie für Kinder schlimme Auswirkungen haben kann, ist unumstritten. Die Bundesregierung hat ein Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht, um die Folgen abzumildern:

Einschulung: Kinder haben wegen Corona mehr Angst - Schulen sind gefordert

Darüber hinaus sind auch die Schulen in der Verantwortung. Sie stellen bei den Schulkindern häufiger Angstsymptome fest: „Es gab schon vor der Pandemie ängstliche Kinder, aber jetzt sind es nicht mehr drei, sondern plötzlich sieben oder acht Kinder in der Klasse“, erklärt Michel. Das verschlimmere sich laut seiner Berufskollegin, weil sich „Kinder verunsichert fühlen oder alleine gelassen, weil Lehrer nicht ständig auf sie eingehen können und das gewohnte Umfeld fehlt“, ergänzt von Unold.

Helfen möchten die Grundschulen zum Beispiel mit möglichst vielen Angeboten, wo der soziale Kontakt im Vordergrund steht. Außerdem gehe es darum, Kurse anzubieten, wo sich die Grundschüler betätigen können und auch mal ablenken. So soll es in Hessen zunächst um den gemeinsamen Umgang gehen und darum, die Konzentration zu fördern.

Was zusätzlich hilft, sind unterrichtsbegleitende Sozialpädagogen. Doch hier gibt es Versäumnisse: Wie der Grundschulleiter aus Kirchhain erklärt, sei seiner Schule mit insgesamt 380 Schülern für das Schuljahr 2020/21 lediglich eine einzige Person zugeteilt worden. Das sei deutlich zu wenig und werde den Ansprüchen nicht gerecht, klagt er.

Und die zwei Milliarden Euro, welche die Bundesregierung (siehe Video) bewilligt hat, um die sozialen Folgen für Kinder und Jugendliche abzufedern? Seien nach Meinung des Schulleiters nur ein heißer Stein, weil für die einzelnen Einrichtungen viel zu wenig Geld abfalle. (PF) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA

Auch interessant

Kommentare