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Wie der Klimawandel deutsche Inseln gefährdet

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Von: Bettina Menzel

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Borkum ist die westlichste der ostfriesischen Inseln in der Nordsee. Die Sturmfluten Anfang dieses Jahres haben der Insel zugesetzt
Borkum ist die westlichste der ostfriesischen Inseln in der Nordsee. Die Sturmfluten Anfang dieses Jahres haben der Insel zugesetzt (Archivbild, 20. August 2021). © Christine Höfelmeyer / Shotshop / Imago

Sturmfluten rissen Anfang 2022 Sandstrände auf Wangerooge und Borkum weg. Der Wiederaufbau gleicht einer Sisyphusarbeit - und ist angesichts des Klimawandels keine langfristige Lösung.

Wangerooge - Sturmtief „Nadia“ zischte im Februar 2022 mit über 100 Stundenkilometern übers Land. In Wangerooge und Borkum riss das Unwetter ganze Sandstrände mit sich. Kurz darauf traf „Zeynep“, einer der stärksten Orkane der letzten Jahrzehnte, auf die Nordseeküste, mit schlimmen Folgen. Sturmfluten sind dort zwar gang und gäbe, doch aufgrund des Klimawandels werden sie immer häufiger - und bringen kostspielige Probleme für die Nordseeinseln mit sich.

Klimawandel: Gefahr für Nordseeinseln wie Borkum und Wangerooge

Der Klimawandel ist eine echte Gefahr für die deutschen Nordseeinseln, wie etwa Borkum und Wangerooge. Durch die Erderwärmung schmelzen Pole und Meereis schneller. Im 20. Jahrhundert stieg der Meeresspiegel daher bereits um rund 15 Zentimeter. Bis zum Jahr 2100 könnte das Wasser sogar um 60 bis 110 Zentimeter steigen, wenn der Ausstoß von Treibhausgasen nicht merklich reduziert würde. Das geht aus einem Weltklimabericht des Weltklimarates (IPCC) vom Jahr 2019 hervor. Um diese Entwicklung noch aufzuhalten und das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, müssten vor 2025 die weltweiten Treibhausgasemissionen sinken, statt zu steigen, schlussfolgert der sechste Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC), der im April 2022 veröffentlicht wurde. Der Welt bleiben also nur mehr rund 30 Monate Zeit.

Dass die deutschen Inseln in nächster Zeit untergehen ist zwar nicht abzusehen, wie der Klimaexperte am Climate Service Center Germany (GERICS) in Hamburg, Laurens Bouwer gegenüber dem Focus sagte: „Nein, erstmal haben wir nichts Schlimmes zu befürchten“. Mittlerweile seien die Inseln besser ausgerüstet als je zuvor - das sei die gute Nachricht. „Die Frage ist nun, ob und wie sich die Inseln das langfristig leisten können,“ so Bouwer weiter. Er spielt damit auf den Wiederaufbau der Strände nach jeder Sturmflut an. Denn die Nordseeinseln Borkum und Wangerooge haben schon jetzt mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen.

Kampf gegen die Folgen des Klimawandels: Wiederherstellung der Sandstrände kostspielig

Zwar sind Sturmfluten an der Nordsee keine Seltenheit, doch die Häufigkeit dieser extremen Wetterereignisse stieg in letzter Zeit merklich. „Mittlerweile kommen heftige Stürme häufiger vor“, sagte etwa Peter Kuchenbuch-Hagen, Ratsvorsitzender in Wangerooge. „Bis zu den 70er, 80er-Jahren hatten wir das alle 20 Jahre, jetzt alle vier bis fünf“, so Kuchenbuch-Hagen weiter. In Wangerooge wurden durch die Unwetter im Januar und Februar dieses Jahres rund 90 Prozent des Sandes weggespült. Die Folge: Keine Strände mehr - und damit kein Tourismus. Rund 140.000 Touristen besuchen der Deutschen Presse-Agentur zufolge jährlich allein die kleine Insel Wangerooge. „Wir sind gerade dabei den Strand wiederherzustellen“, berichtet Marcel Fangohr, der Bürgermeister von Wangerooge im April 2022 gegenüber Focus. Auch auf Borkum gab es große Schäden. Nicht nur Strände verschwanden, sondern auch der beliebte Loopdeelenweg auf dem man die Insel einmal vollständig umrunden konnte - und der erst im April 2021 fertiggestellt wurde.

Ein Strandabschnitt auf Borkum im Januar 2021: So sieht es heute vielerorts nicht mehr aus. Die Sturmflut Anfang 2022 raubte vielen Stränden den Sand
Ein Strandabschnitt auf Borkum im Januar 2021: So sieht es heute vielerorts nicht mehr aus. Die Sturmflut Anfang 2022 raubte vielen Stränden den Sand (Archivbild). © CSP_IvonneWierink / agefotostock / Imago

Zurzeit hole man Sand von den Sandbänken im Osten der Insel mit großen Lastern ab, um dann den Strand aufzufüllen, erklärte Bürgermeister Fangohr die Bemühungen der Insel Wangerooge gegenüber dem Focus. Doch das sei keine langfristige Lösung, denn: „Irgendwann wird auch dort kein Sand mehr sein.“  Man versuche zwar Sand zu sparen, aber auf lange Sicht werde es wohl nicht ohne sogenannte Aufspülungen oder Sandvorspülungen gehen, die bereits in Sylt, Norderney und Langeoog zum Einsatz kommen. Unterwasserleitungen an Saugbaggerschiffen transportieren den Sand mit dieser Technik vom Meeresboden zurück an Land. Die Kosten dafür sind allerdings hoch.

Umweltministerium Niedersachsen will für Schaden an Ostfriesischen Inseln aufkommen

Nach den erheblichen Sandverlusten will das Land Niedersachsen den getroffenen Ostfriesischen Inseln mit sieben Millionen Euro helfen. Das machten Ministerpräsident Stephan Weil und Umweltminister Olaf Lies (beide SPD) Mitte März bei einem Besuch der Inseln Wangerooge und Langeoog deutlich. Allein für den Küstenschutz will das Umweltministerium demnach bis zu fünf Millionen Euro zusätzlich ausgeben. Um die Inseln bei Maßnahmen für den Tourismus, wie die Aufschüttung von Badestränden, zu unterstützen, sollen zudem bis zu zwei Millionen an die Inselgemeinden fließen. „Die Inseln mit ihren Dünen und Stränden sind ein Bollwerk gegen die Naturgewalten und damit ein Schutz unseres Festlandes. Und sie sind von unschätzbarem touristischen Wert für Niedersachsen“, sagte Weil laut Mitteilung (dpa/bm).

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