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Libyen: Geschichte, Politik, Bevölkerung und Geografie

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Blick auf Tripolis
Blick auf Tripolis © IMAGO / Shotshop

Libyen ist flächenmäßig das viergrößte Land auf dem afrikanischen Kontinent. Der Staat wurde Jahrzehnte lang unter Machthaber Muammar al-Gaddafi diktatorisch regiert. Nach seinem Tod herrschten immer noch Bürgerkriege, welche Land und Leute bis heute spalten.

Tripolis – Das 1.795.541 Quadratkilometer große Libyen gilt flächenmäßig als der viertgrößte Staat auf dem afrikanischen Kontinent. Das Land war wegen seiner Mittelmeerlage vor allem in der Antike von geopolitischer Bedeutung. Durch Erdölfunde in den 1950er Jahren bekam Libyen wirtschaftlichen Aufschwung. Unter Muammar al-Gaddafi brach jedoch ein autoritäres Regime an, das im 21. Jahrhundert in schrecklichen Bürgerkriegen mündete. Inzwischen stellt sich der Staat politisch neu auf.

Libyen: Frühgeschichte und Antike

Fossilien- und Werkzeugfunde deuten darauf hin, dass bereits vor rund zwei Millionen Jahren der Homo erectus im Gebiet des heutigen Libyens lebte. Aus ihm entwickelte sich vor etwa 200.000 Jahren der moderne Mensch. Ursprünglich war das heute in weiten Teilen von der Sahara bedeckte Land viel feuchter. Dies belegen etwa 12.000 Jahre alte Felsmalereien und Petroglyphen. Ab etwa 4000 vor Christus gab es Kulturen, die bereits als Libyer bezeichnet wurden. Erste historische Nachrichten über das sogenannte „Lebu“ stammen seit dem dritten Jahrtausend vor Christus aus dem Alten Ägypten.

Zeitweise übernahmen die Libyer sogar die Herrschaft in Ägypten. Ab dem 7. Jahrhundert vor Christus setze an der libyschen Küste die griechische Kolonisation ein. Es kam zur Gründung antiker Städte (unter anderem Kyrene). Siedler aus Phönizien gründeten weiter westlich die Orte Leptis Magna, Oea und Sabratha. Diese drei Städte gaben schließlich der Region den Namen Tripolis, nach der auch die spätere Hauptstadt benannt ist. Bis ins 7. Jahrhundert nach Christus wurde das Gebiet abwechselnd von Römern, Vandalen und Persern erobert.

Libyen: Islamisierung und italienische Kolonie

Nach der arabischen Eroberung im 7. Jahrhundert setzte auch die zunehmende Islamisierung des Landes ein. Bis ins Mittelalter wechselten sich mehrere Herrscher-Dynastien ab. Nachdem Spanien 1509 Tripolis zur Bekämpfung der Piraterie eingenommen hatte, wurde die Hauptstadt 1551 von den Osmanen erobert. Da die Städte Tripolis, Algier und Tunis weiterhin als Stützpunkte für Piraterie diente, kam es zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu den sogenannten Barbareskenkriegen, in welchen die USA die Piraterie bekämpfte und besiegte.

Die osmanische Herrschaft nahm im Jahr 1911 ihr Ende, als italienische Truppen in das osmanische Libyen eindrangen. Nach harten Kämpfen erklärte Italien 1934 das Gebiet zu seiner Kolonie Italienisch-Libyen. Im Zweiten Weltkrieg konnten sich die italienischen Soldaten allerdings nicht behaupten und Libyen wurde als UN-Treuhandgebiet unter die Verwaltung von Großbritannien gestellt.

Libyen: Unabhängigkeit und autoritäres Regime unter Gaddafi

1951 erhielt Libyen schließlich seine Unabhängigkeit und stellte sich als Königreich unter König Idris I. neu auf. Libyen pflegte enge Beziehungen zu Großbritannien und den USA. Die Entdeckung von hohem Erdölvorkommen im Jahr 1959 bescherte dem Land wirtschaftlichen Aufschwung. 1969 wurde dem Königreich durch einen Putsch von Muammar al-Gaddafi ein jähes Ende bereitet.

Unter Gaddafis Führung wurde Libyen zunächst Arabische Republik und 1977 zu einer sozialistischen Volksrepublik. Obwohl Gaddafi 1979 von seinen Staatsämtern zurücktrat, blieb er dennoch Machthaber und regierte Libyen diktatorisch. Zudem unterstützte das Land terroristische Organisationen gegen die USA und Israel. Nach den USA verhängten auch die Vereinten Nationen ein Embargo gegen Libyen. Erst als sich das Land im Jahr 2000 öffnete, wurden Embargomaßnahmen sukzessive aufgehoben.

Nach der Privatisierung von Firmen und dem Anstieg der Arbeitslosigkeit, begann Gaddafis Regime im Februar 2011 zu bröckeln. Bereits ein Jahr zuvor hatte der Arabische Frühling in Tunesien begonnen, nun folgten auch Aufstände in Libyen. Schließlich kam es zu Bürgerkrieg und Gaddafi wurde am 22. August gestürzt. Der ehemalige Machthaber wurde am 20. Oktober aufgegriffen und kam unter ungeklärten Umständen ums Leben.

Dennoch blieb das Land politisch instabil und es kam 2014 zu einem weiteren Bürgerkrieg. Auch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ übernahm in einigen Gebiet des Landes die Vorherrschaft. Im Sommer 2015 fanden Friedensverhandlungen zwischen Tobruk und Tripolis statt. Dem Versuch, einen neuen libyschen Staat zu errichten, folgten jedoch weitere Auseinandersetzungen. Im Oktober 2020 wurde ein Waffenstillstand beschlossen und neue Präsidentschaftswahlen wurden angekündigt.

Libyen: Das politische System

Der Allgemeine Nationalkongress hatte als oberstes Organ den von Aufständischen 2011 gegründeten Nationalen Übergangsrat abgelöst. Nach Gaddafis Sturz unterstehen weite Teile des Landes der Kontrolle von Milizen, die sich nicht dem Nationalen Übergangsrat unterstellt hatten. Bei der Wahl im Juni 2014 waren nur unabhängige Kandidaten und keine Parteilisten erlaubt. Viele Libyer erhofften sich dadurch einen Schritt zur Demokratisierung. Das neue Parlament ist ein 200-köpfiger Abgeordnetenrat und bildet derzeit die Übergangsregierung.

Libyen: Fakten im Überblick

Libyen: Sprachen und Bevölkerung

Als Muttersprache wird vom größten Teil der Bevölkerung ein libysch-arabischer Dialekt gesprochen. Daneben existieren noch Berbersprachen wie Nafusi, Ghadamsi und Tamascheq sowie die nilosaharische Tubu-Sprache Tedaga. Amtssprache ist das Hocharabisch. Unter Gaddafi wurden im Zuge der Arabisierung sogar Kampagnen gestartet, Italienisch als Fremdsprache sowie die Berbersprachen aus dem öffentlichen Leben komplett zu verdrängen.

Im Jahr 2011 bestand die Bevölkerung Libyens zu 97 Prozent aus kulturell und sprachlich arabisierten Berbern und Arabern. Die in ihren traditionellen Stammesgesellschaften lebenden Berber stellen nur noch ein Viertel der Bevölkerung. Und nur noch fünf Prozent sind Nomaden. Rund 90 Prozent der Libyer wohnen in den Küstenregionen von Tripolitanien und Kyrenaika. Bis zum Ausbruch des Bürgerkrieges waren im Land rund ein bis zwei Millionen Gastarbeiter beschäftigt.

Libyen: Geografie und Städte

Libyen grenzt im Norden ans Mittelmeer, im Osten an Ägypten und dem Sudan, im Süden an Niger und Tschad und im Westen an Tunesien und Algerien. Es ist nach Algerien, der Demokratischen Republik Kongo und dem Sudan das viertgrößte Land des afrikanischen Kontinents. 85 Prozent der Landesfläche wird von der Sahara-Wüste bedeckt. Klimatisch teilt sich das Land in eine subtropisch warme Klimazone entlang der Küste und eine heiße, trockene Wüstenklimazone im Landesinneren.

Die größten Städte Libyens im Überblick

Libyen: Wissenswertes zum Land

Der Islam ist Staatsreligion und wurde auch zu Zeiten von Gaddfis Herrschaft garantiert. 97 Prozent der Bevölkerung sind sunnitische Muslime mit vorwiegend malikitischer Richtung. Die Mehrheit der traditionsbewussten Berberstämme gehört den Idbaditen an – eine islamische Sondergemeinschaft. Daneben gibt es noch einige Katholiken sowie koptische und griechisch-orthodoxe Christen. Die meisten christlichen Kirchen wurden jedoch bei Gaddafis Machtübernahme im Jahr 1969 geschlossen. Amnesty International berichtet, dass in den letzten Jahren in Libyen immer wieder Christen aufgrund ihres Glaubens verfolgt, verschleppt und misshandelt worden sind.

Libyen ist ein Transitland zahlreicher afrikanischer Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa. Die Situation in den libyschen Flüchtlingslagern wird in Medienberichten oft katastrophal dargestellt. Die Europäische Union setzt sich gemeinsam mit IOM und UNHCR für die Reintegration von Flüchtlingen in Libyen, entlang der zentralen Mittelmeerroute und in Äthiopien ein. Nach Angaben der Stiftung Wissenschaft und Politik, waren im Jahr 2021 4.000 Flüchtlinge in libyschen Migrationsgefängnissen festgehalten, wo gefoltert, vergewaltigt und hingerichtet wurde. Zudem würden noch Menschenhändler noch viele illegale Gefängnisse betreiben.

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