Litauen: Geschichte, Politik, Bevölkerung und Geografie

Gemeinsam mit Estland und Lettland bildet Litauen die drei Baltischen Staaten. Litauen ist das südlichste Land dieser Dreiergruppe und grenzt mit seiner westlichen Landesgrenze an die Ostsee. Landesgrenzen bestehen zu Lettland, Polen, Weißrussland und der russischen Exklave Kaliningrad.
- Seit 1990 ist Litauen wieder ein eigenständiger Staat.
- In der Zeit davor wurde das Land immer wieder von Ländern wie Russland oder Deutschland beherrscht.
- Die Bevölkerung besteht mehrheitlich aus Litauern, zudem gibt es slawische, polnische und deutsche Minderheiten.
Vilnius – Litauen gehört zu den Baltischen Staaten, wobei diese Bezeichnung politisch gemeint ist und nichts mit der Lage auf dem Baltikum zu hat. Denn letzterer Begriff stammt aus der Geografie. Als baltischer Staat hat Litauen eine besondere Geschichte. Nach dem Ersten Weltkrieg erreichten Litauen, Estland und Lettland nach mehreren Jahrhunderten erstmalig wieder die Unabhängigkeit. Seit dem 18. Jahrhundert lebten die Litauer gleich doppelt fremdbestimmt. Die herrschaftliche Vormachtstellung in der Region hatte Russland inne. Durch die Geschichte des Landes gab es zugleich eine deutsche Oberschicht, während die Einheimischen kaum wichtige Stellungen erreichen konnten.
Litauen – die frühe Geschichte des Landes
Das heutige Gebiet von Litauen bewohnten slawische Stämme bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. Die Geschichte des Staates Litauen begann rund 10.000 Jahre später im 13. Jahrhundert n. Chr. Damals wurde Fürst Mindaugas mit dem Segen des Papstes zum König gekrönt. Der Herrscher ging militärisch gegen seine Nachbarstämme vor und unterwarf bis 1263 in etwa die Regionen, die heute den Staat Litauen bilden. Die Gründung eines eigenen Staates verhinderte, dass der Deutsche Orden mit seinen Rittern das Gebiet einnehmen konnte.
Nach dem Tod des ersten Königs wandten sich die Bewohner Litauens wieder vom christlichen Glauben ab. Im 14. Jahrhundert nutzte Litauen seine Chance und expandierte nach Osten. Im Westen verhinderte der Deutsche Orden die Vergrößerung des Landes, da die Ostflanke nach dem Tatareneinbruch ungeschützt war. Litauen eroberte die ungeschützten und unbeherrschten Gebiete und gehörte im Anschluss zusammen mit dem Großfürstentum Moskau zu den bedeutendsten Fürstentümern Russlands.
Im Jahr 1396 kehrte Litauen zum Christentum zurück. Großfürst Jogaila vereinte durch Heirat und Übertritt zum Christentum Litauen und Polen und wurde polnischer König. Die polnisch-litauische Personalunion bestand rund 400 Jahre lang bis 1791.
Litauen – die jüngere Geschichte des Staates
Ende des 18. Jahrhunderts lösten die Großmächte Russland, Österreich und Preußen den doppelten Staat, der sich aus Polen und Litauen zusammensetzte, auf und teilten das Staatsgebiet unter sich auf. Kurzzeitig wurde Litauen dabei unabhängig, fiel aber langfristig an Russland, das Aufstände gegen den neuen Herrscher blutig unterdrückte.
Unabhängig wurde der Staat Litauen erst am Ende des Ersten Weltkriegs, als die Bewohner noch unter deutscher Besatzung den Staat ausriefen. Diese Freiheit blieb bis zum Zweiten Weltkrieg bestehen, als Litauen sich dem Druck der Roten Armee beugen musste und Teil der Sowjetunion wurde. Der Verbleib des Landes in der Sowjetunion hielt bis auf eine kurze Phase der deutschen Kriegsbesatzung bis zu den 1990er-Jahren an. Erst im Zuge von Perestrojka erklärte sich Litauen als erster Staat der Union 1990 für unabhängig. Trotz des Todes von 14 Jugendlichen am „Vilniusser Blutsonntag“ gelang es der Sowjetunion nicht, die Litauer mit Panzern einzuschüchtern. Die Bevölkerung stand zu ihrem Wunsch nach Unabhängigkeit. Island war das erste Land, das den neuen Staat Litauen bereits 1990 anerkannte.
Staat Litauen – die Politik
Die Hauptstadt des Staates Litauen ist Vilnius, hier befindet sich auch der Sitz der Regierung. Der Staat basiert auf einer semipräsidentiellen Republik. Die Verfassung des Landes ist rechtsstaatlich und demokratisch. Die Republik setzt auf Gewaltenteilung. Allerdings geht die Verwandlung von einem Einparteienstaat aus Zeiten der Sowjetunion zu einem demokratischen Staat nach dem Gefühl der Bürger nur langsam voran. In einer Eurobarometer-Umfrage im Jahr 2006 befanden nur 23 Prozent der Einwohner, dass die demokratische Politik funktioniere. Dazu kommt, dass in Litauen wie in einigen anderen Staaten die Demokratie ethnisch ausgeprägt ist. Die größte ethnische Gruppe bestimmt die Politik. Die britische Zeitschrift „The Economist“ ordnete in ihrem Demokratieindex 2019 Litauen auf Platz 37 von 167 ein und beschrieb die Demokratie als unvollständig.
Litauen besitzt ein Parlament mit einer Kammer, Seimas genannt. Die 141 Parlamentsmitglieder werden für jeweils vier Jahre gewählt. Der Premierminister des Landes ist der Regierungschef.. Das Oberhaupt des Staates Litauen ist der Präsident. Er hat weit mehr Befugnisse als ein deutscher Bundespräsident. Er kann unter anderem:
- im Parlament verabschiedete Gesetze blockieren
- noch vor dem Außenminister über die Außenpolitik bestimmen
Der Staat Litauen und seine Bevölkerung
Seit der Unabhängigkeit verliert der Staat Litauen stetig Einwohner. Heute leben knapp 2,8 Millionen Menschen dort. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verwandelte sich der Staat von einem Bauernstaat in ein Land der Stadtbewohner. Rund zwei Drittel der Einwohner leben aktuell in Städten. Diese suchen seit der Unabhängigkeit Litauens vermehrt ihre Chance im Westen, wo die Lebensbedingungen besser und das Einkommen höher ist. Bis zum Brexit gehörte Großbritannien zu den beliebtesten Auswanderungszielen. Die große Jugendarbeitslosigkeit sowie die allgemeinen Existenzängste führen zu einem hohen Alkoholkonsum und einer ungewöhnlich hohen Suizidrate. Die Lebenserwartung der Bevölkerung liegt deutlich unter der in westlichen Ländern. Auch die Zahl der Tötungsdelikte fällt aufgrund der schwierigen Bedingungen in Litauen überdurchschnittlich hoch aus.
Die Bevölkerung in Litauen setzt sich aus verschiedenen ethnischen Gruppen zusammen und verteilt sich wie folgt:
- Litauer: 84,2 Prozent
- Polen: 6,6 Prozent
- Russen: 5,8 Prozent
- Weißrussen: 1,2 Prozent
- Ukrainer: 0,5 Prozent
- Juden: 0,1 Prozent
- Tataren: 0,1 Prozent
- Deutsche: 0,1 Prozent
- Roma: 0,1 Prozent
- Letten: 0,1 Prozent
Dazu kommen einige Minderheiten mit weniger als 1.300 Menschen pro Gruppierung.
Litauen: Geografie und Städte
Der Staat Litauen liegt an der Ostsee im Süden des Baltikums. Das Land ist zentral auf der osteuropäischen Platte positioniert, weshalb es keine Erdbeben oder andere Folgen durch Verschiebungen im Untergrund gibt. Die Topografie Litauens ist durch die Bewegungen der Eismassen während der letzten Eiszeit entstanden. In Litauen herrscht gemäßigtes, kontinentales Klima. Meist strömt feuchte, milde Luft aus dem Westen von der Ostsee über das Land.
Die meisten Flächen Litauens sind landwirtschaftlich geprägt, rund 30 Prozent machen Wälder aus. Es gibt viele Naturschutzgebiete. Seit dem Zweiten Weltkrieg hat sich das Leben immer stärker in die Städte verlagert. Zu den größten gehören:
- Vilnius (Hauptstadt): ca. 550.000 Einwohner
- Kaunas: ca. 300.000 Einwohner
- Klaipėda: ca. 150.000 Einwohner
- Šiauliai: ca. 100.000 Einwohner
- Panevėžys: ca. 90.000 Einwohner
Danach sinkt die Bevölkerungsdichte einzelner Städte schnell ab. Die meisten Gemeinden haben 5.000 bis 20.000 Einwohner.
Die Sprache im Staat Litauen
Litauisch zählt wie Lettisch zu den baltischen Sprachen. Experten stufen die Sprache als sehr archaisch ein und sehen eine große Nähe zur rekonstruierten indogermanischen Ursprache. Sofern die schematische Sprache mitgezählt wird, sprechen fast 2,7 Millionen Einwohner von Litauen litauisch. Allerdings sind in diesem Staat auch viele Minderheiten zu Hause. Daher werden ebenso folgende Sprachen genutzt:
- Polnisch (ca. 358.000 Sprecher)
- Russisch (ca. 344.000 Sprecher)
- Weißrussisch (ca. 63.000 Sprecher)
- Ukrainisch (ca. 45.000 Sprecher)
- Tatarisch (ca. 5.100 Sprecher)
- Lettisch (ca. 5.000 Sprecher)
- Karaimisch (ca. 300 Sprecher)
Einige wenige Litauer in Klaipėda und auf der Kurischen Nehrung sprechen Deutsch. In den ländlichen Regionen im Osten des Landes leben viele polnischsprachige Vertriebene aus Polen. Durch die lange Zugehörigkeit zur Sowjetunion haben sich einige russische Worte in das Polnisch der Litauer eingeschlichen. Während die meisten Litauer, die über 35 Jahre alt sind, Russisch als Zweitsprache sprechen, sind die jüngeren westliche orientiert und haben Englisch gelernt.