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Niederlande: Geschichte, Politik, Bevölkerung und Geografie

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Amsterdam fast leer und ganz beschaulich: Das ist angesichts der Touristenmassen selten geworden.
Die niederländische Hauptstadt Amsterdam ist ein beliebtes Ziel für Touristen. © picture alliance/dpa | Andrea Warnecke

Die Niederlande gehören zu den wirtschaftlich stärksten Ländern Europas. Aufgrund seiner Lage zum Teil unterhalb des Meeresspiegels ist das Land vom ständigen Kampf gegen die Nordsee geprägt und für seine Ingenieurskunst weltweit berühmt.

Amsterdam – Die Niederlande, manchmal auch Holland genannt, werden an zwei Seiten von der Nordsee eingerahmt. Das Meer prägt den Staat in mehrfacher Weise. Einst stiegen die Niederlande dank der Seefahrt zu einem der reichsten Länder der Welt auf und auch heute noch spielen Fischfang und Offshore-Energie eine bedeutende Rolle. Dazu kommt die einzigartige Ingenieurskunst der Niederländer, mit der die Nordsee gezähmt wurde. Obwohl Amsterdam die Hauptstadt ist, ist der Regierungssitz in Den Haag.

Niederlande: Eine kurze Begriffserklärung

Im eigenen Land ist im Singular von „Nederland“ die Sprache. Die deutsche Pluralform Niederlande entwickelte sich aus der Geschichte der Region. Im Mittelalter teilte das Herzogtum Burgund seine Besitztümer in die oberen Lande (im heutigen Frankreich) und die niederen Lande (das heutige Benelux-Gebiet). Die Pluralform blieb bis heute erhalten. In der niederländischen Sprache ist heute noch die Bezeichnung „de Lage Landen“ für das Benelux-Gebiet oder Belgien und die Niederlande üblich.

In Deutschland und auch in den Niederlanden selbst wird gerne der Begriff Holland genutzt, der eigentlich nur das Gebiet der Provinzen Noord-Holland und Zuid-Holland umfasst. Allerdings erklärten Regierung und Wirtschaftsvertreter 2019, der moderne Staat solle sich international nur noch als Niederlande präsentieren, um von alten Holland-Klischees wie Windmühlen, Tulpen und Käse wegzukommen.

Niederlande: Die Geschichte bis zur Unabhängigkeit

In der Antike bildeten die Mündungsarme des Rheins die nördliche Grenze der römischen Provinz Germania inferior, nachdem eine Eroberung des Nordens am Widerstand friesischer Stämme gescheitert war. Die geografische Trennung der Niederlande in zwei Hälften setzte sich bis ins Mittelalter fort, und auch heute noch gelten die „Grote Rivieren“ als kulturelle Grenze zwischen dem protestantischen Norden und dem größtenteils katholischen Süden der Niederlande.

Im 15. Jahrhundert fielen die niederen Lande (das heutige Benelux-Gebiet) an das katholisch geprägte spanische Haus Habsburg. Die Einschränkung der Religionsfreiheit und die Brutalität der spanischen Inquisition missfiel den Protestanten im Norden, die immer wieder Aufstände gegen den spanischen Statthalter, den Herzog von Alba, anzettelten. 1568 kam es zum offenen Krieg zwischen dem Haus Habsburg und den von Wilhelm von Oranien angeführten Sieben Vereinigten Provinzen, der als Achtzigjähriger Krieg in die Geschichte eingehen würde. Als Tag der Unabhängigkeit gilt der 26. Juli 1581, an dem die Provinzen den spanischen König Philipp II. mit dem Plakkaat van Verlatinghe offiziell absetzten.

Niederlande: Das Goldene Zeitalter

Die unabhängigen Sieben Vereinigten Provinzen (Holland, Zeeland, Groningen, Utrecht, Friesland, Gelderland und Overijssel sowie Drenthe als achte Provinz ohne Stimmrecht) entwickelten sich nicht zuletzt dank einer von Religionsfreiheit und Toleranz geprägten Politik zu einer neuen wirtschaftlichen Großmacht. Die Vereinigte Ostindische Compagnie war die erste Aktiengesellschaft der Welt und gründete eine große Kolonie in Südostasien (heute Indonesien), die die Niederlande reich machte.

Wohlhabende Bürger (Patrizier) und der niederländische Adel förderten die Kunst, insbesondere die Malerei. Das 17. Jahrhundert sollte als Goldenes Zeitalter in die Geschichte des Landes eingehen. Der Niedergang begann mit dem Rampjaar (Katastrophenjahr) 1672, als mehrere Länder dem wirtschaftlich so erfolgreichen Staat gleichzeitig den Krieg erklärten. Nach der Französischen Revolution marschierten französische Truppen in die Niederlande ein und beendeten (zeitweise) die Herrschaft des Hauses Oranien durch die Ausrufung der Batavischen Republik.

Niederlande: Die jüngere Geschichte

Nach dem Ende der französischen Zeit entstand 1815 das Königreich der Vereinigten Niederlande unter dem zurückgekehrten König Wilhelm I. von Oranien-Nassau. Der katholische Süden fühlte sich jedoch schlecht behandelt und erklärte sich 1830 als Belgien unabhängig. Seither blieben die Landesgrenzen der modernen Niederlande weitgehend unverändert. Im Zweiten Weltkrieg litt der Staat stark unter der deutschen Besatzung von 1940 bis 1945. Der „Hungerwinter“ 1944/45, in dem rund 20.000 Menschen verhungerten, brannte sich tief ins kollektive Gedächtnis ein.

Ein ebenso einschneidendes Erlebnis in der niederländischen Geschichte war die große Flut von 1953, bei der weite Teile des flachen Küstengebietes überschwemmt wurden. 1.835 Personen kamen ums Leben, zahllose Gebäude wurden zerstört. Dies führte zu einem beispiellosen Küstenschutzprogramm, dem Delta-Plan, der die Errichtung zahlreicher Sperrwerke und Dämme vorsah. Schon 1932 hatten die Niederlande die Zuiderzee, einen Teil der Nordsee, mit einem 32 Kilometer langen Abschlussdeich in das Binnenmeer IJsselmeer verwandelt. In diesem entstand durch umfangreiche Landgewinnungsprojekte die neue Provinz Flevoland.

Die Niederlande: Wichtige Fakten im Überblick

Die höchste Erhebung der Niederlande ist der 322,4 Meter hohe Vaalserberg im äußersten Südosten des Landes, den sich das Land mit Belgien und Deutschland teilt. Offiziell verlor er diesen Titel am 10. Oktober 2010: An diesem Tag wurde die niederländische Karibikinsel Saba mit dem 877 Meter hohen Vulkan Mount Scenery Teil des Staatsgebietes.

Niederlande: Politik

Die Niederlande sind eine konstitutionelle Monarchie. Die eigentliche Politik wird im Parlament betrieben, das aus zwei Kammern besteht. In der ersten Kammer sitzen die Abgeordneten der Provinzparlamente, in der zweiten Kammer die vom Volk gewählten Vertreter. Diese entspricht dem Deutschen Bundestag. Derzeit sind 13 Parteien in der Tweede Kamer vertreten. Koalitionen müssen in der Regel aus mehreren kleineren Parteien gebildet werden.

Aktuell regiert eine Koalition aus konservativ-liberaler VVD (Volkspartij voor Vrijheid en Democratie), konservativ-christlicher CDA (Christen-Democratisch Appèl), sozialliberaler D66 (Democraten 66) und christlich-sozialer ChristenUnie. Angeführt wird die Koalition von Ministerpräsident Mark Rutte (VVD).

Ein Unikum in der Politik der Niederlande ist die Partij voor de Vrijheid (PVV), die nur ein einziges Mitglied hat: den rechtspopulistischen Vorsitzenden Geert Wilders. Bei den letzten Wahlen konnte er sich mit 13,1 Prozent den zweitgrößten Stimmenanteil nach der VVD sichern.

Niederlande: Bevölkerung und Sprache

Die Bevölkerung der Niederlande ist in den letzten Jahren durch Einwanderung kontinuierlich gewachsen. Mit 510 Einwohnern pro Quadratkilometer Fläche ist sie eines der am dichtesten besiedelten Länder der Welt. Die größten Migrantengruppen (Stand 2020) stammen aus:

Türkei416.864
Marokko408.864
Indonesien356.029
Surinam356.402
Deutschland349.284
Polen198.024

Nach der Unabhängigkeitserklärung der ehemaligen Kolonie Surinam 1975 kam es zu einer riesigen Auswanderungswelle in die Niederlande. Der Staat nahm zwischen 1970 und 1980 rund 300.000 Surinamer auf – die Hälfte der Bevölkerung.

Offizielle Sprache der Niederlande ist Niederländisch. In der nördlichsten Provinz Friesland (Fryslân) hat Westfriesisch (Frysk) den Status einer zweiten Amtssprache, die von ca. 500.000 Menschen gesprochen wird.

Niederlande: Geografie und Städte

Abgesehen vom Heuvelland (Hügelland) in der südlichsten Provinz Limburg ist die Geografie der Niederlande von flachen Ebenen geprägt. Etwa die Hälfte des Landes liegt weniger als einen Meter über dem Meeresspiegel, ein Viertel sogar unterhalb des Meeresspiegels.

Die größten Städte der Niederlande:

NameBevölkerungszahlProvinz
Amsterdam872.757Noord-Holland
Rotterdam651.168Zuid-Holland
Den Haag545.838Zuid-Holland
Utrecht357.597Utrecht
Eindhoven234.394Noord-Brabant

Mit Ausnahme von Eindhoven sind alle Städte Teil der Metropolregion Randstad, in der rund 40 Prozent der Bevölkerung leben.

Niederlande: Wissenswertes

Die Niederlande sind berühmt für ihre produktive Landwirtschaft. Zu den wichtigsten Exporten gehören Schnittblumen, insbesondere Tulpen, Gemüse, Obst, Fisch und Käse. Bekannt ist auch die Liebe der Niederländer zum Fahrrad: Überall im Land existiert eine erstklassige Infrastruktur für den Fahrradverkehr. Das Hollandrad ist ein weiterer Exportschlager.

Der Tourismus konzentriert sich vor allem auf die niederländische Nordseeküste und die Hauptstadt Amsterdam. Hauptmagnete für Kulturtouristen sind das Rijksmuseum mit Rembrandts Nachtwache und das Van-Gogh-Museum. Für andere sind der Rotlichtbezirk De Wallen und die Coffeeshops von größerem Interesse. Als erster Staat Europas erlaubten die Niederlande die legale Abgabe von weichen Drogen wie Cannabis. Allerdings wurde der Verkauf an ausländische Besucher in den letzten Jahren immer weiter eingeschränkt.

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