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Norwegen: Geschichte, Politik, Bevölkerung und Geografie

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Gebäude in Oslo
Der Sonnenuntergang spiegelt sich in den Gebäuden in Oslo © picture alliance / dpa | Cornelius Poppe

Norwegen erstreckt sich über eine Länge von 2.650 Kilometern zum nördlichsten Punkt Europas. Das landschaftlich reizvolle Land beeindruckt nicht nur mit seinen Fjorden, sondern auch mit hohem Lebensstandard und echter Gleichberechtigung.

Oslo – Norwegen ist berühmt für seine unvergleichliche Küste mit ihren tiefen Fjorden und beschaulichen Dörfern. Doch dies ist nur die eine Seite des skandinavischen Landes. In Großstädten wie der Hauptstadt Oslo und Bergen präsentiert sich der Staat hochmodern, fortschrittlich und klimafreundlich.

Norwegen: Die Geschichte der Wikinger

Mit dem Ende der letzten Eiszeit im 10. Jahrtausend v. Chr. wurde das heutige Norwegen erstmals besiedelt. Funde haben gezeigt, dass die frühen Norweger mit den Römern reichen Handel trieben. So richtig auf sich aufmerksam machten die Einwohner des Landes jedoch erst im 8. Jahrhundert. Neue, bessere Schiffe ermöglichten es dem Volk, als Seeräuber die Küsten Europas unsicher zu machen. Beutezüge führten nach England, Irland und an der Atlantikküste entlang bis Portugal. In ihrer Sprache nannten sie sich víkingr – Seefahrer auf weiter Reise.

Im Mittelalter rangen zahlreiche Wikingerstämme um die Vorherrschaft in Norwegen, das zu dieser Zeit aus einigen spärlichen Siedlungen an der Küste bestand. Als erster König von Norwegen gilt heute Harald I. Hårfagre, der um 900 in der Schlacht am Hafrsfjord die Macht über das gesamte Land eroberte. Sein Beiname Hårfagre bedeutet so viel wie „schöne Haare“. Ab 996 gelangte mit in England getauften Wikingern die christliche Religion an die nordische Küste und läutete den Abschied von den uralten nordischen Göttern und Mythen ein.

Norwegen: Ein Staat entsteht

Die Geschichte der folgenden Jahrhunderte wurde von zahlreichen Machtkämpfen zwischen rivalisierenden Familien geprägt. Nachdem bei der großen Pest von 1348 und 1349 rund 60 Prozent der Bevölkerung ums Leben gekommen waren, konnte Norwegen selbstständig nicht mehr existieren. Unter seiner Königin Margarethe I. ging der Staat 1397 die Kalmarer Union mit Dänemark und Schweden ein. Im Dreistaatenbund kam es jedoch zu permanenten Konflikten, sodass Schweden sich nach nur 26 Jahren wieder verabschiedete. Norwegen blieb unter der Herrschaft des dänischen Königs Christian III.

Im frühen 19. Jahrhundert wurde Skandinavien in die Napoleonischen Kriege verwickelt. Dänemark stellte sich auf die Seite der Franzosen und musste nach deren Niederlage 1814 im Kieler Frieden Norwegen an Schweden abtreten. Die Norweger hatten allerdings wenig Lust auf ein weiteres Zweckbündnis als Juniorpartner und proklamierten am 27. Februar 1814 ihre Unabhängigkeit. Der dänische Prinz Christian Friedrich sollte König werden. Schweden ließ Norwegen jedoch nicht ziehen: Es kam zum kurzen Krieg, in dessen Folge der schwedische König Karl XIII. als Karl II. den norwegischen Thron bestieg.

Norwegen im 20. Jahrhundert

In Norwegen wuchsen das Nationalgefühl und der Wunsch nach Unabhängigkeit weiter. Über Jahrzehnte stritten Norweger für eine eigene Flagge ohne schwedische Symbolik, die sie erst 1895 mit der heute bekannten rot-weiß-blauen Trikolore erhielten. 1905 stimmten 99,5 Prozent der norwegischen Bevölkerung in einer Volksabstimmung für Unabhängigkeit, die noch im gleichen Jahr mit dem Vertrag von Karlstad ratifiziert wurde. Erster König des nun unabhängigen Landes wurde Prinz Carl von Dänemark, der sich den neuen Namen Håkon VII. gab. Als vierter Staat der Welt führte Norwegen bereits 1913 das Frauenwahlrecht ein.

Im Zweiten Weltkrieg setzte der Staat zunächst auf Neutralität, wurde jedoch 1940 von Deutschland angegriffen und besetzt. Nach Kriegsende erlebte Norwegen dank seines Rohstoffreichtums einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung. 1969 wurde erstmals Erdöl vor der Küste gefunden, das Norwegen zu einem der reichsten Länder der Welt machen sollte. 1972 und 1994 wurde in Volksabstimmungen ein Beitritt zur EU abgelehnt.

Norwegen heute

Obwohl Norwegen bis heute kein offizielles EU-Mitglied ist, bestehen enge wirtschaftliche Verbindungen. So ist der Staat Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) und über die Nordische Passunion Teil der Schengen-Zone. Seit 2001 belegt Norwegen beim Index der menschlichen Entwicklung der Vereinten Nationen fast durchgängig den ersten Platz. Nur zwei Mal (2007 und 2008) musste es die Spitzenposition an Island abtreten.

Die Öl- und Erdgasvorkommen in der Nordsee bilden das wirtschaftliche Rückgrat des Landes. Die Einnahmen fließen in einen staatlichen Pensionsfonds, der heute etwa 850 Milliarden Euro wert ist. Große Teile der fossilen Brennstoffe gehen ins Ausland. Der norwegische Staat treibt eine klimafreundliche, nachhaltige Politik voran, die Elektroautos massiv fördert. E-Autos können im öffentlichen Bereich kostenlos parken und Ökostrom kostenlos tanken. Perfekt ist das Land jedoch nicht: Seit Jahren steht Norwegen aufgrund des kommerziellen Walfangs am Pranger der Naturschützer.

Norwegen und seine Politik

Norwegen ist eine konstitutionelle Monarchie mit einem König an der Spitze. Seit 1991 sitzt König Harald V. aus dem Haus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glückburg auf dem norwegischen Thron. Die Familie residiert im Königlichen Schloss von Oslo. Des Königs Aufgaben sind in erster Linie repräsentativ. Politik wird im Parlament (Storting) gemacht, das seit 2009 nur noch aus einer Kammer besteht.

Bei den letzten Parlamentswahlen 2017 konnte sich Ministerpräsidentin Erna Solberg von der konservativen Høyre-Partei („Rechte“) die Wiederwahl sichern. Sie führt aktuell eine Minderheitsregierung an.

Die Wahlergebnisse von 2017 im Überblick:

ParteiAnteil der Stimmen in Prozent… in Zahlen
Arbeiderpartiet27,4801.084
Høyre25,0732.888
Fremskrittspartiet15,2444.691
Senterpartiet10,3302.005
Sosialistik Venstreparti6,0176.221
Venstre4,4127.912
Kristelig Folkeparti4,2122.797
Miljøpartiet De Grønne3,294.787
Rødt2,470.525

Norwegen: Bevölkerung und Sprache

Etwa 82 Prozent der norwegischen Bevölkerung leben in den größeren Städten im Süden des Landes. Die Einwohnerzahl hat sich im 20. Jahrhundert verdoppelt und wächst durch Einwanderung weiter. Aufgrund des Fachkräftemangels lockt der Staat ausländische Facharbeiter mit üppiger Bezahlung an.

Im Norden lebt das indigene Volk der Samen mit etwa 100.000 Angehörigen. Es genießt hohe Autonomie und besitzt ein eigenes Parlament, das Sameting.

Die wichtigsten Einwanderergruppen in Norwegen:

RangLandPersonen
1Polen108.565
2Litauen46.868
3Schweden44.239
4Syrien31.958
5Deutschland25.287

Etwa 74,3 Prozent der Norweger sind Mitglieder der evangelisch-lutherischen Volkskirche, allerdings nehmen nur 10 Prozent regelmäßig an Gottesdiensten teil. Daneben gibt es eine kleine muslimische (2,7 Prozent) und eine katholische (2 Prozent) Minderheit.

Die norwegische Sprache ist eng mit Schwedisch und Dänisch verwandt. Dabei gibt es zwei verschiedene Schriftformen. Weitverbreiteter Standard ist Bokmål (Buchsprache), das sich aus dem Dänischen entwickelt hat. Mitte des 19. Jahrhunderts erfand der Sprachwissenschaftler Ivar Aasen das Nynorsk (Neunorwegisch), das von etwa 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung benutzt wird. Schüler lernen beides.

Neben Norwegisch gibt es einige Minderheitensprachen wie Samisch, Finnisch und Kvenisch, eine eng mit Finnisch verwandte Sprache.

Norwegen: Geografie und Städte

Die Geografie des Landes wird von der einzigartigen Atlantikküste mit ihren tiefen Fjorden und Inseln bestimmt. Die Küstenlinie alleine ist 29.000 Kilometer lang. Würden die Küsten aller Inseln mitgezählt, wäre sie sogar 100.000 Kilometer lang. An der nördlichen Spitze von Norwegen liegt der nördlichste Punkt des europäischen Festlandes, das vor allem von Kreuzfahrttouristen viel besuchte Nordkap. Noch weiter nördlich liegen die Inselgruppe Spitzbergen und Jan Mayen. Im Osten teilt sich Norwegen das skandinavische Gebirge mit Schweden. Der höchste Berg des Landes ist der 2.469 Meter hohe Galdhøpiggen im Gebirgszug Jotunheimen.

Der größte Teil der Bevölkerung lebt in den Ballungsgebieten südlich des Polarkreises. Die wichtigsten Städte im Überblick:

RangStadtEinwohnerzahl
1Oslo693.494
2Bergen283.929
3Trondheim205.163
4Stavanger143.574
5Bærum (bei Oslo)127.731

Wissenswertes über Norwegen

Touristisch ist Norwegen vor allem bei Kreuzfahrtliebhabern gefragt, die die einzigartige Fjordlandschaft per Schiff erkunden. Auch Wanderer, Radfahrer und im Winter Skiurlauber reisen in die norwegischen Berge. Die Hauptstadt Oslo bietet eine Fülle attraktiver Sehenswürdigkeiten und Museen, darunter das Munch-Museum mit Edvard Munchs berühmtem „Schrei“.

Eine Besonderheit ist das staatliche Alkoholmonopol: Getränke ab 4,8 Prozent dürfen nur in den Vinmonopolet genannten Geschäften erworben werden. Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit ist verboten.

Sportlich dominiert Norwegen in Wintersportarten wie Eishockey, Skispringen, Langlauf und Biathlon. Bereits seit 2011 ist der Norweger Magnus Carlsen Weltranglistenerster im Schach.

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