Paukenschlag im Vatikan: Papst Franziskus überrascht mit Zölibat-Schreiben

Lange warteten Reformer und Konservative auf eine klare Stellungnahme von Papst Franziskus zum Thema Zölibat. Nun kam sie.
- Papst Franziskus hat den Präfekten des Päpstlichen Hauses, den deutschen Erzbischof Georg Gänswein, beurlaubt.
- Hintergrund soll ein Aufsatz des emeritierten Papstes Benedikt XVI. zum Zölibat sein.
- Der Papst äußerte sich nun zu einer geforderten Lockerung des Zölibats.
Update vom 4. Mai 2020: Ex-Papst Benedikt macht erneut mit brisanten Äußerungen auf sich aufmerksam. In einer frisch erschienenen Biografie äußert er den Vorwurf, man wolle seine "Stimme ausschalten". Auch sein Nachfolger Papst Franziskus sorgt mit einem Instruktions-Schreiben aus dem Vatikan für Empörung.
Update vom 12. April 2020: Auch in der Corona-Krise erteilt Papst Franziskus den Ostersegen „Urbi et Orbi“. Allerdings wird bei der Feier vieles anders sein.
Update vom 13. Februar: Nach der überraschenden Erklärung von Papst Franziskus zum Zölibat muss er sich auch Kritik stellen. BR-Journalist Tilmann Kleinjung formuliert eine solche besonders scharf: Mit diesen Entscheidungen sei die „Kirche nicht zukunftsfähig“. Dabei spricht der Journalist vor allem noch ein anderes Thema an: Frauen in der Kirche. Für den ehemaligen Papst ging es nun überraschend nach Bayern. Papst Benedikt XVI ist zu Besuch in Regensburg.
Update vom 12. Februar, 13.26 Uhr: Nun hat sich auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, geäußert: Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet, erwartet der Münchner Erzbischof trotz des Verzichts von Papst Franziskus auf eine Stellungnahme zum Zölibat eine Fortsetzung der Debatte über die verpflichtende Ehelosigkeit der Priester. „Die Antwort bleibt offen, das ist richtig", sagte Marx am Mittwoch in Bonn zu dem vom Vatikan vorgestellten Abschlussdokument der Amazonassynode. In dieser hatte eine Zweidrittelmehrheit der Synodalen Ausnahmen vom Pflichtzölibat befürwortet, der Papst nahm dies im Abschlussdokument zur Synode aber nicht auf.
Marx über die Stellungnahme des Papstes: „Er macht hier keine Tür zu.“
Marx erklärte, das Papier entspreche damit dem, was der Papst auch sonst mache. Er wolle Prozesse des Denkens anregen. Denn es gehe hier auch um ein grundlegendes Problem, das über die Amazonasregion hinaus reiche. „Ich habe nicht den Eindruck, wenn ich das lese, dass der Papst das Thema vom Tisch nimmt“, sagte Marx.
Franziskus wolle vielmehr ausdrücken, es müsse weiter nachgedacht werden, auch über das Diakonat für Frauen. „Er macht hier keine Tür zu“, sagte Marx. Dabei räumte Marx allerdings ein, dass dies seine Interpretation des päpstlichen Schreibens sei.
Video: Benedikt XVI. greift Papst Franziskus an
Update vom 12. Februar, 12.10 Uhr: Papst Franziskus will das Zölibat nicht lockern. In seinem am heutigen Mittwoch (12.2.) veröffentlichtem Schreiben vermeidet er eine klare Aussage zur Öffnung der katholischen Kirche gegenüber verheirateten Priestern. Zuvor hatten die Teilnehmer einer Bischofssynode eine Lockerung des Zölibats gefordert.
Paukenschlag im Vatikan: Papst Franziskus entmachtet deutschen Erzbischof Gänswein
Update vom 6. Februar 2020: Am Tag nach dem Beben im Vatikan schreibt die italienische Zeitung „La Repubblica“ am Donnerstag:
„Dass es im Hofstaat des Papstes und in der römischen Kurie Duelle und Konflikte gibt, ist völlig menschlich. Aber es gibt mehr als ein Zeichen, dass es derzeit aus verschiedenen Gründen dort hart auf hart kommt. Ein Aspekt dabei sind unter anderem auch die Spannungen um den Synodalen Weg in Deutschland. (...)
Wenn der Papst Monsignore Gänswein (...) nun bittet, Benedikt XVI. besser zu unterstützen, damit niemand dessen Prestige ausnutzen könne, ist das auch ein Zeichen dafür, dass viele dort miteinander auf Kriegsfuß stehen. Dabei ist dieser Franziskus weder unvorsichtig noch eingeschüchtert: Diejenigen, die ihn kennen, werden nicht überrascht sein. Für die anderen ist es eine Warnung.“
Kirche/Vatikan: Papst Franziskus entmachtet deutschen Erzbischof Gänswein
Erstmeldung vom 5. Februar 2020: Rom/Vatikan - Papst Franziskus hat den Präfekten des Päpstlichen Hauses, Erzbischof Georg Gänswein, auf unbestimmte Zeit beurlaubt. Das meldet die katholische „Tagespost“ unter Berufung auf „Vatikankreise“.
Das kommt einer Entmachtung gleich: Die Präfektur des Päpstlichen Hauses ist unter anderem für Papstbesuche in- und außerhalb von Rom zuständig und organisiert die öffentlichen und privaten päpstlichen Audienzen.
Der Grund für die Beurlaubung sei „die unglücklich gelaufene Präsentation des Kleriker-Buchs“ des konservativen afrikanischen Kardinals Robert Sarah, zu dem Benedikt XVI. einen Aufsatz über den Zölibat beigesteuert hatte. Gänswein gilt als der wichtigste Vertraute des emeritierten deutschen Papstes.
Der Privatsekretär des emeritierten Papstes soll als Leiter der Präfektur, die für den Ablauf der öffentlichen Audienzen des Papstes zuständig ist, im Amt bleiben. Gänswein sei „aber freigestellt, um mehr Zeit Benedikt XVI. widmen zu können“.
Streit um Zölibat-Zitat: Benedikt XVI. rudert zurück
Der Aufsatz von Papst Benedikt XVI. über das katholische Priestertum hatte für Wirbel im Vatikan gesorgt. Die „Tagespost“ schreibt: „Die Aufmachung, die das Verlagshaus Fayard in Frankreich dem Buch gegeben hatte, erweckte im ersten Moment den Eindruck, beide – der emeritierte Papst und der Präfekt der Gottesdienstkongregation – wollten dem amtierenden Papst vorschreiben, wie er die von der Amazonas-Synode aufgeworfenen Frage der ‚viri probati‘ zu lösen habe.“
Die Synode hatte den Papst aufgefordert, verheiratete Männer mit vorbildlicher katholischer Lebensweise - soganannte "viri probati" - zu Priestern zu weihen und neue Ämter für Frauen einzurichten. Diese Idee ist laut dem Aufsatz des emeritierten Papstes allerdings ein Ding der Unmöglichkeit.
Wie die „Tagespost“ betont, sei der aufsehenerregende Aufsatz von Papst Benedikt XVI. für das Sarah-Buch in erster Linie eine theologische Abhandlung und keine Wortmeldung zu der Diskussion um „vviri probati“ gewesen: „Als das Buch dann ausgeliefert wurde, konnte man nachlesen, dass Benedikt in seinem Beitrag auf jede Einmischung in aktuelle Debatten verzichtet und über die pneumatologisch-christologisch Exegese des Übergangs des Priestertums vom Alten zum Neuen Bund geschrieben hatte.“
Vatika: Streit um Zölibat-Zitat - Benedikt XVI. rudert zurück
Auch das konservative katholische Nachrichtenportal „kath.net“ meldet unter Berufung auf Vatikan-Quellen, dass die Tätigkeit von Erzbischof Gänswein ausgesetzt wurde. Weiter meldet das Portal: „Das Gerücht darüber kursiert in Journalistenkreisen bereits seit Tagen. Bereits in den vergangenen Tagen trat Gänswein nicht mehr mit Papst Franziskus auf.“
Am Mittwoch meldete auch der BR-Reporter und ehemalige ARD-Vatikan-Korrespondent Tilmann Kleinjung auf Twitter, dass Gänswein schon bei den vergangenen Generalaudienzen des Papstes nicht mehr zu sehen war.
Vatikan: Amazonas-Synode - Zölibat beginnt zu bröckeln
Erst vor kurzem hatte es Gerüchte über einen Eklat im Vatikan zwischen Gänswein und dem Papst gegeben. Der italienische Autor Antonio Socci hatte am Mitte Januar auf seiner Facebook-Seite unter Berufung auf „glaubwürdige Quellen im Vatikan“ behauptet, dass Franziskus persönlich Gänswein zu sich gerufen habe und ihm „wütend“ befohlen habe, dass der Name Benedikts XVI. von der Titelseite des Sarah-Buchs „Aus den Tiefen unserer Herzen“ entfernt werden müsse. Der Papst, so meldete Socci, habe eine umfängliche und komplette Leugnung der Autorenschaft des emeritierten Papstes angeordnet.
Socci nannte auch einen Grund für den angeblichen Zorn des Papstes: „Tatsächlich hindert ihn diese machtvolle Erklärung von Benedikt XVI. daran, den kirchlichen Zölibat zu zertrümmern, wie er es mit dem nächsten nach-synodalen Schreiben beabsichtigt hatte.“
Soccis Fazit: „Es ist eine sehr hässliche Geschichte klerikaler Arroganz, die letztlich darauf abzielt, Benedikt XVI. mundtot zu machen.“
Nach diesem Facebook-Posting sah Gänswein sich immerhin genötigt, der „Tagespost“ eine Erklärung abzugeben: Der Bericht des Journalisten Socci sei „frei erfunden“ und „alles gelogen“, Papst Franziskus habe sich bei den Begegnungen mit ihm während dieser Woche „mit keinem Wort“ zu dem Zölibats-Buch geäußert.
Der italienische Journalist schrieb weiter, dass schließlich mit Benedikt XVI. die Kompromiss-Lösung gefunden worden sei, aus der Nennung des emeritierten Papstes als Mitautor die Formulierung „Mit einem Beitrag von Benedikt XVI.“ zu machen, da Joseph Ratzinger seinen Privatsekretär vor der „südamerikanischen Rache“ schützen wollte. Womit unmissverständlich der argentinische Papst Franziskus gemeint war. Auch diese Behauptung dementierte Gänswein.
Aufgrund der Kontroverse um den Aufsatz des emeritierten Papstes veröffentlichte Kardinal Sarah seinerseits auf Twitter einen Briefwechsel um zu belegen, dass Benedikt XVI. seine Zustimmung zu der Co-Autorenschaft gab.
Der mittlerweile beurlaubte Präfekt des Päpstlichen Hauses wird derzeit bei den öffentlichen Audienzen des Papstes von dem Regenten der Präfektur, Leonardo Sapienza, vertreten. Wann Gänswein seine Tätigkeit in der Präfektur wieder aufnehmen wird, ist laut „Tagespost“ ungewiss.
fro