Koma-Patient Vincent Lambert durfte sterben

Koma-Patient Vincent Lambert ist tot. Nach einem langen Rechtsstreit wurden die lebenserhaltenden Maßnahmen eingestellt.
Update vom 11. Juli 2019: Der französischer Koma-Patient Vincent Lambert ist tot, berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Nach jahrelangem Rechtsstreit starb der 42-Jährige am Donnerstagmorgen in der Uniklinik in Reims, wie seine Familie der AFP mitteilte. Die Ärzte hatten die künstliche Ernährung vor gut einer Woche gegen den Widerstand der Eltern eingestellt. Um das Leben des 42-Jährigen rangen die Mediziner und die Familie gut sechs Jahre lang vor Gerichten.
- September 2008: Bei einem Autounfall erleidet der 32 Jahre alte Krankenpfleger Vincent Lambert schwere Kopfverletzungen. Er ist querschnittsgelähmt und befindet sich seitdem in einem vegetativen Zustand - in einer Art Wachkoma.
- April 2013: Die Uniklinik Reims stoppt erstmals die künstliche Ernährung. Lamberts Frau Rachel und Teile der Familie haben angegeben, dass er keine lebenserhaltenden Maßnahmen wünschte - eine schriftliche Verfügung von ihm gibt es allerdings nicht.
- Mai 2013: Ein von den streng katholischen Eltern und anderen Familienmitgliedern angerufenes Gericht ordnet die Wiederaufnahme der künstlichen Ernährung an.
- Juni 2015: Das europäische Menschenrechtsgericht in Straßburg bestätigt diese Entscheidung.
Juli 2015: Die Uniklinik Reims kündigt erneut das Ende der künstlichen Ernährung an. Sie nimmt dann aber doch wieder davon Abstand.
- April 2018: Die Ärzte sprechen sich erneut für ein Ende der lebenserhaltenden Maßnahmen aus. Ein von den Eltern angerufenes Verwaltungsgericht ordnet eine neue Expertise an.
- November 2018: Die Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass Lamberts Zustand "nicht mehr rückgängig zu machen" ist.
- Januar 2019: Das Verwaltungsgericht in Châlons-en-Champagne billigt das Ende der künstlichen Ernährung. Der Staatsrat und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg bestätigen diese Entscheidung.
- Mai 2019: Die Ärzte beenden erneut die künstliche Ernährung Lamberts. Das Pariser Berufungsgericht ordnet jedoch überraschend an, dass die lebenserhaltenden Maßnahmen wieder aufgenommen werden müssen.
- Juni 2019: Der Kassationshof als oberste französische Instanz annulliert das Urteil des Berufungsgerichts und macht endgültig den Weg für das Ende der künstlichen Ernährung frei.
- 2. Juli 2019: Die Ärzte der Uniklinik Reims beenden die Behandlung - zum dritten Mal seit 2013.
- 11. Juli: Lambert stirbt im Alter von 42 Jahren.
Koma-Patient: Arzt möchte künstliche Ernährung für Vincent Lambert erneut einstellen
Update vom 2. Juli 2019: Die lebenserhaltenden Maßnahmen für den französischen Koma-Patienten Vincent Lambert werden erneut eingestellt. Das Verfahren zur Einstellung der Behandlung beginne am Dienstag, teilte der behandelnde Arzt Vincent Sanchez von der Uniklinik Reims der Familie Lamberts mit, wie aus informierten Kreisen verlautete. Das oberste Gericht Frankreichs hatte am Freitag den Weg für die Einstellung der lebenserhaltenden Maßnahmen freigemacht.
Koma-Patienten Vincent Lambert: Gericht trifft schwerwiegende Entscheidung
Update vom 28. Juni 2019: Frankreichs bekanntester Wachkoma-Patient Vincent Lambert kann nach einem jahrelangen Rechtsstreit nun wohl doch bald sterben. Frankreichs höchstes Gericht hat am Freitag den Weg für einen erneuten Behandlungs-Stopp freigemacht, wie französische Medien übereinstimmend unter Berufung auf den Anwalt der Ehefrau von Lambert berichteten. Für ein Ende der Behandlung gebe es ab sofort kein rechtliches Hindernis mehr, sagte Anwalt Patrice Spinosi nach der Verhandlung vor TV-Kameras.
Lambert ist vor rund zehn Jahren bei einem Verkehrsunfall verunglückt und hatte sich schwer am Kopf verletzt. Er befindet sich seitdem in einem vegetativen Zustand. Die katholischen Eltern wollen den Tod ihres Sohnes mit aller Macht verhindern und haben sich in Frankreich durch sämtliche Instanzen geklagt. Sie scheiterten dort immer wieder und auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Urteil in letzter Sekunde: Komapatient soll weiter am Leben gehalten werden
Update vom 21. Mai 2019: Hunger und Durst haben „nur“ einen Tag angedauert. Dann hat ein Pariser Berufungsgericht Frankreichs per Eilverfahren berühmtesten Komapatienten erlöst - oder zu weiteren Qualen verdammt. Je nach Sichtweise auf diesen Fall. Leben oder sterben, was das für Vincent Lambert bedeutet, darüber streiten seine Familie, Anwälte, Gerichte, ganz Frankreich, und das seit Jahren.
Das Berufungsgericht berief sich auf Forderungen des UN-Ausschusses zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen. Die Behörden sollten nun „alle notwendigen Maßnahmen“ ergreifen, um Lambert am Leben zu erhalten, hat das Gericht angeordnet.
Komapatient: Das juristische Tauziehen um passive Sterbehilfe geht weiter
Das nationale Tauziehen um Leben und Tod geht also weiter. Auf Twitter prallen die unterschiedlichen Sichtweisen aufeinander „On a gagné“ - „Wir haben gewonnen“, kommentiert die Bewegung „Ich unterstütze Vincent“.
Eine Userin schreibt: „Ein Sieg für die Menschenwürde“
Andere wie diese Userin kritisieren, dass Lambert nun dazu gezwungen sei, sein Leid weiter zu ertragen:
Zuvor hatten sämtliche, gerichtliche Instanzen, sogar der Europäische Gerichtshof für Menschen den Ärzten recht gegeben, die es unverhältnismäßig sehen, Lambert weiter am Leben zu erhalten. Sie hatten Forderungen des UN-Ausschusses auch nicht als schlagkräftiges Argument, sondern mehr als Empfehlungen angesehen. Auch Präsident Emmanuel Macron wies die Bitte der Eltern um ein Machtwort ab.
Dieser Mann soll sterben - obwohl seine Eltern es verhindern wollen
Erstmeldung vom 18. Mai 2019: Reims - In der Uniklinik von Reims in Ostfrankreich wollen die Ärzte in der kommenden Woche die künstliche Ernährung von Vincent Lambert beenden - gegen den erbitterten Widerstand der Eltern, die für das Leben ihres Sohnes durch alle Instanzen gegangen sind. Der heute 42-Jährige liegt seit einem Motorradunfall vor gut zehn Jahren in einer Art Wachkoma.
„Ich unterstütze Vincent“: Protestaktion am Sonntag
Die Eltern des früheren Krankenpflegers wollen bis zuletzt auf die Barrikaden gehen: Unter dem Motto "Ich unterstütze Vincent" hat seine Mutter Viviane für Sonntag eine Protestaktion vor dem Krankenhaus in Reims angekündigt. "In Frankreich sollte im Jahr 2019 niemand an Hunger und Durst sterben", erklärt die 73-Jährige, die wie ihr 90-jähriger Mann Pierre streng katholisch ist.
Unterstützung bekommen die Eltern von der Kirche: Der Erzbischof von Reims, Eric de Moulins-Beaufort, rief die Behörden auf, "nicht den Weg der Euthanasie zu gehen".
Der Rechtsstreit schwelt schon seit rund sechs Jahren und hat die Eltern von Vincent Lambert bis vor die höchsten Instanzen Frankreichs und des Europarats geführt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg lehnte Ende April bereits zum zweiten Mal ihren Einspruch gegen das Vorhaben der Ärzte ab. Zuvor hatte auch der französische Staatsrat als oberstes Verwaltungsgericht im Sinn der Mediziner entschieden.
Fall Vincent Lambert entzweit auch die Familie
Der Fall Vincent Lambert entzweit nicht nur Ärzte und Eltern, sondern auch die Familie: Lamberts Frau sowie mehrere Geschwister des Wachkoma-Patienten sind dagegen, die lebenserhaltenden Maßnahmen fortzusetzen. Die Ärzte lassen offen, wann genau in der kommenden Woche sie die künstliche Ernährung beenden wollen. Lambert dürfte dann wenige Tage später sterben.
Ob Vincent Lambert von dem Streit um sein Leben etwas mitbekommt, ist ungewiss. Er ist seit seinem Unfall querschnittsgelähmt, die Ärzte bezeichnen seinen Zustand als vegetativ. Laut einem Gutachten vom November hat er "keinen Zugang mehr zu seinem Bewusstsein".
Nach einem furchtbaren Vorfall, der im Video festgehalten wurde, ist ein Rentner gestorben.
AFP/sob