1. Startseite
  2. Welt

Rumänien: Geschichte, Politik, Bevölkerung und Geografie

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

Die als «Dracula-Schloss» bekannte Burg Bran in den Südkarpaten.
Obwohl Vlad III. nie dort lebte, vermarktet sich Schloss Bran bei Braşov bis heute als „Dracula-Schloss“ und hat sich damit zu einer der meistbesuchten Touristenattraktionen in Rumänien entwickelt. © picture-alliance/ dpa | epa Robert Ghement

Rumänien ist ein relativ junger Staat, der aus den drei Fürstentümern Moldau, Walachei und Siebenbürgen hervorging. Nach einem schwierigen 20. Jahrhundert sucht das Land heute Anschluss an den demokratischen Westen Europas.

Bukarest – Der Zusammenbruch des kommunistischen Ostblocks läutete in Rumänien 1989 den Sturz des Diktators Ceaușescu ein. Seither hat sich das Land zum europäischen Westen orientiert und trat der EU bei. Allerdings leidet der Staat stark unter Korruption und einem damit verbundenen Reformstau.

Rumänien: Das Erbe der Römer

Im heutigen Rumänien wurden einige der ältesten humanoiden Fossilien Europas gefunden. Der griechische Geschichtsschreiber Herodot erwähnte bereits 440 v. Chr. das Volk der Daker und der Geden, die am Donauufer siedelten. Das Gebiet wurde nach der Eroberung durch die Römer zur römischen Provinz Dacia, die anschließend mehrmals unterteilt wurde. Nach dem Zerfall des Römischen Reiches drängten zahlreiche andere Völker in die Region.

Ab dem 6. Jahrhundert gehörte das heutige Rumänien zum Bulgarischen Reich, das die kyrillische Schriftsprache einführte. Zur gleichen Zeit erfolgte die Christianisierung des Landes. Seit Jahrhunderten streiten Wissenschaftler darüber, ob aus den romanisierten Dakern das Volk der Rumänen hervorging, das dem Land den Namen Romania gab, oder ob diese erst später in die Region einwanderten.

Rumänien im Mittelalter: Die Fürstentümer

Die Geschichte des Landes war über viele Jahrhunderte von der Geografie geprägt: Die Karpaten stellten eine natürliche Grenze zwischen den drei Fürstentümern dar, die sich später zu Rumänien vereinigen würden. Im Mittelalter gehörte die gesamte Region zum Reich der ungarischen Großfürsten, ehe zunächst Basarab I. zu Beginn des 14. Jahrhunderts das unabhängige Fürstentum Walachei südlich der Karpaten gründete. Im Osten entstand kurz darauf das Fürstentum Moldau unter Bogdan I.

Lediglich das Fürstentum Siebenbürgen blieb Teil des ungarischen Reiches. Hier dominierten die seit dem 12. Jahrhundert eingewanderten „Siebenbürger Sachsen“, die der katholische König Stephan II. von Ungarn ins Land gerufen hatte und die tatsächlich größtenteils aus den Bistümern Köln, Trier und Lüttich stammten und nicht aus Sachsen. Die ursprüngliche rumänische Bevölkerung, die dem orthodoxen Christentum angehörte, besaßen weniger Rechte und waren Bürger zweiter Klasse.

Rumänien und Graf Dracula

Seit dem 14. Jahrhundert dehnte sich das Osmanische Reich immer weiter über den Balkan aus. Vom Westen her nahm das Königreich Ungarn den Kampf gegen die Türken auf. Zu den Verbündeten gehörte der Herrscher der Walachei, Fürst Vlad III., der den Beinamen Drăculea trug. Er zeichnete sich in den Kriegen gegen die Osmanen durch besondere Brutalität aus und erhielt aufgrund seiner bevorzugten Hinrichtungsmethode den weiteren Beinamen „Der Pfähler“.

Jahrhunderte später diente er dem irischen Schriftsteller Bram Stoker als Inspiration für die wohl berühmteste Romanfigur von Rumänien überhaupt: den Vampirgrafen Dracula. Obwohl Vlad III. nie dort lebte, vermarktet sich Schloss Bran bei Braşov bis heute als „Dracula-Schloss“ und hat sich damit zu einer der meistbesuchten Touristenattraktionen in Rumänien entwickelt.

Rumänien wird unabhängig

Mit dem Niedergang des Königreichs Ungarn verloren die Fürstentümer von Rumänien den wichtigsten Verbündeten und mussten große Gebiete an das Osmanische Reich abtreten. Im Westen erhoben die Habsburger Besitzansprüche und im Norden an der Schwarzmeerküste das russische Zarenreich. Ein Wendepunkt der rumänischen Geschichte war das Jahr 1848, als es in allen drei Fürstentümern zu Revolutionen kam und eine Vereinigung des Landes gefordert wurde.

Die Konferenz von Paris 1856 ließ diesen Wunsch Realität werden. Allerdings blieb der östliche Teil des Fürstentums Moldau endgültig bei Russland. Aus ihm sollte später die Republik Moldau hervorgehen. 1861 wurde das unabhängige Fürstentum Rumänien mit Fürst Alexandru Ioan I. als Herrscher proklamiert. Er wurde jedoch nur fünf Jahre später wieder abgesetzt und durch den deutschen Prinzen Karl von Hohenzollern-Sigmaringen ersetzt, der als Carol I. den Thron bestieg. Rumänien war in dieser Zeit stark nach Westen orientiert, die neue Hauptstadt Bukarest wurde nach dem Vorbild von Paris modernisiert. Sie wurde anschließend lange Zeit als „Paris des Ostens“ gerühmt.

Rumänien im 20. Jahrhundert

Der Zerfall der großen Reiche nach dem Ende des Ersten Weltkriegs führte auf dem Balkan zu einer Neuordnung der Grenzen. Der rumänische Staat konnte seine Fläche dabei fast verdoppeln. Im Zweiten Weltkrieg wandte sich Rumänien Nazi-Deutschland zu und wurde zur Militärdiktatur. Der letzte König, Carol II., ging 1940 ins Exil. Nach Kriegsende wurde Rumänien Teil des sowjetischen Einflussbereiches und etablierte den Kommunismus.

1965 rief Nicolae Ceaușescu, Generalsekretär der KP, die Sozialistische Republik Rumänien aus, die sich immer mehr zu einer Diktatur mit ausgeprägtem Personenkult entwickelte. 1989 kam es nach der politischen Wende in der DDR auch in Rumänien zu Aufständen. Ceaușescu wurde festgenommen und von einem Militärgericht zum Tode verurteilt.

Rumänien heute: Politik

Nach dem Ende der Sowjetunion orientierte sich Rumänien erneut zum europäischen Westen hin. 2004 trat der Staat der NATO bei, 2007 der Europäischen Union.

Die Politik des Landes wird vom Parlament bestimmt, das aus der Abgeordnetenkammer mit 329 Sitzen und dem Senat mit 136 Sitzen besteht. Den höchsten Rang im Staat hat der Präsident inne, der direkt vom Volk gewählt ist. Seit Dezember 2014 bekleidet Klaus Johannis, ehemaliger Bürgermeister von Hermannstadt und Vorsitzender der liberal-konservativen Partidul Național Liberal (PNL), dieses Amt (2020).

Rumänien: Bevölkerung und Sprache

In Rumänien leben heute rund 19,87 Millionen Menschen, wobei die Bevölkerung aufgrund der Abwanderung ins Ausland und des Geburtendefizits leicht rückgängig ist. Die meisten Rumänen wanderten nach Italien, Spanien, Großbritannien und Deutschland aus. Fast die Hälfte der Bevölkerung (46 Prozent) lebt in ländlichen Regionen. Aufgrund der wechselvollen Geschichte leben in Rumänien zahlreiche verschiedene Bevölkerungsgruppen. Die wichtigsten im Überblick:

RangEthnische ZugehörigkeitBevölkerungszahlProzentualer Anteil
1Rumänisch16.92.86888,9
2Ungarisch1.227.6236,1
3Roma621.5733,0
4Ukrainisch50.9200,2
5Deutsch36.0420,2

Vor allem die Zahl der deutschsprachigen Siebenbürger Sachsen ist seit dem Zweiten Weltkrieg durch Vertreibung und Spätaussiedlung stark gesunken. 1930 lebten 745.421 ethnische Deutsche in Rumänien, 1948 noch 343.913 und heute noch 36.042.

Einzige Amtssprache ist Rumänisch, das bis 1862 in kyrillischer Schrift geschrieben wurde. In Regionen mit hohem ungarischem Bevölkerungsanteil ist Ungarisch offizielle zweite Sprache. Rund 86,7 Prozent der Bevölkerung gehören der rumänisch-orthodoxen Kirche an, der Rest verteilt sich auf zahlreiche protestantische Gruppen und Katholiken.

Rumänien: Geografie und Städte

Die Geografie des Landes wird vom Bergmassiv der Karpaten bestimmt, das die drei historischen Landschaften trennt. Die walachische Tiefebene zwischen Karpaten und Donau wird intensiv landwirtschaftlich genutzt und als Kornkammer Europas bezeichnet. Höchster Berg ist der 2.544 Meter hohe Moldoveanu in den Südkarpaten.

Die größten Städte von Rumänien im Überblick:

RangNameBevölkerungszahl (Stand 2011)
1Bukarest1.883.425
2Cluj-Napoca324.576
3Timişoara319.279
4Iaşi290.422
5Constanța283.872

Rund 10 Prozent der Bevölkerung leben im Großraum Bukarest. Insbesondere junge Menschen ziehen in großer Zahl aus den ländlichen Gebieten in die Städte, wodurch auf dem Land die Überalterung zunimmt.

Rumänien: Wissenswertes

Obwohl Rumänien über reiche Bodenschätze verfügt, leidet die Wirtschaft unter Korruption, Reformstau und dem „Brain Drain“, der Auswanderung junger, gut ausgebildeter Menschen. Zu den bekanntesten rumänischen Marken gehört der Autohersteller Dacia.

Der Tourismus steckt in Rumänien noch in den Kinderschuhen. Vor allem Naturliebhaber zieht es in die weitgehend unberührten Karpaten. Auch die rumänische Schwarzmeerküste gewinnt zunehmend an Beliebtheit. Das Projekt eines „Dracula-Freizeitparks“ bei Sighişoara scheiterte am Widerstand der örtlichen Bevölkerung.

Auch interessant

Kommentare