Sarajevo: Die Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina

Mit rund 300.000 Einwohnern (Stand: 2013) und durch ihre wirtschaftliche und politische Bedeutung ist Sarajevo die einzige Metropole des Balkanstaats.
Sarajevo – Das Zentrum von Bosnien und Herzegowinas Hauptstadt liegt etwa 500 Meter über dem Meeresspiegel, während die umliegenden Stadtteile teilweise 900 Meter erreichen. Sarajevo befindet sich in einer Ebene, umgeben vom Dinarischen Gebirge. Die bewaldeten Berge sind bis zu 2000 Meter hoch. Durch die Stadt fließt der Fluss Miliacka. In der Stadt treffen viele Kulturen und religiöse Gruppierungen aufeinander.
Sarajevo – Entstehung, Entwicklung
1238/39 wurde erstmals eine slawische Siedlung mit dem Namen Vrhbosna in einer Urkunde des kroatisch-ungarischen Königs Béla IV. im Zusammenhang mit der Errichtung der Sankt-Peter-Kathedrale erwähnt. Ein türkischer Statthalter namens Saray ließ sich gegen Ende des 15. Jahrhunderts am Ufer des Flusses Miliacka nieder. Dieser wurde kurz darauf der Namensgeber für die sich rasch entwickelnde Stadt Sarajevo.
Nach Ende des Ersten Weltkriegs im Jahr 1918 wurde Sarajevo mit Bosnien dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen zugeteilt. 1945 nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Sarajevo die Hauptstadt der Teilrepublik Bosnien und Herzegowina im Staat Jugoslawien. Nach dem Zerfall Jugoslawiens unterzeichnete Präsident Alija Izetbegovic am 3. März 1992 die Unabhängigkeitserklärung und Sarajevo wurde die Hauptstadt des souveränen Staates Bosnien und Herzegowina. Kurz darauf brach der dreijährige Bosnienkrieg (1992-1995) aus.
Sarajevo – bekannt durch drei Ereignisse
- 1. Das Attentat von Sarajevo auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand am 28. Juni 1914, der von dem serbischen Nationalisten Gavrilo Princip ermordet wurde. Dieses Ereignis war Hauptauslöser für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs.
- 2. Die Austragung der Olympischen Winterspiele im Jahr 1984.
- 3. Während des Bosnienkriegs von 1992 bis 1995 kam es zur Belagerung durch die Truppen der Vojska Republike Srpske (bosnisch-serbische Armee). Die Belagerung begann am 5. April 1992 und dauerte 1425 Tage. Rund 10.000 Menschen starben, davon waren 1601 Kinder.
Sarajevo– Stadt, Wirtschaft Kultur, Bildung
Die Hauptstadt Sarajevo setzt sich aus vier Gemeinden mit eigener Verwaltung zusammen. Ihnen steht seit April 2021 die Bürgermeisterin Benjamina Karic vor. Der Stadtrat mit 28 Abgeordneten fungiert als Legislative.
Vor 1992 war Sarajevo das Industrie- und Handelszentrum von Bosnien und Herzegowina. Die Wirtschaft Sarajevos hat unter dem Bosnienkrieg sehr gelitten. Jedoch hat sie sich in den vergangenen Jahren wieder gut erholt. Seit 1997 ist die Hauptstadt Sitz der neu gegründeten Zentralbank und der größten Börse von Bosnien und Herzegowina.
Sarajevo – die Menschen, Religionen
Gemäß einer Volkszählung im Jahr 2013 setzten sich die Einwohner Sarajevos wie folgt zusammen:
- Bosniaken: 80,7 Prozent
- Kroaten: 4,9 Prozent
- Serben: 3,8 Prozent
- andere Zugehörigkeit: 8,2 Prozent
In Sarajevo leben die Anhänger der verschiedensten Religionen eng zusammen, so stehen auch die Kirchen, Synagogen und Moscheen nahe beieinander. Die Hauptstadt ist Sitz des Erzbischofs der Römisch-Katholischen Kirche, des Metropoliten der Serbisch-Orthodoxen Kirche und des Großmuftis der Bosnisch-herzegowinischen Muslime. In Sarajevo befindet sich die größte Moschee des Balkans, die König-Fahd-Moschee.
Sarajevo – Geschichte
Sarajevo hat sich seit dem Kriegsende im Jahr 1995 stark verändert. Es gibt keine Unruhen mehr. Bosnien und Herzegowina gilt als ein sicheres Land. Sarajevo ist ein Vorzeigebeispiel dafür, wie West- und Ostkultur harmonieren können. Sarajevo hat in den vergangenen Jahrhunderten vieles erlebt, hatte immer wieder andere Regierungen, war Teil Österreich-Ungarns, nach dem Zweiten Weltkrieg Teil der Sozialistischen Republik Bosnien und Herzegowina und hat trotz allem seinen Weg zu einem demokratischen Staat gefunden. Nach der Zeit als Gastgeber der Olympischen Winterspiele im Jahr 1984 erlebte die Stadt einen enormen Aufschwung.
Sarajevo– Infrastruktur
Die Hauptstadt ist durch sieben große Fernstraßen mit anderen Landesteilen verbunden. Sie gilt als das Zentrum des bosnischen Straßenverkehrs. Seit 1885 gibt es die Straßenbahn Sarajevo. Daneben fahren noch mehrere verschiedene Buslinien. Die Trebevic-Seilbahn wurde nach dem Bosnienkrieg im Jahr 2018 wiedereröffnet. Mit ihr gelangt man vom Stadtteil Bistrik auf den Hausberg Trebevic. Im Stadtteil Dobrinja befindet sich der internationale Flughafen Sarajevo. Dieser wurde am 2. Juni 1969 eröffnet. In den Jahren 1992 bis 1996 wurde er ausschließlich als Militärflughafen genutzt. Hier wurde die humanitäre Hilfe für Sarajevo, ausländische Politiker, Diplomaten, Journalisten und Einwohner mit UN- oder Presseausweisen abgefertigt. Heute gibt es geregelte Verbindungen zu zahlreichen Großstädten wie Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Köln, München, Zürich, Wien, Kopenhagen, Belgrad, Ljubljana, Zagreb, Istanbul oder Budapest.
Sarajevo – der Flughafen zur Zeit des Bosnienkriegs
In der Nacht vom 4. zum 5. April 1992 wurde der Flughafen im Bosnienkrieg von bosnischen Serben belagert. Im Juni 1992 übernahm der UNPROFOR den Flughafen. UNPROFOR, die United Nations Protection Force, wurde die Schutztruppe der Vereinten Nationen genannt. Diese Friedenstruppe, die vom UN-Sicherheitsrat eingesetzt wurde, agierte in den von serbischen Truppen gehaltenen Gebieten von Bosnien und Herzegowina und Kroatien. Zur Sicherung des Waffenstillstands in den Jugoslawienkriegen, der unter der Vermittlung von Cyrus Vance, dem Unterhändler der UN, eingehalten wurde, ist UNPROFOR vom UN-Sicherheitsrat beschlossen worden. Die UNPROFOR organisierte mehrmals während des Bosnienkriegs Ziviltransporte über den Flughafen. Durch den Bosnienkrieg von 1992-1995 erlitt der Flughafen erhebliche Beschädigungen. 1996 erfolgte wieder die Freigabe für den zivilen Luftverkehr. Im Jahr 2001 wurde der Flughafen von Grund auf saniert. In der Kategorie „Flughafen unter 1 Million Passagiere“ bekam der Flughafen vom Airport Council International im Juni 2005 die Auszeichnung „Bester europäischer Flughafen“.
Sarajevo – Massaker von Srebrenica
In dem rund 225 Kilometer von Sarajevo entfernten Srebrenica marschierten am 11. Juli 1995 serbische Truppen unter dem Kommando von General Ratko Mladić ein. Sie begingen ein Massaker an der Zivilbevölkerung. Den Vereinten Nationen mit ihrer Friedenstruppe UNPROFOR gelang es nicht, die Menschen in Srebrenica vor den Verbrechen zu schützen. Die Schutztruppen taten nichts Wesentliches, um diese Kriegsverbrechen zu verhindern. Bei diesem skrupellosen Einsatz wurden etwa 8.000 bosnische Moslems getötet. Der UN-Sonderberichterstatter Tadeusz Mazowiecki hielt diese Gräueltaten in einer Dokumentation fest.
Sarajevo – klimatische Bedingungen
Die Sommer in Sarajevo sind weitgehend warm mit Tagestemperaturen von 21 bis 28 Grad von Mai bis September. Dagegen sind die Wintermonate oft sehr kalt und schneereich. Am meisten regnet es in den Monaten Juni und November. Da noch viele Einwohner mit Kohle und Holz heizen, kommt es in den Wintermonaten, auch wegen der Lage Sarajevos in einem Talkessel zu Feinstaubwerten, die die festgelegten Grenzwerte der EU um bis zu einem Zehnfachen übersteigen.
Stadt – Bildung, Kultur
Seit den 40er Jahren gibt es die Universität Sarajevo. Ungefähr 40.000 Studenten leben in der Hauptstadt. Sarajevo hat kulturell viel zu bieten. Es gibt dort zahlreiche Museen, Theater und andere Kultureinrichtungen. Dazu gehören unter anderem:
- das Nationalmuseum von Bosnien und Herzegowina aus dem 19. Jahrhundert (seit September 2015 wieder geöffnet)
- die Nationalbibliothek
- das Historische Museum von Bosnien und Herzegowina (erbaut 1963)
- die Gazi-Husrev-Beg-Moschee (erbaut 1531)
- die Kaisermoschee aus dem Jahre 1566
- die Römisch-Katholische Kathedrale von 1889
- die Akademie der Bildenden Künste (ehemals evangelische Kirche) aus dem 19. Jahrhundert
- die Lateinerbrücke (dort ereignete sich das Attentat auf Franz Ferdinand)
- das Museum Sarajevo 1878-1918 (Geschichtsmuseum)
- der Sebilj-Brunnen, das Wahrzeichen der Stadt
- der Sarajevo Tunnel (im Bosnienkrieg eine sichere Verbindung nach außen; vor seiner Fertigstellung im Jahr 1993 konnten die Einwohner Sarajevos die belagerte Stadt nur über die Start- und Landebahn des Flughafens verlassen.)
Sarajevo gilt schon seit langem als Wiege der jugoslawischen Rockmusik. Zahlreiche populäre Rockbands haben ihren Ursprung in der bosnischen Hauptstadt.
Sarajevo – Besonderheiten
Zum Gedenken an die Verstorbenen im Bosnienkrieg wurden in der Stadt Löcher im Asphalt, die im Krieg durch Granateinwirkungen entstanden sind, mit getrocknetem rotem Harz ausgegossen.
Die traditionellen Gerichte, die man in Sarajevo fast an jeder Ecke kaufen kann, sind Cevapcici, Burek und Doma. In der lebendigen Altstadt sind zahlreiche Kneipen, Kaffeehäuser, kleine Teestuben und Shisha-Bars zu finden. Der Kaffee wird ziemlich stark zubereitet. Daneben gibt es auch das Sarajevsko Pivo. Dieses Bier hat für die Menschen in Sarajevo einen besonderen emotionalen Wert, da die zugehörige Brauerei die Menschen während des Bosnienkriegs nicht hauptsächlich mit Bier, sondern dank einer Wasserquelle mit Wasser versorgte.