Reiseziel vieler Deutscher
Meteorologe warnt vor „extremem Dürre-Sommer“ in Italien – Ferienziele betroffen
- VonPatrick Mayerschließen
Laut einem Meteorologen steht Italien vor dem nächsten Dürre-Sommer. Die Auswirkungen sind im Urlaubsland schon jetzt dramatisch – zum Beispiel am Gardasee.
München/Sirmione/Rom - Dolce Vita, Spaghetti Carbonara und schnuckelige Städtchen: Jahr für Jahr verbringen Millionen Deutsche ihren Urlaub in Italien. Das war selbst im Corona-Sommer 2020 so.
Reisen nach Italien: Im Sommer droht dem Urlaubsland eine „extreme Dürre“
Alto Adige (Südtirol), Gardasee, Adriaküste mit Venedig, die Toskana mit Florenz, das Latium mit Rom oder die Amalfi-Küste am Golf von Neapel – die Reiseziele sind vielfältig und vielerorts malerisch schön.
In den vergangenen Jahren erfreute sich beispielsweise so auch die italienische Riviera in Ligurien mit Portofino und den Cinque Terre steigender Beliebtheit. Selbst die in Deutschland eher unbekannte Region Marken hat sich in den Fokus gedrängt, zum Beispiel mit der Riviera del Conero. All jenen Ferienzielen droht aber nun genau das, was viele Gegenden Italiens schon 2022 erlebt haben: „extreme Dürre“ und massiver Wassermangel im Sommer.
Das sagte der bekannte Meteorologe Dominik Jung voraus – und reihte sich damit in gleichlautende Prognosen ein. „Insgesamt brachte der Winter 2022/23 besonders im Süden von Deutschland deutlich zu wenig Niederschlag. Das betrifft auch die Alpen. Selten zuvor ist ein Winter in den Alpen so schneearm gewesen wie diese Winter“, erklärte Jung in einer Video-Analyse für das Portal wetter.net: „In vielen Regionen von Frankreich und Italien könnte dieser Dürre-Winter einen extremen Dürre-Sommer zur Folge haben. Das dürfte in diesem Jahr noch richtig interessant werden. Im Winter fielen einfach nicht die notwendigen Niederschläge. Schon jetzt ist die Trockenheit extrem.“
Dürre in Italien: Von den Alpen über Ligurien bis nach Sizilien
In Zahlen: In den italienischen Alpen ist in den vergangenen Monaten 53 Prozent weniger Schnee gefallen als im langjährigen Durchschnitt, teilte die Umweltorganisation „Legambiente“ zuletzt mit. Im Becken des Po, des größten Flusses des Landes, seien die Niederschläge sogar um 61 Prozent gesunken. Betroffen seien auch der Norden und das Zentrum des Apennins, hieß es von „Legambiente“. Der Apennin durchzieht Italien als Kette verschiedener Gebirge über 1500 Kilometer von Ligurien im Norden bis Nordsizilien im äußersten Süden.
In vielen Regionen von Frankreich und Italien könnte dieser Dürre-Winter einen extremen Dürre-Sommer zur Folge haben.
Die Schnee- und damit verbundene Wasserarmut in den Alpen hat indes erhebliche Auswirkungen auf den Flusslauf des Po, das mit 652 Kilometer längste Gewässer des Landes. Der Po hat als Wasserspender wiederum herausragende Wichtigkeit für die volkswirtschaftlich bedeutende Lebensmittelindustrie im Norden. Der Fluss entspringt in den Cottischen Alpen südwestlich von Turin. Der Pegel lag Ende Februar im Schnitt drei Meter unter dem normalen Wert, in Piacenza und Cremona erreichte der Wasserstand sein Allzeit-Rekordtief.
Dürre in Italien: Stausee im Trentino fehlen Millionen Kubikmeter Wasser
Damit nicht genug: Dem Santa-Giustina-Stausee im Nonstal des Trentino fehlen derzeit geschätzt 30 Millionen Kubikmeter Wasser, was weniger als der Hälfte des normalen Pegels entspricht, hieß es weiter. In der gesamten Region Trentino liegen sämtliche Stauseen weit unterhalb des normalen Wasserpegels. Auch aus diesen wird in der Regel viel Wasser für die Stromproduktion sowie die Bewässerung der Felder in der Po-Ebene abgezweigt.
Der insbesondere bei Urlaubern aus Süddeutschland beliebte Gardasee ist von der Dürre schon jetzt (oder immer noch) betroffen. Der Abfluss in den Minicio musste im bei Touristen bekannten Festungsstädtchen Peschiera bereits gedrosselt werden. Und zwar auf das Minimum.
„Es hat seit über einem Monat nicht mehr geregnet. Der Gardasee verzeichnet also eine Situation, die er seit Menschengedenken nicht mehr erlebt hat. Mitte Februar lag der Gardasee noch nie mehr als 40 Zentimeter über dem hydrometrischen Nullpunkt in Peschiera“, erklärte kürzlich Pierlucio Ceresa, der Generalsekretär des Verbands der Gardasee-Gemeinden, bei Focus Online: „Wir registrieren ein Wasservolumen, das in der Vergangenheit nie so niedrig gewesen ist“, zitierte ihn tagesschau.de. Die Vertreter der Kommunen am Gardasee kamen deshalb Mitte Februar zu einer Krisensitzung zusammen.
Urlaub am Gardasee: Alarmierender Wassermangel zwischen Peschiera und Sirmione
Die Gründe liegen auf der Hand: Im Süden bei der Landzunge Sirmione ist der Wasserstand wegen der anhaltenden Dürre so niedrig, dass die populäre Insel „Isola di San Biagio“ per Fuß erreicht werden kann. Gerade in und rund um Sirmione säumen sich in der warmen Jahreszeit auf den großen Parkplätzen vor den Toren der Scaligerburg bayerische Autokennzeichen wie M für München, A für Augsburg oder STA für Starnberg.
Siccità, soffre il Garda: il drone in volo a Sirmione #Garda #Sirmione #siccità #localteam pic.twitter.com/wpoO7jgP8s
— Local Team (@localteamtv) August 5, 2022
Bezeichnend: Schon im vergangenen Hochsommer waren im Norden Sirmiones ganze Abschnitte des beliebten Strandes „Jamaica Beach“ ohne Wasser, regelrecht ausgetrocknet. Drohnen-Aufnahmen des Nachrichtensenders Local Team TV zeigten damals bei Twitter, dass die Felsen noch viel weitläufiger in den See hineinragten als üblich. Sirmiones Norden glich einer Felslandschaft – 2023 wird die Situation offenbar noch alarmierender. (pm)
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