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EMA-Zulassung für Novavax: Wirksamkeit, Booster, Vergleich - das wissen wir bisher über den neuen Impfstoff

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Von: Bettina Menzel

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Am Montag erteilte die europäische Arzneimittelbehörde dem Corona-Impfstoff von Novavax die Zulassung. So funktioniert der vermeintliche „Totimpfstoff“.

Update vom 21. Dezember, 11.50 Uhr: Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat Ungeimpfte mit Misstrauen gegenüber mRNA-Impfstoffen wie Biontech oder Moderna dazu aufgerufen, den neu zugelassenen Corona-Impfstoff des US-Herstellers Novavax zu nutzen.

„Der erste Totimpfstoff ist jetzt von der Europäischen Arzneimittelbehörde zugelassen worden; ein zweiter wird bald folgen“, sagte Ramelow dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Ich freue mich darüber als ostdeutscher Ministerpräsident sehr. Und ich sage denjenigen, die den mRNA-Impfstoffen ablehnend gegenüberstehen und derzeit demonstrieren gehen: Wenn sie sich ernst nehmen, dann müssen sie sich nun auch impfen lassen.“ Jetzt gehe es nur noch um die Produktion und darum, genügend Impfstoff bereitzustellen, so Ramelow. Dann stehe Impfungen mit einer wirksamen Alternative nichts mehr im Wege.

Novavax: EMA empfiehlt Zulassung des Impfstoffs

Update vom 20. Dezember, 14.09 Uhr: Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat am Montag die Zulassung des Corona-Impfstoffes des US-Herstellers Novavax in der EU empfohlen. Das teilte die EMA am Montag in Amsterdam mit, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet. Nach Zustimmung der EU-Kommission wird dies der fünfte Corona-Impfstoff in der EU.

WHO erteilt Novavax Notfallzulassung

Update vom 20. Dezember, 13.43 Uhr: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erteilte am Montag dem Impfstoff NVX-CoV2372 (Covovax) von Novavax die Zulassung für die aktive Immunisierung von Personen ab 18 Jahren. Das teilten am Montag der Konzern Novavax sowie sein Partner Serum Institute of India mit, der größte weltweite Hersteller von Impfstoffen.

„Die heutige Entscheidung der Weltgesundheitsorganisation ist von entscheidender Bedeutung, um den weltweiten Zugang zu einem proteinbasierten COVID-19-Impfstoff für Hunderte von Millionen Menschen auf der ganzen Welt zu gewährleisten“ sagte der Novavax-Chef Stanley C. Erck zu der Entscheidung der WHO. Er sei davon überzeugt, dass dieser Impfstoff dazu beitragen werde, die Hindernisse für den Zugang zu Impfstoffen in vielen Regionen der Welt zu überwinden, so Erck weiter. Der Novavax-Impfstoff kann im Gegensatz zu den anderen Corona-Impfstoffen im Kühlschrank gelagert werden, was die Logistik erleichtert.

Novavax soll ein totimpfstoff sein, auf den viele Impfskeptiker warten
Novavax steht kurz vor der Zulassung. Wie funktioniert der Impfstoff? © Tomislav Miletic / PIXSELL / Imago

Die Entscheidung der WHO bezieht sich auf den Impfstoff Covovax von Novavax, der für den asiatisch-pazifischen Raum bestimmt ist. Im Laufe des Tages wird eine Entscheidung der europäischen Arzneimittelbehörde EMA zur Zulassung von Nuvaxovid erwartet. Dieser Novavax-Impfstoff ist für den europäischen Raum vorgesehen. Covovax und Nuvaxovid sind inhaltlich identisch.

Fragen und Antworten zum neuen Vakzin: Deshalb ist Novavax kein Totimpfstoff

Erstmeldung: Amsterdam - Viele Impfskeptiker setzen ihre Hoffnung auf den vermeintlichen „Totimpfstoff“ von Novavax. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA will am Montag (20. Dezember) über die Zulassung entscheiden. Doch selbst, wenn die EMA ihr OK gibt, kann es bis zur Lieferung noch dauern.

Corona-Impfung: Totimpfstoffe im Vergleich zu mRNA- und Vektor-Impfstoffen

Viele Impfskeptiker haben Bedenken gegenüber mRNA- (Biontech und Moderna) oder Vektor-Impfstoffen (AstraZeneca und Johnson & Johnson) und setzen daher auf sogenannte Totimpfstoffe. Diese Technologie sei weitaus erforschter, so das Argument und daher sicherer. Experten können dieser Argumentation nicht folgen. Im Gegenteil: Mittlerweile wurden weltweit über 8 Milliarden Corona-Impfdosen verabreicht. Noch nie waren Impfstoffe so gut erforscht wie die jetzt am Markt befindlichen Vakzine von Biontech, Moderna und Co.

Totimpfstoffe werden seit 1986 etwa für die Impfung gegen Hepatitis B eingesetzt, doch ein pauschales Urteil über die verschiedenen Impfstoff-Technologien lässt sich daraus nicht ableiten. „Es gibt zwar eine längere Erfahrung mit bestimmten Totimpfstoffen wie etwa gegen Hepatitis B, aber ein Vergleich ist schwer möglich. Jeder Impfstoff muss einzeln betrachtet und beurteilt werden“, sagte etwa der Virologe Prof. Jonas Schmidt-Chanasit der Bild.

Corona-Impfung: Deshalb ist Novavax kein echter Totimpfstoff

Der Novavax-Impfstoff hat in Indonesien und den Philippinen bereits die Zulassung erhalten. Jetzt steht er auch kurz vor der Zulassung in der EU und wird hier von vielen erwartet. Doch anders als oft argumentiert, handelt es sich bei Novavax nicht um einen Totimpfstoff. Denn ein Totimpfstoff enthält abgetötete Viren oder Bestandteile davon. Beispiele dafür sind etwa der chinesische Impfstoff Sinovac oder das noch nicht zugelassene Produkt Valneva aus Frankreich.

Anders hingegen Novavax. Dabei handelt es sich um einen sogenannten rekombinanten Protein-Impfstoff. Darin enthalten sind winzige, künstlich hergestellte Teile des Spike-Proteins des Sars-Cov-2-Virus. Diese regen die Produktion von Antikörpern an. Das Robert-Koch-Institut weist daraufhin, dass die COVID-19-Impfstoffe „keine vermehrungsfähigen Viren“ enthalten. „Insofern können sie mit Totimpfstoffen gleichgesetzt werden“, so das RKI weiter. Das gilt sowohl für die mRNA-, als auch für Vektor- oder rekombinante Protein-Impfstoffe.

Bisher sind in der EU vier Corona-Impfstoffe zugelassen. Am Montag berät die zuständige Experten-Kommission der EMA über die Zulassung von Novavax. „Der Impfstoff von Novavax könnte in naher Zukunft zugelassen werden“, sagte die EMA-Leiterin, Emer Cooke, kürzlich während einer öffentlichen Sitzung in Brüssel. Die Entscheidung könnte bereits am Montag (20. Dezember) fallen. Im August hatte die EU-Kommission schon 100 Millionen Dosen der Novavax-Impfung bestellt. Weitere Lieferungen sollen in den kommenden Jahren folgen, sofern die EMA die Zulassung erteilt.

Für eine Zulassung spricht, dass in der bisher durchgeführten Studie mit 30.000 Probanden eine Wirksamkeit von 90 Prozent nachgewiesen werden konnte. Damit ist Novavax ähnlich effektiv wie Moderna oder Biontech/Pfizer. Allerdings beziehen sich die Daten auf die sogenannte Alpha-Version des Coronavirus. Mittlerweile ist die Delta-Variante in Deutschland dominant, die bald von der Omikron-Variante verdrängt werden könnte, wie Experten schätzen.

Aktuellen Erkenntnissen zufolge soll die Zweitimpfung von Novavax drei Wochen nach der Erstimpfung erfolgen. Zudem liegen bereits erste Daten zu Booster-Impfungen mit Novavax vor. Nach zwei Corona-Impfungen mit Biontech konnte ein Booster mit Novavax die Antikörper um das Fünffache erhöhen. Allerdings war ein mRNA-Booster noch effektiver: Mit Moderna steigerten sich die Antikörper um den Faktor 8,1, mit Moderna um 11,5, wie eine kürzlich in der Fachzeitschrift The Lancet veröffentlichte Studie ergab.

Corona-Impfstoff von Novavax: Auslieferung kann dauern

Der Pharmaindustrie wird oftmals Geldgier unterstellt. Tatsächlich gab es in der Vergangenheit Pharma-Skandale, der bekannteste wohl jener um Contergan. Allerdings gibt es seitdem strenge Auflagen für die Zulassung von Medikamenten und Impfstoffen – anders als beispielsweise für homöopathische Produkte, die ihre Wirksamkeit nicht nachweisen müssen.

Im Fall des neuen Valneva-Totimpfstoffes rät sogar der Chef des Konzerns selbst davon ab, auf seinen Impfstoff zu warten, wie Thomas Lingelbach im Interview mit dem Spiegel sagte. Er verzichtet damit potenziell auf viel Geld. Ein Warten hält Lingelbach für „ethisch inakzeptabel“. Er sei selbst mit Biontech/Pfizer geimpft. „Lasst euch jetzt impfen“, so die Worte des Valneva-Chefs. Gleiches gilt wohl auch für den Novavax-Impfstoff. Denn selbst, wenn die EMA die Zulassung erteilt, kann es bis zur Auslieferung noch dauern. Doch die Zeit wird angesichts der drohenden Omikron-Welle knapp. Gesundheitsminister Karl Lauterbach sagte außerdem bei Bild TV, dass Novavax zwar ein guter Impfstoff sei. Studien zufolge seien Moderna und Biontech aber „eine ganze Spur wirksamer“.

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