Ist die Demokratie in diesen Ländern noch nicht verankert?
Die Bevölkerung hat sich gerade in Burkina Faso sehr stark für die Demokratie eingesetzt und dafür 2015/2015 sehr viel riskiert. Aber die Erfahrung mit der Demokratie bisher ist enttäuschend. So konnte etwa die Wahl im vorletzten Jahr nicht in allen Landesteilen stattfinden wegen der Sicherheitssituation.
Spielen Großmächte eine entscheidende Rolle bei der jüngsten Entwicklung?
Ja, die Rückkehr der Großmachtpolitik in dieser Region ist unterschätzt worden. Natürlich geht es in vielen afrikanischen Ländern dabei um Ressourcen, in Guinea ist es etwa Bauxit. Aber für Russland ist Westafrika ebenfalls ein strategischer Schauplatz, um Macht zu demonstrieren. Auch Angehörige der Bundesregierung haben sich jüngst vermehrt zu Mali als einem Schauplatz von Großmachtpolitik geäußert. Ich halte es dennoch für gefährlich, wenn man die Situation dort nur durch diese Brille betrachtet.
Wie schätzen Sie die Situation in Mali ein? Könnte es ein zweites Afghanistan werden?
Es war ja schon früh von „Sahelistan“ die Rede. Ich glaube, es ist tatsächlich an der Zeit zu schauen, was Deutschland in Mali will, mit welchen Mitteln und in welchen Kooperationen diese Ziele erreicht werden können. Und das kann natürlich nur in Kooperation mit der malischen Seite passieren, das heißt nicht nur mit der Regierung, sondern auch mit der Zivilgesellschaft. In Afghanistan sieht man jetzt im Nachhinein, wo man Fehler gemacht hat. Man muss von Afghanistan für Mali lernen, indem schon jetzt dieser Reflexionsprozess stattfindet – nicht erst wenn es zu spät ist.
Was kommt aus Westafrika auf Europa zu – etwa in Bezug auf Flüchtlingsströme oder die Gefahr des Islamismus?
Ich glaube nicht, dass die Binnenvertriebenen weiter nach Europa fliehen. Wenn aber viele Länder oder große Teile davon von Islamisten regiert werden, ist das eine erschreckende Entwicklung. Das allein müsste ausreichen, damit der Westen sich engagiert. Generell sollte der Fokus nicht immer nur auf dem Ereignis des Putsches liegen, sondern stärker auf die vielschichtigen Krisen, die diesen Putschen vorgelagert sind.
Interview: Pia Rolfs.