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«Herz Italiens verwüstet»: Tausende Obdachlose nach Erdbeben

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Die Nächte sind kalt, und die Zukunft ist ungewiss. Das Erdbeben in Italien hat vielen Menschen alles genommen. Doch manche wollen ihre Heimat nicht verlassen. Für Regierungschef Renzi hat das Erdbeben auch eine politische Dimension.

Schwerste Zerstörungen in der umbrischen Stadt Norcia. Foto: Italienische Feuerwehr
1 / 11Schwerste Zerstörungen in der umbrischen Stadt Norcia. Foto: Italienische Feuerwehr © Italian Fire Department / Handou
Das umbrische Örtchen Castelluccio di Norcia liegt in Trümmern. Foto: Italienische Feuerwehr
2 / 11Das umbrische Örtchen Castelluccio di Norcia liegt in Trümmern. Foto: Italienische Feuerwehr © Italian Fire Department / Handou
Obdachlos: Opfer des neuen Erdbebens haben sich in Sporthallen geflüchtet. Foto: Massimo Percossi
3 / 11Obdachlos: Opfer des neuen Erdbebens haben sich in Sporthallen geflüchtet. Foto: Massimo Percossi © Massimo Percossi
Ein Paar verlässt in Norcia sein durch das Erdbeben beschädigtes Heim. Foto: Matteo Crocchioni
4 / 11Ein Paar verlässt in Norcia sein durch das Erdbeben beschädigtes Heim. Foto: Matteo Crocchioni © Matteo Crocchioni
Die neuen Erdstöße in Mittelitalien haben auch in dem im August von einem Erdbeben schwer betroffenen Ort Amatrice neue Schäden angerichtet. Foto: Massimo Percossi
5 / 11Die neuen Erdstöße in Mittelitalien haben auch in dem im August von einem Erdbeben schwer betroffenen Ort Amatrice neue Schäden angerichtet. Foto: Massimo Percossi © Massimo Percossi
Die Trümmer eines kollabierten Gebäudes in L'Aquila. Immer wieder bebt hier die Erde. Foto: Claudio Lattanzio
6 / 11Die Trümmer eines kollabierten Gebäudes in L'Aquila. Immer wieder bebt hier die Erde. Foto: Claudio Lattanzio © Claudio Lattanzio
Ein schwer beschädigtes Gebäude im italienischen Visso. Foto: Italienische Armee
7 / 11Ein schwer beschädigtes Gebäude im italienischen Visso. Foto: Italienische Armee © Italian Army / Handout
Italiens Regierungschef Matteo Renzi bei einer Pressekonferenz zu den Folgen des Bebens. Foto: Tiberio Barchielli / Palazzo Chigi Press Offic
8 / 11Italiens Regierungschef Matteo Renzi bei einer Pressekonferenz zu den Folgen des Bebens. Foto: Tiberio Barchielli / Palazzo Chigi Press Offic © Tiberio Barchielli / Palazzo Chi
Ein Auto ist in Norcia von herabfallenden Steinen zerstört worden. Foto: Matteo Guidelli
9 / 11Ein Auto ist in Norcia von herabfallenden Steinen zerstört worden. Foto: Matteo Guidelli © Matteo Guidelli
Erst am Mittwoch hatten neue Nachbeben in Visso und anderen Orten in Mittelitalien für Schäden gesorgt. Foto: Cristiano Chiodi/Archiv
10 / 11Erst am Mittwoch hatten neue Nachbeben in Visso und anderen Orten in Mittelitalien für Schäden gesorgt. Foto: Cristiano Chiodi/Archiv © Cristiano Chiodi
Immer wieder wird Mittelitalien in jüngster Zeit von schweren Erdbeben heimgesucht. Foto: Luca Laviola
11 / 11Immer wieder wird Mittelitalien in jüngster Zeit von schweren Erdbeben heimgesucht. Foto: Luca Laviola © Luca Laviola

Rom (dpa) - Nach dem schweren Erdbeben in Mittelitalien haben Tausende Menschen ihr Hab und Gut verloren und müssen die Nächte in Zelten, Autos und Notunterkünften verbringen. Ministerpräsident Matteo Renzi versprach ihnen einen reibungslosen Wiederaufbau.

«Was immer für das Erdbeben benötigt wird, werden wir auf den Tisch bringen», sagte er am Montagabend nach einer Kabinettssitzung. Italien ist hoch verschuldet und steht mit der EU-Kommission wegen seiner Haushaltsplanung im Clinch. Wenn Italien den Wiederaufbau wegen EU-Regeln nicht stemmen könne, «bedeutet das, dass wir alle den Verstand verloren haben».

Das Erdbeben am Sonntag habe «das Herz» Italiens verwüstet, schrieb er in seinem Newsletter. «Diese Dörfer sind die Identität Italiens: Wir müssen alles wiederaufbauen, schnell und gut.»

Mehr als 15 000 Menschen wurden in den Lagern des Zivilschutzes versorgt, teilte die Behörde mit. Die Zahl der Obdachlosen wird aber weit höher geschätzt.

Das Beben der Stärke 6,5 - das heftigste in Italien seit 36 Jahren - hatte historische Ortschaften in der Apennin-Gebirgsregion zerstört und selbst in der Hauptstadt Rom Schäden angerichtet. Tote gab es nicht - auch, weil viele Orte schon nach dem schweren Beben im August, bei dem 298 Menschen umkamen, geräumt worden waren.

Zahlreiche Kulturgüter, wie zum Beispiel die Basilika San Benedetto in der umbrischen Kleinstadt Norcia, wurden schwer beschädigt. «Norcia stirbt nicht», gab sich der Bürgermeister Nicola Alemanno dennoch kämpferisch.

Nachbeben, darunter auch zwei von mehr als Stärke 4, verunsicherten die Menschen weiter. «Schlafen? Hier wackelt alles, wie willst du da schlafen?», sagte der Bürgermeister des Dorfes Ussita, Marco Rinaldi. «Die Wahrheit ist, dass der Alptraum nicht vorbei ist, es ist die Angst, die uns einen neuen Schlag gibt.»

Tausende Menschen wurden an die Adria-Küste gebracht. Andere wollten ihre Heimatorte allerdings nicht verlassen und schliefen in Autos. «Wir können nicht für mehrere Monate Zelte in den Bergen im Schnee aufstellen», schrieb Renzi. «Es gibt genug Hotels für jeden.» Auch Gebäude, die nicht in sich zusammengefallen sind, müssen von einem Techniker überprüft werden. Viele Menschen dürfen daher nicht in ihre Häuser zurück.

Das Kulturministerium erwarte nun seit dem Beben im August rund 5000 Hinweise auf mögliche Schäden, sagte die Ministeriums-Generalsekretärin Antonia Pasqua Recchia.

Selbst im rund 110 Kilometer Luftlinie entfernten Rom entstanden Schäden. Die historische Brücke Ponte Mazzini über den Tiber, die Trastevere mit dem historischen Zentrum verbindet, wurde vorübergehend gesperrt. Auch die Papst-Basilika Sankt Paul vor den Mauern untersuchten Experten auf mögliche Schäden.

Zwei Kirchen im Stadtzentrum wurden gesperrt: die Kirche San Francesco im Stadtviertel Monti und die Kirche am Platz Sant'Eustachio, der bei Touristen beliebt ist. Die Schulen in der Hauptstadt sollten auf Schäden geprüft und bis dahin geschlossen bleiben. Am Dienstag ist in Italien ein Feiertag.

Die italienische Regierung plante am Montagabend eine Kabinettssitzung. Das Erdbeben hat für Renzi auch eine politische Dimension. Der Regierungschef steht wegen eines Verfassungsreferendums im Dezember stark unter Druck. Auch versucht er für sein hochverschuldetes Land in Brüssel mehr Flexibilität beim Defizit herauszuschlagen. In den Regeln des Euro-Stabilitätspakts seien im Katastrophenfall einmalige Erleichterungen und Ausnahmen vorgesehen, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission in Brüssel. Sie seien bei früheren Erdbeben in Italien zum Tragen gekommen. Zum jetzigen Zeitpunkt sei es aber noch zu früh, darüber zu spekulieren.

In Deutschland verwies Regierungssprecher Steffen Seibert darauf, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits nach dem Erdbeben im August Hilfe für den Wiederaufbau zugesagt hatte. Auf die Frage, ob für Italien die Defizitkriterien im Rahmen des europäischen Stabilitätspaktes gelockert werden könnten, sagte er: «Der Stabilitätspakt hat eine Menge an Flexibilität, die klug angewendet werden kann und klug angewendet werden soll. Das ist die Haltung der Bundesregierung.»

Liste der Erdbeben der Erdbebenwarte INGV, Italienisch

Italienischer Zivilschutz, Italienisch

Newsletter Matteo Renzi, Italienisch

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