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Umweltdesaster mit Ansage? Akkus von E-Autos drohen zum Problem zu werden

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Von: Patrick Freiwah

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Der Anteil von E-Autos am Gesamtmarkt dürfte in den kommenden Jahren rapide steigen. Doch ein zentrales Problem ist dabei bislang ungelöst: Wohin mit den Akkus?

München - Für die Produktion von Elektroautos werden riesige Mengen an wertvollen Rohstoffen benötigt, damit die Batterien der stromernden Fahrzeuge funktionsfähig sind. Das birgt aus zweierlei Gesichtspunkten Probleme: Einerseits nimmt die Rohstoffknappheit immer weiter zu, was auch geopolitisch zu Spannungen führt. Andererseits droht durch ausrangierte Akkus eine Unmenge an Elektroschrott, der für Umwelt und Klima auf der Erde verheerende Folgen haben könnte.

Industrie und Wirtschaft, aber auch die Politik sind also gefordert, durch entsprechende Maßnahmen gegenzusteuern - und die Bedrohung nicht auszusitzen. Denn je mehr E-Autos auf den Straßen unterwegs sind, desto mehr Energiespeicher inform von Lithium-Ionen-Akkus werden benötigt - und diese verlieren irgendwann zwangsläufig ihre Tauglichkeit. Aktuell gibt es nach wie vor kein serientaugliches Verfahren im Hinblick auf das Akku-Recycling, schildert die Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Akku-Recycling bei Elektroautos: Wohin mit Hunderttausenden von Batterien?

Das Berliner Öko-Institut schätzt die Batterie-Menge, die durch E-Autos jährlich entsteht, auf 100.000 Tonnen pro Jahr. Das würde in zehn Jahren rund eine Million Tonnen an umweltgefährdendem Akku-Schrott bedeuten. Dabei ist die Lebensdauer von Elektroauto-Batterien von mehreren Faktoren abhängig.

Was tun Autokonzerne, um die Hürde Recycling und Nachhaltigkeit zu überwinden? Volkswagen testet in Salzgitter ein neues Verfahren und peilt in dem Standort jährliche Recycling-Kapazitäten von 1500 Tonnen an. Premium-Rivale Mercedes baut seit März mit dem Unternehmen Primobius eine Fabrik in Baden-Württemberg (Kuppenheim) mit einer anvisierten Kapazität von 2500 Tonnen.

Neben dem Recycling der E-Auto-Bestandteile ist ein weiterer Punkt von Bedeutung: ein mögliches zweites Leben des Akkumulators als stationärer Stromspeicher. BMW praktiziert diese Methode bereits seit Jahren auf dem Werksgelände seiner Produktionsstätte Leipzig.

Elektroautos: Was die Rückgewinnung von Rohstoffen in Akkus kompliziert macht

Auch Recycling-Unternehmen abseits der Autoindustrie fahren die Kapazitäten im Bereich E-Auto-Batterie hoch. „Momentan sind die Batterien alles andere als recyclingfreundlich gestaltet“, kritisiert der Physiker Kai Peter Birke, der an der Universität Stuttgart und dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung zu diesem Thema forscht. 

Laut dem Wissenschaftler gibt es noch Probleme, Batteriezellen in Einzelteile zu zerlegen, weil beispielsweise Zellverbindungen fest verschweißt sind. Ebenfalls problematisch sei ihm zufolge der Umstand, dass der Aufbau der Zellen je nach Hersteller unterschiedlich seien und die fehlende Standardisierung seitens Politik eine serientaugliche Demontage verhindere. Laut Birke sei es eine riesige Herausforderung, dies zu ändern und die Ablaufprozesse zu optimieren bzw. vereinheitlichen.

Elektro-Antriebsstrang: Das Akku-Recycling stellt die Industrie vor eine riesige Herausforderung
Elektro-Antriebsstrang: Das Akku-Recycling stellt die Industrie vor eine riesige Herausforderung. © MIS/Imago

Recycling von E-Auto-Batterien: Bisherige Verfahren haben auch Nachteile

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Rückgewinnung der verbauten Rohstoffe in den Energiespeichern. Dabei gebe es zwei unterschiedliche Verfahren, auf die sich Industrie und Wirtschaft fokussieren: pyrometallurgische und hydrometallurgische Prozesse. Ersteres bedeute das Einschmelzen der vorhandenen Stoffe, letzteres beinhaltet das Herauslösen durch den Einsatz von Chemikalien in einer wässrigen Lösung.

Letztere Methode ist laut Experten effizienter, zudem ist der Energiebedarf niedriger als Einschmelzen, urteilt auch Umweltexperte Jürgen Sutter vom Öko-Institut. Jedoch gibt es einen Nachteil: Die organischen Lösungsmittel für die Loslösung dürfe nicht in die Umwelt gelangen, weil sonst Schäden für das Ökosystem drohen.

Speziell Kupfer, Aluminium, Nickel, Kobalt und unter Umständen Lithium sind Sutter zufolge die Rohstoffe, welche aus Elektroauto-Batterien rückgewonnen werden können. Bis hohe Recyclingquoten realistisch werden, würde es jedoch noch dauern. Für die Massenproduktion werden sie derzeit bei etwa 50 Prozent geschätzt. Auch in einer neuen EU-Batterieverordnung soll das Thema Recyclingquoten von Akkus eine große Bedeutung einnehmen. Für bestimmte Materialien sind Mindestquoten vorgesehen, die nicht unterschritten werden dürfen.

Verschläft die Politik strengere Regeln beim Batterie-Recycling?

Was den Herstellern von Elektroautos zusätzlich Druck macht: die gesetzliche Pflicht, Batterien zurücknehmen zu müssen. Die Deutsche Umwelthilfe sieht allerdings Nachholbedarf bei der politischen Regulierung. Die DUH weist darauf hin, dass “kritische Rohstoffe” durch die zunehmende Digitalisierung, den Ausbau Erneuerbarer Energien und die Verkehrswende in immer größerem Umfang benötigt. Deswegen sei es zwingend erforderlich, „das Gesetz stärker als bislang vorgesehen auf den effizienten Einsatz von Ressourcen auszurichten“.

Die Aspekte Haltbarkeit, Reparierbarkeit und Wiederverwendung sollten der Umweltvereinigung zufolge im Vordergrund stehen. “Die DUH fordert alle EU-Parlamentarierinnen und -Parlamentarier und auch den deutschen Wirtschaftsminister Robert Habeck auf, sich dafür stark zu machen”, lautet ein Aufruf an politische Entscheidungsträger.

Darüber hinaus sind Batterien das mit Abstand teuerste Bauteil eines E-Autos. Mit einem speziellen Pass will die EU mehr Transparenz in Bezug auf die Akkus schaffen. (PF)

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