Aktienrente: Was Finanzminister Christian Lindner plant, wo die Risiken lauern

Finanzminister Christian Lindner will die Rentenkassen stützen. Dazu treibt der Liberale die Einführung einer Aktienrente voran. Um was es geht, wo mögliche Fallstricke liegen.
München – Die private Vorsorge fürs Alter wird immer wichtiger – auch wenn die gesetzliche Rente für die meisten Menschen noch immer die zentrale Einkommensquelle im Alter ist. Mit der Aktienrente soll es für Ruheständler bald einen weiteren Baustein geben, der die private Vorsorge oder die Betriebsrente ergänzt. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) wirbt seit Mitte Januar verstärkt für die Aktienrente, die sein Ministerium inzwischen „Generationenkapital“ nennt. Was bei der Aktienrente geplant ist und was noch unklar ist. Eine Übersicht
Warum soll es mit der Aktienrente überhaupt einen weiteren Baustein für Rentner geben?
Das liegt an der Demographie. Es gibt immer mehr alte und immer weniger junge Menschen. Das bedeutet in der Folge auch, dass immer weniger Beitragszahler immer mehr Rentnerinnen und Rentner gegenüberstehen. Schon heute bezuschusst der Staat die gesetzliche Rentenkasse jährlich mit gut 100 Milliarden Euro - bei steigender Tendenz.
Zwar weisen Experten immer wieder auf mögliche Ansatzpunkte zur Stärkung der Rentenkassen hin. Auch eine mögliche Beteiligung von Beamten an den Rentenkassen ist längst kein Tabu mehr. Doch die Ampel-Koalition will die Rente nicht kürzen und auch das Renteneintrittsalter nicht erhöhen. Zugleich sollen die Beiträge nicht zu stark steigen. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Aktienrente soll helfen, dass all diese Ziele erreicht werden.
Worum geht es bei der Aktienrente genau?
Die Pläne sehen einen Fonds vor, den der Bund mit Grundkapital füllt. Eine öffentlich-rechtliche Stiftung soll das Geld verwalten und vor allem gewinnbringend anlegen - unter anderem in Aktien. Die Renditen fließen der gesetzlichen Rentenversicherung zu; mögliche Verluste würde der Bund ausgleichen. Finanzminister Lindner möchte die Anlageentscheidungen dem Kenfo übertragen - diese Stiftung verwaltet den Fonds zur Finanzierung der Zwischen- und Endlagerung von Atommüll.
Dieses Jahr stellt der Bund zehn Milliarden Euro für den künftigen Rentenfonds bereit. Lindner schwebt darüber hinaus vor, in einer „Ansparphase“ 15 Jahre lang mindestens zehn Milliarden Euro jährlich einzuzahlen. Erst danach soll die Rendite des Fonds ins Rentensystem fließen. Abschließend geklärt ist dies in der Koalition aber noch nicht.
Welche Fragen sind sonst noch offen?
Das sind viele, denn bisher hat die Regierung keinen Gesetzentwurf für die Aktienrente beschlossen. Unklar ist unter anderem, welche konkreten Vorgaben für die Anlagestrategie des Fonds gelten sollen. Lindner verweist hier auf die Vorgaben, die für den Kenfo gelten. Zentral ist vor allem die Frage, welches Anlagerisiko der Fonds eingehen darf, sprich welcher Anteil in Anleihen investiert wird und welcher in Aktien, Fonds oder ETFs, die Indizes abbilden. Bei steigendem Aktien-Anteil verbessern sich im langjährigen Durchschnitt die Renditechancen. Dem stehen allerdings auch höhere Kursrisiken gegenüber. Außerdem müsste geklärt werden, in weit auch ökologische und soziale Kriterien bei den Anlageentscheidungen berücksichtigt werden.
Umstritten ist innerhalb der Koalition zudem, inwieweit künftig ein Teil der regulären Rentenbeiträge in den Fonds gesteckt werden könnten. Lindner kann sich nach eigenen Worten vorstellen, dass sich die Beitragszahlerinnen und -zahler an dem Fonds „individuell beteiligen“.
Welche Kritik gibt es?
SPD und Grüne sehen die Pläne sehr skeptisch. Viele befürchten, dass selbst bei einer komfortablen finanziellen Ausstattung des Fonds der Effekt für die Stabilisierung des Rentensystems gering ausfällt.
Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch erklärte am Dienstag, Lindners Plan berge „hohe Risiken“. Für „Experimente bei der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung“ sei seine Fraktion nicht zu haben. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnte davor, „mit dem Geld der Beitragszahler zu zocken“. Die Linke ist komplett gegen die Aktienrente und fordert stattdessen, dass alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rente einzahlen, also auch Selbstständige und Beamte. (AFP/utz)