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Streit, Kollaps, Psychiatrie: Bei Aldi tobt ein milliarden-schwerer Erbstreit - Jetzt geht es vor Gericht

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Von: Markus Hofstetter

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Berthold Albrecht (undatierte Aufnahme), Sohn und Erbe des 2010 gestorbenen Aldi-Mitbegründers Theo Albrecht
Nach dem Tod von Berthold Albrecht ließen sich die Erben Geld aus der Jakobus-Stiftung ausschütten © Aldi Nord/dpa/picture alliance

In der Familie der milliarden-schweren Eigentümer von Aldi Nord tobt ein dramatischer Streit. Der Enkel des Gründers Theo Albrecht zieht gegen seine Mutter und seine Schwestern vor Gericht. 

Essen - Reich macht nicht automatisch glücklich. Bestes Beispiel ist der Familienstamm der Albrechts, der den Discounter Aldi Nord kontrolliert und dessen Vermögen auf rund 20 Milliarden Euro geschätzt wird. Nicolay Albrecht, 31-jähriger Enkel des Aldi-Nord-Gründers und -Chefs Theo Albrecht, liegt nach Informationen des Business Insiders und der Welt am Sonntag im heftigen Streit mit seinen vier Schwestern und der Mutter Babette.

Es geht ums Geld. Im Mittelpunkt steht eine der drei Stiftungen, in denen nicht nur das Vermögen von Aldi Nord steckt, sondern deren Vorstände auch wichtigen Unternehmensentscheidungen zustimmen müssen. Berthold Albrecht, der Vater der fünf Geschwister, bestimmte vor seinem Tod 2012 in seinem Testament, dass seine Kinder von der Jakobus-Stiftung erst nach Vollendung des 32. Lebensjahres jährliche Zuwendungen in Höhe von jeweils 250.000 Euro erhalten. Eine Ausnahme sind jedoch sogenannte Ausschüttungen zur Grundsicherung.

Familiendrama bei Aldi Nord: Erben lassen sich hohe Geldbeträge ausschütten

Diese Ausnahme nutzen Bertholds Nachfahren offenbar aus, um sich immer wieder Teile des Aldi-Nord-Vermögens ausschütten zu lassen. Bereits ein Jahr nach dem Tod erhielten Nicolay, seine Schwestern und Mutter Babette insgesamt 25 Millionen Euro netto. Die Steuern bezahlte die Jakobus-Stiftung. Über die Jahre summierten sich die Zahlungen an die Familie und das Finanzamt auf einen dreistelligen Millionenbetrag. 

Babette Albrecht, Frau des Aldi-Erben Berthold Albrecht,  bei ihrem Besuch in der Käfer Schänke auf dem Oktoberfest am 2019
Auch Babette Albrecht, Mutter von Nicolay Albrecht, profitiert von den Ausschüttungen der Jakobus-Stiftung © apress/imago

Damit gerieten die Familie in Konflikt mit Bertholds Bruder Theo Albrecht junior, der die Geschicke von Aldi Nord nach dessen Tod lenkt. Der 71-Jährige sieht das Vermächtnis seines Bruders und die Werte der Familie verraten. Denn die beiden Brüder wollten nicht, dass sich Familienmitglieder aus dem Stiftungsvermögen unkontrolliert bedienen können. Dazu diente auch ein entsprechender Passus im Testament. Seine Nachfahren versuchten diesen zwar für ungültig erklären zu lassen, scheiterten jedoch damit letztendlich vor Gericht.

Familiendrama bei Aldi Nord: Nicolay wird für geschäftsunfähig erklärt

Der Familienstreit nimmt Nicolay sehr mit, er gerät öfter in Streit mit seiner Mutter und den Schwestern. Nach einem Absturz in einem Hotel am Tegernsee im Herbst 2019 wird er per Gerichtsbeschluss in die geschlossene Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses in Bayern eingewiesen. Eine Gutachterin stellte fest, dass Nicolay nicht mehr geschäftsfähig ist, zwei seiner Schwestern erhalten von einem Gericht eine Vorsorge- und Betreuungsvollmacht.

Das bedeutet, dass die Schwestern über sein Leben bestimmen und auch seine Finanzen regeln. Laut Business Insider konnte der Aldi-Erbe nun weder seine Rechnungen selbst bezahlen noch hatte er vollen Zugriff auf seinen Konten. Maximal 100 Euro am Tag durfte er von der Bank abheben. 

Familiendrama bei Aldi Nord: Anwälte bereiten Klage gegen die Schwestern vor

Das Fass zum Überlaufen brachte, dass Nicolay bei einer Ausschüttung aus der Jakobus-Stiftung Ende 2019 leer ausging. Die Mutter und die Schwestern ließen sich 50 Millionen Euro auszahlen, ohne ihn zu berücksichtigen. Das bestärkte ihn vor eineinhalb Jahren offenbar, gerichtlich gegen die Vorsorgevollmacht vorzugehen. Er nahm sich Anwälte, die zwei Gutachter beauftragten. Diese attestierten dem Aldi-Erben Geschäftsfähigkeit. Nun widerruft er die Vorsorge- und Betreuungsvollmachten für seine Schwestern, was von diesen und ihrem Anwalt aber nicht anerkannt wird.

Zudem bereiten Nicolays Anwälte eine Klage gegen die Schwestern und deren Anwalt vor. In der Hauptsache geht es darum, Nicolay wieder für geschäftsfähig erklären zu lassen, damit er wieder selbst über sein Leben bestimmen kann.

Warum sich die Familie heftig dagegen wehrt, Nicolay wieder für geschäftsfähig zu erklären, könnte auch daran liegen, dass er seinen Schwestern und deren Anwalt Untreue vorwirft. Sie hätten sich laut seiner Darstellung unrechtmäßig Millionenbeträge aus der Jakobus-Stiftung ausschütten lassen. Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe. Sollte Nicolay weiter als geschäftsunfähig eingestuft sein, würde sich für seine Familie die Situation in dem Verfahren möglicherweise entschärfen.

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