Gibt es andere Länder, die Pipelinegas liefern könnten?
Es gibt einige Möglichkeiten in Europa selbst. Norwegen hatte angekündigt, bereits auf Volllast zu liefern, will jetzt aber 18 Milliarden Euro in neue Projekte investieren. In der Nordsee liegt ein Gasfeld, dass Deutschland und die Niederlande gemeinsam erschließen könnten, das wollte die Bundesregierung bisher aus Umweltschutzgründen nicht. Auch Italien könnte fünfmal so viel Gas fördern wie bisher. Dort gibt es Felder vor Sizilien. Spannend ist auch die Förderung vor der israelischen Küste: Von dort sollen ab 2026 per Pipeline zehn Milliarden Kubikmeter geliefert werden.
Wird es bei so vielen Lieferanten Wettbewerbsvorteile für Deutschland geben?
Betrachtet man den jetzigen Markt, sieht man vor allem jahrelange Kontrakte. Wenn Europa sichere Energie will, muss es sich darauf einlassen. Was passiert, wenn man sich zu kurzfristig bindet, sieht man an der aktuellen Lage.
Die Aussichten für die kommende Heizsaison sind wenig rosig. Was kann Deutschland kurzfristig tun?
Möglichst unabhängig von Importen werden. Dazu gehört auch, jetzt so viel Gas zu sparen wie möglich und günstige Gelegenheiten zu nutzen, um die Speicher zu füllen. Einen Beitrag können die Erneuerbaren Energien leisten. Wir hatten beispielsweise im Februar solche Leistungsspitzen bei der Windkraft, dass der Strompreis deswegen gegen null ging. Würde man mit der überschüssigen Energie synthetisches Methan erzeugen, könnten wir dieses dem Erdgas zum Heizen beimengen. Auch Solarthermie, also die Wärme aus Sonne, bietet großes Einsparpotenzial. Problematisch ist aber die Stromversorgung. Nach den Plänen der Bundesregierung sollen Gaskraftwerke mit 20 Gigawatt Leistung zugebaut werden, um Atomstrom und Kohle zu ersetzen. Das wird den Bedarf wieder erhöhen.
Das Interview führte Matthias Schneider.