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Angst vor längeren Pausen: Amazon verbietet Mitarbeitern FFP2-Masken - Lauterbach: „Irgendwann Betriebe schließen“

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Mitarbeiter von Amazon stellt die Pakete auf, bereit zum Verschicken
Amazon: Der Internet-Händler verbietet seinen Mitarbeitern im Logistik-Zentrum in Winsen das Tragen von FFP-2-Masken. © Martin Schutt/dpa

Amazon verbietet seinen Beschäftigten im niedersächsischen Winsen das Tragen von FFP2-Masken - obwohl sie den Mindestabstand nicht einhalten können. Die Mitarbeiter fürchten um ihre Gesundheit.

Winsen - Am niedersächsischen Amazon-Standort Winsen ist das Tragen von FFP2-Masken verboten. Das berichtete das ARD-Magazin Panorama am Donnerstag (22. April). Lediglich herkömmliche medizinische Einwegmasken sind erlaubt. Und das, obwohl die Mitarbeiter den Mindestabstand nicht immer einhalten können. Der Onlinehändler befürchtet durch die FFP2-Masken längere Pausen, wodurch die Mitarbeiter weniger Aufträge bearbeiten können. Tatsächlich gibt es von medizinischer Seite die Empfehlung, alle 75 Minuten eine 30-minütige Pause ohne FFP2-Maske einzulegen. Das bestätigt etwa die gesetzliche Unfallversicherung (DGVU).

Einzige Ausnahme im Werk Winsen sind laut Aushang Mitarbeiter, die ein Attest vorweisen können, das das Tragen einer FFP2-Maske ausdrücklich vorschreibt. Amazon verweist in einer Stellungnahme darauf, dass „alle Maßnahmen über die gesetzlichen Vorgaben hinaus gehen.”

Bei Amazon kein Einzelfall: In Leipzig keine bezahlten Pausen für FFP2-Maskenträger

Amazon ist einer der großen Gewinner der Coronakrise. Seit Beginn der Krise hat sich die Amazon-Aktie fast verdoppelt. Doch immer wieder steht der Onlineversandhändler wegen seiner Arbeitsbedingungen in der Kritik. Der Panorama-Bericht zeigt erneut, dass der Standort Winsen kein Einzelfall ist.

Bei Amazon Leipzig sind FFP2-Masken zwar nicht ausdrücklich verboten. Die Mitarbeiter bekommen die 30-minütige Pause allerdings nicht bezahlt. Stattdessen werde die Zeit vom Überstundenkonto abgezogen, wie Thomas Rigol vom Betriebsrat Amazon Leipzig bestätigte. Der Onlineversandhändler hält damit dennoch alle gesetzlichen Regelungen ein.

Corona: Keine Vorgaben der Politik zur Maskenpflicht für Amazon und Co.

Die Politik macht den Betrieben bislang in puncto Masken keine Vorgaben. Ein Skandal, findet Professor Klaus Dörre. Es gäbe eine Zweiklassengesellschaft: „Die einen sitzen im Homeoffice und die anderen stehen unter dem Zwang, täglich präsent zu sein. Und da würde man erwarten, dass zumindest die den bestmöglichen Schutz genießen.“

In der Vergangenheit kam es daher immer wieder zu Infektionen bei der Belegschaft. Im Amazon-Verteilerzentrum Bayreuth etwa infizierte sich rund ein Viertel der Beschäftigten. Auch Supermarktangestellte sind besonders gefährdet: Bei einem Corona-Ausbruch in einer Rewe-Filiale in Bayreuth erkrankten 18 Mitarbeiter.

Der Arzt, Professor und Politiker Karl Lauterbach hält eine FFP2-Pflicht in Unternehmen immer dann für sinnvoll, wenn eine Aerosolübertragung nicht auszuschließen ist. „Wenn die Arbeitgeber dafür kein Verständnis haben, werden wir vielleicht irgendwann an den Punkt kommen, wo wir die Betriebe dann doch eine Zeitlang schließen müssen“, sagte der SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach gegenüber Panorama.

FFP2-Masken pro oder Contra? Experten geteilter Meinung

Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) sieht FFP2-Masken für Laien hingegen kritisch. Denn die Maske gewähre nur dann besseren Schutz, wenn sie ordnungsgemäß getragen werde. Krankenhaus-Personal erhält dafür eine spezielle Einschulung. Die FFP2-Maske muss genau am Gesicht abschließen. Bartträger müssten sich beispielsweise rasieren, um das zu gewährleisten. Liegt die Maske nicht genau an, schützt sie nach Ansicht der DGKH sogar weniger gut als eine herkömmliche medizinische Maske.

Bei der Anwendung durch Laien ist ein Eigenschutz über den Effekt eines korrekt getragenen Mund-Nasenschutzes hinaus daher nicht zwangsläufig gegeben. 

Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene

Statt der FFP2-Maske empfehlen die Mediziner der DGKH vielmehr, „die Bevölkerung zum korrekten Tragen und der Prüfung auf Dichtsitz der bisherigen Mund-Nasenbedeckungen“ zu motivieren. Der Tipp: Wer einen Luftzug auf dem Gesicht spürt, trägt die Maske nicht richtig.

Christof Asbach von der Gesellschaft für Aerosolforschung zeigt sich dennoch überzeugt. Der Experte sagt gegenüber Panorama: „Die FFP2-Maske ist dann die bessere Wahl, wenn sie dicht am Gesicht abschließt. […].“ Sofern das gegeben sei, wirke das Filtermaterial wesentlich besser als das einer herkömmlichen Einwegmaske.

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