1. Startseite
  2. Wirtschaft

Ampel-Pläne zu 2G schocken den Handel – „Unverhältnismäßig, existenzgefährdend, brutal“

Erstellt:

Von: Thomas Schmidtutz

Kommentare

Josef Sanktjohanser: Der Präsident des Einzelhandelsverbands hat in einem Brandbrief an Angela Merkel und Olaf Scholz vor der Einführung von 2G im Handel gewarnt.
Josef Sanktjohanser: Der Präsident des Einzelhandelsverbands hat in einem Brandbrief an Angela Merkel und Olaf Scholz vor der Einführung von 2G im Handel gewarnt. © Reiner Zensen/Imago

Die geplante 2G-Regel sorgt für Alarmstimmung: Die stationären Händler sehen sich erneut als Opfer der Corona-Politik - und gehen auf die Barrikaden.

Düsseldorf – Die verschärfte Corona-Lage droht dem Handel das wichtige Weihnachtsgeschäft zu verhageln. Bereits am ersten Adventswochenende blieben viele Verbraucher angesichts hoher Inzidenzzahlen den Innenstädten fern. Jetzt droht der Branche ein weiterer, schlimmer Rückschlag. 

Denn nach der Telefon-Schalte mit Angela Merkel und Olaf Scholz am Dienstag (30. November) zeichnet sich eine 2G-Pflicht für weite Teile des Einzelhandels ab. Nach den Plänen* sollen demnächst nur noch Geimpfte und Genesene in Warenhäusern, Modegeschäften und Elektronikläden einkaufen dürfen. Ausnahmen sollen für Geschäfte des täglichen Bedarfs gelten, wie etwa Supermärkte oder Drogerien. Die neuen Regeln sollen offenbar bereits auf dem Corona-Gipfel am Donnerstag (2. Dezember) beschlossen werden.

Kein Wunder, dass der Handel jetzt auf die Barrikaden geht: Eine flächendeckende 2G-Pflicht könnte zu Umsatzrückgängen „von bis zu 50 Prozent führen und für die Einzelhändler daher existenzgefährdende Auswirkungen haben“, warnte der Präsident des Handelsverbandes Deutschlands (HDE), Josef Sanktjohanser, am Mittwoch in einem Brandbrief an Merkel und ihren designierten Nachfolger Olaf Scholz. Zugleich appellierte der HDE-Präsident eindringlich an die alte und die neue Bundesregierung, auf eine bundesweite 2G-Regel im Handel zu verzichten.

Handel: 2G-Pflicht verfassungswidrig

„Der Handel hat seit Beginn der Corona-Krise erhebliche Sonderopfer gebracht, obwohl er zu keinem Zeitpunkt als Inzidenztreiber bezeichnet werden konnte. Vielmehr haben zahlreiche Studien ergeben, dass das Risiko der Ansteckung im Einzelhandel marginal ist“, betonte der HDE-Präsident in seinem Schreiben an Merkel und Scholz. 2G in weiten Teilen des Handels einzuführen, helfe nicht bei der Eindämmung der Pandemie und sei obendrein auch noch „unverhältnismäßig und daher rechtswidrig“. Dies habe auch ein Rechtsgutachten der Kanzlei Noerr ergeben.

Handel: 2G-Pflicht ist „Show-Maßnahme der Politik“

Auch bei großen Unternehmen ist das Unverständnis über die Pläne riesengroß. Der Chef des Textil-Discounters Kik sagte, die Pläne seien „nur eine Show-Maßnahme der Politik. Die Vorgabe für den Handel mache keinen Sinn, wenn sich die Menschen gleichzeitig in Zügen oder Flugzeugen ohne Einschränkungen bewegen könnten. „In den drei Bundesländern wo 2G schon praktiziert wird, machen wir 30 Prozent weniger Umsatz - und das bei vollen Kosten, weil wir niemanden in Kurzarbeit schicken können“, klagte der Manager. „Es ist brutal.“

Gleichzeitig bekämen die Mitarbeiter die Aggressionen vieler Kunden zu spüren, wenn sie die Einhaltung der 2G-Regel überprüften. „Die Kunden verstehen nicht, dass sie im Drogeriemarkt nebenan problemlos einkaufen können, bei uns aber Impfausweis und Personalausweis rausholen müssen“, sagte Zahn.

Die Textilhandelskette Ernstings Family sprach angesichts der 2G-Pläne von einem „weiteren Schlag ins Gesicht derjenigen, die bereits im letzten Winter deutlich benachteiligt wurden“. Faktisch führe 2G im Handel „zu Frequenzrückgängen von mindestens 30 Prozent, die sich auch in massiven Umsatzeinbußen bemerkbar machen - und das im so wichtigen Weihnachtsgeschäft“.

2G-Pflicht für stationären Einzelhandel: Schub für Online-Plattformen

Der große Gewinner der Entwicklung dürfte erneut der Online-Handel sein. Schon vor der aktuellen Zuspitzung der Corona-Krise wollten laut GfK fast zwei Drittel der Verbraucher, Geschenke hauptsächlich im Internet einkaufen. Diese Zahl könnte nun noch weiter steigen - zu Lasten der Händler in den Innenstädten. (utz mit Material von dpa) *Merkur.de ist Teil von IPPEN.MEDIA

Auch interessant

Kommentare