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Gabriel erzürnt: "Das ist absurd"

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Die neuen EU-Pläne verärgern nicht nur Sigmar Gabriel
Die neuen EU-Pläne verärgern nicht nur Sigmar Gabriel © dpa/Archiv

Brüssel - Überlegungen aus Brüssel zum Ausbau der Atomenergie stoßen in Deutschland auf scharfen Widerspruch. Wirtschaftsminister Gabriel spricht von einem "völlig falschen Weg" und bekommt Unterstützung.

Überlegungen aus Brüssel für einen Ausbau der Atomenergie sind in Deutschland auf scharfen Widerspruch gestoßen. Das Diskussionspapier aus dem Forschungsressort der EU-Kommission weise einen "völlig falschen Weg", sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Dienstag in Brüssel. Seine Kabinettskollegin aus dem Umweltressort, Barbara Hendricks (SPD), sprach von einer "verrückten und unverantwortlichen Idee". Die EU-Kommission betonte ihrerseits, dass das Papier keine Vorfestlegungen enthalte.

Das Brüsseler Forschungsressort gibt in dem Strategiepapier das Ziel aus, die technologische Vorherrschaft im Nuklearsektor mit EU-Forschungsgeld zu verteidigen und beim Bau neuer Reaktoren auf EU-Ebene zusammenzuarbeiten. Die EU-Kommission mühte sich, die Aufregung zu dämpfen: Es handele sich um ein "Diskussionspapier", das kommende Woche "offen" mit Vertretern aller interessierten Mitgliedstaaten diskutiert werden solle, hieß es in Brüssel. Es lege "in keiner Weise" die Position der EU-Kommission fest.

"Spiegel Online" hatte zuerst über den Entwurf für ein Strategiepapier berichtet. Demnach soll der Ausbau der Kernkraft unter anderem aus dem EU-Fonds für strategische Investitionen (EFSI) und den Forschungsprogrammen der EU gefördert werden. Abgewickelt werden einige dieser Förderprogramme über die Europäische Investitionsbank (EIB), über die das deutsche Finanzministerium mitbestimmt.

Hendricks fordert weiter erneuerbare Energien

Schon in dem vergangenes Jahr vorgelegten Plan für eine EU-Energiestrategie wurde die Kernkraft als eine von mehreren Prioritäten genannt. In der rechtlich nicht bindenden "Absichtserklärung", für die das von "Spiegel Online" zitierte Papier die Grundlage ist, sollen nun Ziele, Zeitplan und Finanzierung genauer festgelegt werden.

Wirtschaftsminister Gabriel stellte den Sinn dieser Überlegungen generell in Frage: "Es ist schon absurd darüber nachzudenken, wie man eine der ältesten Technologien, die wir zur Energieerzeugung in Europa nutzen, erneut mit Subventionen ausstatten will", sagte er. Europa müsse nachhaltige Energien fördern, nicht solche, "bei denen die nachfolgende Generation wieder mit hunderten und tausenden Tonnen von Atommüll belastet wird".

Ähnlich äußerte sich Umweltministerin Hendricks: "Zu glauben, man könne mit noch mehr Atomkraft das Klima retten, ist ein Irrtum", erklärte sie. "Klimaschutz braucht die Wende zu erneuerbaren Energien, kein Festhalten an einer veralteten und zudem kostspieligen Technologie."

Deutschland will 2022 ganz aussteigen

Die deutschen Grünen zeigten sich empört. Ex-Umweltminister Jürgen Trittin bezeichnete die Brüsseler Überlegungen als "Blödsinn unfassbaren Ausmaßes". Deutschland müsse diese "Geisterfahrt" stoppen, sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwochsausgabe). Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sprach von einer "Rolle rückwärts".

Der CDU-Europaabgeordnete Herbert Reul schlug einen anderen Ton an. "Die Aufregung ist verlogen und unehrlich", sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Mittwochsausgaben). Kernenergie sei weder verboten, noch könne die EU-Kommission den Mitgliedsstaaten die Formen der Stromgewinnung vorschreiben.

In der EU gibt es derzeit 131 Atomkraftwerke in 14 Mitgliedstaaten, sie haben eine Kapazität von rund 121 Gigawatt. Derzeit sind in 14 Ländern neue Atomkraftwerke in Planung. Über Ausbau oder Ausstieg aus der Atomkraft entscheiden die nationalen Regierungen.

Vor fünf Jahren hatte ein Tsunami das japanische Atomkraftwerk Fukushima zerstört. Als Konsequenz daraus beschlossen Bundesregierung und Bundestag in Deutschland den Ausstieg aus der Nutzung der Atomkraft für die Stromerzeugung bis Ende 2022.

afp

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