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Erfahrener Bergretter erklärt: So kompliziert ist die Suche nach dem Tengelmann-Chef

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SWITZERLAND "HOERNLI" MOUNTAIN HUT
Karl Lauber (r.) betreibt die Hörnlihütte am Fuße des bekanntesten Viertausenders der Welt. © picture alliance/KEYSTONE  / ARNO BALZARINI

Die Überlebenschancen des vermissten Tengelmann-Chefs schwinden weiter. Ein erfahrener Bergretter erklärt die komplizierte Suche in der Zermatter Bergwelt.

Zermatt - In Bergsteiger-Kreisen hat er Kultstatus, sein Buch Der Wächter des Matterhorns fesselt passionierte Kraxler wie Flachlandtiroler gleichermaßen: Kurt Lauber ist seit 1995 Hüttenwirt auf der legendären Hörnlihütte am Fuße des bekanntesten Viertausenders der Welt. Außerdem zählt er zu den erfahrensten Bergrettern der Schweiz, hat an über 1000 Einsätzen teilgenommen. Im tz-Interview erklärt der 57-Jährige, warum die Vermisstensuche in der Zermatter Bergwelt so schwierig ist.

Herr Lauber, wo setzt man an, wenn man in einem Fels- und Eislabyrinth von 38 Viertausendern einen vermissten Bergsteiger sucht? 

Kurt Lauber: Das ist in der Tat sehr schwierig – gerade im Winter. Auf Skiern kann man in kurzer Zeit sehr große Strecken zurücklegen. Und wenn man auf Tourenskiern unterwegs ist, dann wird der Aktivitäts-Radius noch größer, weil man mit Hilfe der Steigfelle auch Gegenanstiege bewältigen und ins nächste Tal abfahren kann. Also suchen wir zunächst Anhaltspunkte dafür, in welchem Teilgebiet der Vermisste unterwegs gewesen sein könnte. 

Und wie findet man die? 

Lauber: Man wertet unter anderem Kreditkartendaten aus, schaut, wo der Vermisste damit bezahlt hat–beispielweise auf Hütten oder in Restaurants. Auch Bergbahn-Tickets,die oft mit Kreditkarte bezahlt werden oder mit einem Foto versehen sind, lassen sich auslesen. Dadurch kann man ermitteln, welche Bahn der Gesuchte zuletzt genommen hat. Zudem probiert man, das Handy zu orten – jedenfalls solange der Akku noch geht. So versucht man, das Suchgebiet einigermaßen einzugrenzen. 

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Aber selbst, wenn das gelingt, haben die Rettungskräfte nicht immer Erfolg.

Lauber: Nein, denn selbst dann ist das Areal oft noch riesengroß, und es gibt die unterschiedlichsten Gefahrenstellen: Gletscherspalten, Eisabbrüche, Felsrinnen, Geröllfelderoder versteckte Bäche. Das ist, als würde man die berühmte Stecknadel im Heuhaufen suchen. Dazu kommt, dass bei uns derzeit erschwerte Verhältnisse herrschen: Es liegt noch sehr viel Schnee, und in den letzten Tagen war das Wetter eher schlecht. 

Wie lange hat eine Suche unter solchen Voraussetzungen Aussicht auf Erfolg? 

Lauber: Die genaue Dauer hängt immer vom Einzelfall ab, aber grundsätzlich gilt: Wir suchen, solange es für den Vermissten noch eine realistische Überlebenschance gibt – selbst wenn diese minimal ist. Sie wird natürlich von Tag zu Tag kleiner, bis die Suche irgendwann keinen Sinn mehr macht. Auch die Kosten spielen im Normalfall eine Rolle, denn die Versicherungen stellen nur für eine bestimmte Zeit Geld für die Sucheinsätze zur Verfügung. Manchmal werden die Vermissten erst nach Jahren zufällig gefunden oder bleiben sogar für immer verschollen.

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