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Fünf Münchner Weltfirmen und ihre Wurzel

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Von: Martin Prem

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Eines der ältesten Gebäude am Ur-Werk von BMW: Es gehört heute wieder zu dem DAX-Konzern.
Eines der ältesten Gebäude am Ur-Werk von BMW: Es gehört heute wieder zu dem DAX-Konzern. © Gudrun Muschalla/BMW

Fünf der wichtigsten Münchner Industriebetriebe haben eine gemeinsame Geschichte. Die wenigsten Menschen wissen davon.

München – Wenn man heute auf dem Dach des BMW-Hochhauses steht, hat man in der Regel einen Blick über München, das Oberland bis weit hinein in die Tiroler Alpen. Im Nordosten sieht man den Flughafen und bei günstigem Wetter die Dampfwolke des Kernkraftwerks Ohu bei Landshut und im Westen schweift der Blick über endlose Gewerbegebiete der Landeshauptstadt bis hin zum Dachauer Schloss.

Wäre man vor 150 Jahren an der gleichen Stelle gestanden, hätte man im Nordosten die Spitze des gotischen Kirchturms St. Georg in der Schwaige Milbertshofen gesehen, im Westen die romanische Kirche St. Martin am Moosacher Pelkovenschlössl. Nur den nördlichsten Häusern von Schwabing sah man an, dass weiter im Süden noch etwas ganz anderes zu finden war als uraltes Bauernland.

Die wichtigste Keimzelle der wirtschaftlichen Entwicklung Bayerns

Noch vor 75 Jahren bot sich Passanten ein jämmerlicher Anblick: Provisorisch geflickte Dächer, Stahlskelette von Werkshallen, die von den Feuersbrünsten der Bombennächte im Zweiten Weltkrieg zu grotesken Gebilden verbogen waren. Genau hier lag die wichtigste Keimzelle der wirtschaftlichen Entwicklung Bayerns. Das BMW-Stammwerk an der Dostlerstraße in Milbertshofen direkt hinter der später gebauten Konzernzentrale, dem BMW Museum und der BMW Welt, die heute alle Wahrzeichen Münchens sind.

Ein Münchner Weltkonzern mit über 10 000 Beschäftigten: der Triebwerksbauer MTU Aero Engines. Der Mitarbeiter arbeitet an einer Flugzeug-Turbine.
Ein Münchner Weltkonzern mit über 10 000 Beschäftigten: der Triebwerksbauer MTU Aero Engines. Der Mitarbeiter arbeitet an einer Flugzeug-Turbine. © MTU Aero Engines AG/dpa

Im Zweiten Weltkrieg wurden hier ausschließlich Flugzeugmotoren gebaut. Die bescheidene Rumpfproduktion von Motorrädern wurde von München ins damals einzige BMW-Autowerk in Eisenach verlagert. Und nach dem Krieg wurden die meisten Maschinen als Reparationsgüter in alle Welt verschickt.

So bauten die Arbeiter, was sie noch bauen durften, und was in der bitteren Nachkriegszeit gebraucht wurde: Kochtöpfe zum Beispiel, bevor die Besatzungsmächte 1948 den Anlauf einer Motorradproduktion erlaubten und ab 1951 auch wieder Autos gefertigt wurden.

Doch das ist nur ein winziger Teil des Erbes, das auf der Geschichte der Bayerischen Motorenwerke aufbaut. Es gab nämlich ein zweites BMW-Werk in München. Eines, das weit weniger beschädigt war, weil es die alliierten Bomberverbände viel schwerer finden konnten. Es wurde in den 1930er-Jahren im Rahmen der NS-Kriegsvorbereitung als BMW-„Schattenwerk“ gut getarnt im Allacher Forst versteckt. Auch hier wurden Flugmotoren gebaut und nach dem Zweiten Weltkrieg viele Maschinen demontiert.

Die Hauptzentrale von Knorr-Bremse in München: Das Unternehmen ist der weltweit führende Hersteller von Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge.
Die Hauptzentrale von Knorr-Bremse in München: Das Unternehmen ist der weltweit führende Hersteller von Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge. © Imago

Doch dann entdeckten die US-Streitkräfte in München das Werk als Service-Station für ihre Fahrzeugflotten. Militärlaster wurden hier gewartet, überholt, repariert und zum Teil auch neu aufgebaut. Für BMW war das Werk in dieser Zeit verloren, doch immerhin fanden hier viele der Vorkriegsbeschäftigten Arbeit und sogar eine Perspektive.

Knorr Bremse, MAN, Traton, MTU und BMW verbindet ein Ort in München

Als die Amerikaner abzogen, wurde das Werk an die Maschinenfabrik Augsburg Nürnberg verkauft, die damit ihr Hauptwerk in München hatte. Auf einem kleineren Teil des Geländes baute BMW auch wieder Flugmotoren. Doch auch dieser Teil wurde zunächst an MAN verkauft, über den Umweg über Daimler und deren Tochter DASA und über Finanzinvestoren, wurde daraus der heute unabhängige Flugmotorenbauer MTU Aero Engines.

Weil auf dem Gelände noch Platz war, mietete sich auch Traton ein. Die Nutzfahrzeugtochter des VW-Konzerns, zu der neben MAN und Scania heute noch zwei amerikanische Nutzfahrzeugbauer gehören, richtete dort ihre Konzernzentrale ein.

Das bombardierte BMW-Stammwerk in Milbertshofen, 1945. Ein Teil der Werkseinrichtung wurde von den Alliierten als Reparationsleistung beschlagnahmt.
Das bombardierte BMW-Stammwerk in Milbertshofen, 1945. Ein Teil der Werkseinrichtung wurde von den Alliierten als Reparationsleistung beschlagnahmt. © BMW

Damit ist die Geschichte der BMW-Erbstücke aber noch nicht zu Ende erzählt. Geht man vom BMW-Stammwerk einige 100 Meter die Lerchenauer Straße nach Norden, findet man zwei uralte Fabrikgebäude. Hier standen die Rapp Motorenwerke, die 1917 in Bayerische Motorenwerke umbenannt wurden. Doch unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg und dem Verbot, Flugmotoren zu bauen, verkaufte der damalige BMW-Großaktionär Camillo Castiglioni das Unternehmen an die Berliner Knorr Bremse. BMW wäre nur eine Randbemerkung der Münchner Wirtschaftsgeschichte gewesen. Zwei Jahre später kaufte Castiglioni Konstruktionspläne und den Namen reumütig zurück und startete am Ort des heutigen BMW-Stammwerks durch.

Knorr Bremse hat bis heute seinen Konzernsitz am ältesten Teil des BMW-Geländes. Damit geht auch dieses Münchner Industrieunternehmen neben MAN, Traton, MTU und natürlich BMW auf die BMW-Historie zurück. Alle fünf haben gemeinsame Wurzeln. Die beiden ältesten Gebäude am Ur-Werk, gehören heute wieder zu BMW. Der Konzern hat dort seine Unternehmenshistorie und die BMW Classic untergebracht. Über dem historischen Einfahrtbogen prangt heute der Firmenname, wie er bei seiner Gründung geschrieben wurde Bayr. Motoren Werke. (MARTIN PREM)

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