Chinas Investitionsboom in Europa ist offenbar vorbei

Die fetten Jahre sind vorbei: Einer Studie zufolge haben chinesische Unternehmen zuletzt deutlich weniger in Europa investiert als noch vor einigen Jahren.
München - Chinas Investitionen in Europa sind auch im vergangenen Jahr auf niedrigem Niveau geblieben. Das geht aus einer Studie hervor, die die China-Denkfabrik Merics und das Forschungsinstitut Rhodium Group am Mittwoch (27. April) veröffentlicht haben. Dem Bericht zufolge stiegen chinesische Investitionen in Europa im vergangenen Jahr zwar um mehr als ein Drittel gegenüber 2020 auf nun 10,6 Milliarden Euro an; insgesamt war 2021 allerdings nach 2020 das Jahr mit den geringsten chinesischen Geldströmen nach Europa seit 2013.
„Verglichen mit den Spitzenzeiten um 2016 haben sich die chinesischen Investitionen auf niedrigem Niveau eingependelt“, sagt der Merics-Chefökonom Max J. Zenglein. „Ich gehe davon aus, dass in dem derzeitig schwierigen wirtschaftlichen und regulatorischen Umfeld chinesische Investitionen in absehbarer Zeit nicht signifikant ansteigen werden.“ Neben den Niederlanden waren erneut Deutschland, Großbritannien und Frankreich die beliebtesten Ziele für chinesische Direktinvestitionen, so die Studie. Auch in Infrastruktur- und Energieprojekte in Südeuropa geht demnach chinesisches Geld.
China: Übernahme von deutschem Hersteller von Beatmungsgeräten gestoppt
„Die Art der chinesischen Investitionen in Europa hat sich in den vergangenen Jahren grundsätzlich verändert“, erklärt Agatha Kratz, Direktorin bei der Rhodium Group. „Die Zeit der milliardenschweren Übernahmen in strategischen Sektoren ist vermutlich vorbei.“ Stattdessen würden chinesische Unternehmen in Europa eigene Fabriken errichten, etwa im Bereich des Baus von Batterien für die E-Mobilität. Auch als Kapitalinvestoren in europäischen Start-ups würden sich chinesische Unternehmen betätigen.
„Diese Aktivitäten sind nicht zwingend beunruhigend, denn solche Investitionen können belebend auf Europas Wirtschaft wirken“, so Kratz. „Aber sie müssen von der europäischen Politik genau beobachtet werden, da sich die Risiken der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit China gerade verschieben.“
China: Wirtschaft leidet unter Corona-Lockdowns
Übernahmen deutscher Firmen durch chinesische Investoren waren in der Vergangenheit immer wieder in die Kritik geraten und in Einzelfällen von der Bundesregierung untersagt worden. Zuletzt verweigerte Berlin am Mittwoch dem Kauf der Heyer Medical AG durch die Aeonmed-Gruppe aus Peking die Genehmigung. Beide Unternehmen stellen Medizinprodukte her, darunter vor allem Beatmungsgeräte. Wie das Handelsblatt berichtet, wurde die Übernahme nun aus Gründen der öffentlichen Sicherheit gestoppt.
Die chinesische Wirtschaft leidet derzeit unter den vielen Lockdowns, die die Regierung aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus verhängt hat. Betroffen ist derzeit vor allem Shanghai, wo sich der größte Hafen der Welt befindet. Produktionsausfälle und gestörte Lieferketten treiben auch in Deutschland die Preise in die Höhe. (sh)