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Neuer Hoffnungsträger: US-Riese startet Produktion von eigenem Impfstoff – Geht nun alles ganz schnell? 

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Von: Thomas Schmidtutz

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Janssen: Die Pharma-Tochter des US-Riesen Johnson&Johnson steht kurz vor dem Antrag auf Zulassung ihres Corona-Impfstoffs.
Janssen: Die Pharma-Tochter des US-Riesen Johnson&Johnson steht kurz vor dem Antrag auf Zulassung ihres Corona-Impfstoffs. © Imago/Pavlo Gonchar

In der EU ist die Verärgerung über mögliche Liefer-Engpässe bei Corona-Impfstoffen groß. Bei der Suche nach Alternativen rückt jetzt der Impfstoff von Johnson & Johnson in den Fokus. 

München - Der US-Konzern Johnson & Johnson (J&J) arbeitet mit Hochdruck am geplanten Marktstart seines Corona-Impfstoffs in Europa. Die Produktion des Impfstoff*-Kandidaten bei der J&J-Tochter Janssen im Werk im niederländischen Leiden „ist bereits angelaufen“, sagte eine Janssen-Sprecherin gegenüber Merkur.de*.

Zu einem konkreten Termin für den Marktstart in der EU wollte sich die Sprecherin aber nicht äußern. Dazu müsse man zunächst noch die Ergebnisse der klinischen Phase III abwarten. Die entsprechenden Daten dürften jedoch bis Ende Januar vorliegen. Je nach Ausgang werde man dann „zeitnah den Zulassungsantrag bei der europäischen Arznei-Mittel-Agentur (EMA) stellen“, hieß es.

Corona-Impfstoff: J&J-Impfstoff-Kandidat - Vielversprechende Zwischenergebnisse

Die Zwischenergebnisse mit dem Impfstoff-Kandidaten Ad26.COV2-S sind offenbar vielversprechend. Bereits nach der ersten Dosis sei es bei über 90 Prozent der Studienteilnehmer in Phase 1 und 2a zur Bildung von neutralisierenden Antikörpern gegen Sars-CoV-2 gekommen, heißt es in einem Beitrag im renommierten New England Journal of Medicine. Nach 57 Tagen hätten 100 Prozent der Probanden Antikörper gebildet. Auch bei älteren Teilnehmern habe der Impfstoff sehr gut angeschlagen.

Zu einem ähnlichen Fazit kam jüngst auch Professor Emil Reisinger von der Uni Rostock. Die Daten der Testphasen 1 und 2 seien „sehr zufriedenstellend“, hatte der Infektiologe und Studienleiter unlängst in einem Gespräch mit der Ostsee-Zeitung gesagt. Nun könnte die J&J-Tochter auch in der EU grünes Licht erhalten. Brüssel hat bei J&J 200 Millionen Dosen des Impfstoffs geordert, auf weitere 200 Millionen Dosen besteht eine Option.

Bei Ad26.COV2-S handelt es sich um einen sogenannten Vektor-Impfstoff. Dabei werden für den Menschen ungefährliche Adeno- bzw. Schnupfen-Viren als Boten genutzt, die die Information für die Herstellung der Sars-CoV-2-Hülle transportieren. Nach der Impfung sorgen sie dafür, dass im Körper kleine Teile der Hülle des Coronavirus nachgebaut werden und so die Immun-Abwehr ausgelöst wird. Die entstehenden Antikörper sollen dann vor Sars-CoV-2 schützen. Im Unterschied zu den mRNA-Impfstoffen von Biontech oder Moderna sind Vektor-Impfstoffe bereits seit langem im Einsatz, etwa gegen Ebola oder das Dengue-Fieber.

Corona-Impfstoff-Kandidat J&J: Zentrale Pluspunkte

Gegenüber den bereits zugelassenen Impfstoffen von Biontech oder Moderna* oder dem ebenfalls vor der Zulassung stehenden Präparat von Astra-Zeneca verspricht der Impfstoff-Kandidat von J&J mehrere zentrale Vorteile. Erstens genügt voraussichtlich bereits eine Impfdosis. Bei Biontech oder Moderna sind hingegen zwei Impfrunden nötig. Außerdem ist das Präparat laut Janssen bei Kühlschrank-Temperaturen drei Monate lagerfähig. Der mRNA-Impfstoff von Biontech muss hingegen bei minus 70 Grad transportiert und gelagert werden. Zudem ist die Entwicklung der J&J-Pharma-Tochter offenbar auch bei älteren Menschen wirksam. Bei Astra-Zeneca ist zuletzt eine Diskussion darüber entbrannt, ob der Impfstoff auch bei Senioren eine starke Immunabwehr auslöst.

Impfstoffe: Herbe Rückschläge im Kampf gegen Corona

Eine geringere Wirksamkeit des Astra-Zeneca-Wirkstoffs bei älteren Menschen wäre ein weiterer Rückschlag im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Erst am vergangenen Freitag (22.1.) hatte Astra-Zeneca die zugesagte Lieferung seines Impfstoff-Kandidaten drastisch gekürzt. Statt der vereinbarten 80 Millionen Dosen will der britisch-schwedische Konzern im ersten Quartal nur noch 31 Millionen Einheiten liefern. Zur Begründung hatte das Unternehmen auf Schwierigkeiten in der Lieferkette verwiesen.

Die überraschende Verringerung der zugesagten Liefermenge hatte in Brüssel für Empörung gesorgt. Um gegenüber anderen Ländern wie den USA oder Großbritannien nicht noch weiter ins Hintertreffen zu geraten, will die EU nun durchgreifen. Nach den Vorstellungen von EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriadkides will Brüssel die Pharmahersteller nun dazu verpflichten, mögliche Ausfuhren aus der EU frühzeitig zu melden. Dazu will die EU-Kommission nun rasch ein entsprechendes Transparenz-Register einführen. *Merkur.de ist Teil des Ippen Digital Netzwerks.

Redaktioneller Hinweis: In der ersten Fassung dieses Beitrags haben wir berichtet, dass der J&J-Impfstoff in Großbritannien bereits zugelassen ist und verimpft wird. Das ist falsch. Wir haben die entsprechenden Passagen nach dem Hinweis eines Lesers entsprechend korrigiert.

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