Mehr Netto vom Brutto: Wie viel die Steuerentlastungen 2023 bringen

Für fast alle Beschäftigten steigt der Nettolohn zum Jahreswechsel. Gutverdiener verzeichnen das größte Plus, wie unser Überblick zeigt.
München - 2023 steigt der steuerliche Grundfreibetrag beträchtlich. Arbeitnehmer müssen deshalb weniger Steuern zahlen. Bei den Sozialversicherungen wird es dagegen etwas teurer. Arbeitnehmer müssen im Schnitt 0,25 Prozentpunkte mehr an Beiträgen entrichten. Insgesamt sind es nun 20,225 Prozent. Für Kinderlose ab 23 Jahren kommen 0,35 Prozentpunkte hinzu. Wie sieht die Entwicklung in den einzelnen Sozialversicherungen aus?
Steuerentlastungen 2023: Renten- und Krankenversicherung
Sozialversicherungen
Bei der Rentenversicherung bleibt der Beitragssatz unverändert bei 18,6 Prozent. Versicherte zahlen davon 9,3 Prozent. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung steigt von 2,4 auf 2,6 Prozent. Arbeitnehmer zahlen davon die Hälfte. Der Beitragssatz zur Pflegeversicherung beträgt für Versicherte mit Kind 3,05 Prozent. Diesen teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Kinderlose zahlen 0,35 Prozentpunkte mehr – ohne Arbeitgeberbeteiligung. In Sachsen gelten Sonderregeln.
Krankenkassenbeitrag
Bei der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt es bei einem allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent. Hinzu kommt ein „kassenindividueller Zusatzbeitrag“. Dieser steigt 2023 im Schnitt um 0,3 Prozentpunkte auf 1,6 Prozent. Die Unterschiede zwischen den Kassen sind nach wie vor beträchtlich. Wichtig zu wissen: Den kompletten Beitrag teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils zur Hälfte.
Tipp: Beim Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung lohnt sich ein Kassenvergleich. Denn jede Kasse legt diesen Beitrag entsprechend ihrer finanziellen Situation fest. Derzeit liegt die Spannbreite beim Zusatzbeitrag zwischen 0,6 und 1,7 Prozent. Versicherte mit einem Bruttoeinkommen von 3.000 Euro zahlen bei einem Zusatzbeitrag von 0,6 Prozent monatlich neun Euro zusätzlich für die Krankenversicherung.
Bei einem Zusatzbeitrag von 1,7 Prozent sind es 25,50 Euro. Da kann sich ein Kassenwechsel schon lohnen. 2023 wird man in der Regel nicht per Brief über eine Beitragserhöhung informiert. Eine Pflicht der Krankenkassen ist bis Mitte 2023 ausgesetzt. Eine genaue Kontrolle der Gehaltsabrechnung ist deshalb dringend anzuraten.
Kassenwechsel
Wenn die gesetzliche Krankenkasse ihren Beitrag erhöht, haben Versicherte ein Sonderkündigungsrecht, wobei eine Kündigungsfrist von zwei vollen Monaten immer eingehalten werden muss. Die Kündigung muss nicht persönlich erklärt werden. Wechselwillige können einfach eine neue Kasse wählen. Diese kümmert sich dann um die Kündigungs- und Wechselmodalitäten.
Bemessungsgrenzen
Zahlen auch sehr gut verdienende Arbeitnehmer vom vollen Einkommen Sozialversicherungsbeiträge? Die Antwort lautet Nein. Beiträge werden nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze der jeweiligen Versicherung erhoben. In der Kranken- und Pflegeversicherung liegt diese 2023 bei 4.987,50 Euro, also bei knapp 5.000 Euro. 2022 lag sie noch bei 4.837,50 Euro.
Tipp: Für Arbeitnehmer, die monatlich 5.000 Euro oder mehr verdienen, kann sich eine private Krankentagegeldversicherung lohnen. Denn das Krankengeld berechnet sich anhand der Beitragsbemessungsgrenze von 4.987,50 Euro.
Die Beitragsbemessungsgrenze in der Renten- und Arbeitslosenversicherung ist deutlich höher. Sie steigt in diesem Jahr in Westdeutschland um 250 Euro auf 7.300 Euro im Monat. Entsprechend fallen für sehr gut verdienende Arbeitnehmer in den Sozialversicherungen 2023 höhere Beiträge an.
Versorgungslücke
Ergibt sich für Arbeitnehmer mit sehr hohem Einkommen eine Versorgungslücke? Für den Teil des Einkommens, der 7.300 Euro (Westdeutschland) übersteigt, werden auch keine Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung abgeführt. Entsprechend ist der Höchstbetrag beim Arbeitslosengeld gedeckelt. Ähnliches gilt bei der Rentenversicherung. Pro Jahr können Versicherte deshalb nur Rentenansprüche in Höhe von gut zwei Rentenpunkten (Entgeltpunkte) erwerben. Für den über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Teil des Bruttoentgelts werden auf dem Rentenkonto keine Ansprüche gutgeschrieben. Hier ergibt sich in jedem Fall eine Versorgungslücke.
Tipp: Gerade für sehr gut verdienende Arbeitnehmer ab 50 Jahren lohnt es sich besonders, Ausgleichszahlungen für zu erwartende Rentenminderungen in die Rentenkasse zu leisten. Dies ist immer dann möglich, wenn aufgrund der bis zum Einzahlungszeitpunkt auf dem Rentenkonto gespeicherten Versicherungszeiten die realistische Möglichkeit besteht, dass mit 62 Jahren (Schwerbehindertenrente) beziehungsweise 63 Jahren (Altersrente für langjährig Versicherte) Anspruch auf ein vorgezogenes Altersruhegeld bestehen wird.
Alternativ dazu können Betroffene über ETF-Sparpläne und fondsgebundene Rentenversicherungen fürs Alter sparen.
Pflichtgrenze
Eine Versicherungspflichtgrenze gibt es nur bei der Kranken- und Pflegeversicherung. Sie gilt bundeseinheitlich und steigt 2023 auf 5.550 Euro (2022: 5.362,50 Euro) brutto im Monat beziehungsweise 66 600 Euro im Jahr.
Wer ein höheres Arbeitsentgelt bezieht, ist in der Regel versicherungsfrei und kann sich zwischen einer freiwilligen gesetzlichen oder einer privaten Krankenversicherung (PKV) entscheiden. Die Möglichkeit zum Eintritt in die PKV nutzen immer weniger Arbeitnehmer: Inzwischen gibt es 3,07 Millionen Gutverdienende (September 2022), die freiwillig gesetzlich versichert sind, obwohl die Türen der PKV für sie offen standen. 2010 waren es 1,72 Millionen. Für diejenigen, die Ende 2002 privat versichert waren, liegt die Versicherungspflichtgrenze bei 4.987,50 Euro im Monat (59.850 Euro im Jahr).
Tipp: Manche Privatversicherten rutschen durch die gestiegene Versicherungspflichtgrenze wieder in die Versicherungspflicht. Sie können dann in der Regel in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln – soweit sie noch nicht 55 Jahre oder älter sind. Eine Gesundheitsprüfung gibt es in der Gesetzlichen nicht.
Steuerentlastungen 2023: Nettoeinkommen steigt bei fast allen Arbeitnehmern
Weniger Steuern
Neue Steuerregeln sorgen bei fast allen Arbeitnehmern dafür, dass das Nettoeinkommen trotz höherer Sozialversicherungsbeiträge steigt. Der steuerliche Grundfreibetrag steigt 2023 auf 10.908 Euro und 2024 auf 11.604 Euro (gegenüber 10.347 Euro in 2022). Weiterhin sind künftig die vollen Altersvorsorgeaufwendungen steuerlich absetzbar – bis zum Maximalbetrag von 26.527,80 Euro.
Für Verheiratete und offiziell Verpartnerte gilt der doppelte Betrag. Ursprünglich sollten 2023 erst 96 Prozent der Aufwendungen steuerlich geltend gemacht werden können. Wie in den Vorjahren werden auch die Tarifeckwerte des Einkommensteuertarifs angepasst. Der Steuer-tarif wird – wenn man sich ein Koordinatensystem vorstellt – „nach rechts“ verschoben. Höhere Steuersätze werden deshalb erst bei einem höheren Einkommen fällig. Hierdurch soll die sogenannte kalte Progression ausgeglichen werden.
Gutverdiener profitieren
Was ändert sich unterm Strich zum Jahreswechsel beim Nettolohn? Es gibt auf jeden Fall ein Plus. Da insbesondere sehr gut verdienende Arbeitnehmer von steuerlichen Entlastungen profitieren, verzeichnen diese zum Jahreswechsel ein besonders hohes Netto-Plus. Arbeitnehmer mit Steuerklasse I oder IV, die monatlich brutto 7.000 Euro verdienen, kommen immerhin – ohne weitere steuerliche Absetzbeträge – auf ein monatliches Plus von 82 Euro (mit Kind, keine Kirchensteuer, Steuerklasse IV). Zum Vergleich: Bei einem monatlichen Brutto von 2.000 Euro beträgt das Monats-Plus nur 16 Euro (siehe Tabelle).
Alleinerziehende
Für Alleinerziehende, die ein steuerpflichtiges Einkommen haben, bringt 2023 eine weitere Entlastung. Durch das Jahressteuergesetz 2022 wurde der Entlastungsbetrag auf 4260 Euro (355 Euro im Monat) erhöht. Dieser Betrag gilt für das erste Kind. Je weiteres Kind gibt es einen Erhöhungsbetrag von 240 Euro. Alleinerziehenden mit drei Kindern steht damit ein Entlastungsbetrag von 4740 Euro jährlich zu.
Tipp: Alleinerziehende können den Entlastungsbetrag in der Steuererklärung geltend machen. Sinnvoller ist es aber, Steuerklasse 2 zu beantragen. Dann wird die Entlastung bei der monatlichen Lohnabrechnung berücksichtigt. (Rolf Winkel)