Die Verbraucherzentrale – Geschichte, Aufgaben und Organisation

Die Verbraucherzentrale ist der Dachverband der gleichnamigen Vereine, die sich in Deutschland um den Verbraucherschutz und die rechtliche Beratung von Verbrauchern kümmern. Dabei handeln die Verbraucherzentralen in staatlichem Auftrag und erhalten vom Gesetzgeber einige Privilegien, um ihre Aufgaben zu erfüllen.
Berlin – Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) besteht in seiner aktuellen Form seit dem Jahr 2000 und hat seinen Sitz in Berlin. Er ist der Dachverband der einzelnen Verbraucherzentralen in den Bundesländern und führt selbst keine Verbraucherberatungen durch. Vielmehr setzt sich der Bundesverband aktiv für die Interessen der Verbraucher in den Bereichen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft auf Bundesebene ein.
Verbraucherzentrale – die Geschichte der Organisation
Der Verbraucherzentrale Bundesverband wurde am 01. November 2000 gegründet und hat seinen Sitz in Berlin-Kreuzberg im bekannten GSW-Hochhaus. Der Verband beschäftigt 209 Mitarbeiter (Stand 2019) und fungiert als Dachverband für 51 meist regional arbeitende Verbraucherorganisationen. Der Bundesverband Verbraucherzentrale entstand durch einen Zusammenschluss der Stiftung Verbraucherinstitut, des Verbraucherschutzvereins und der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände und bündelt deren Kräfte in einer Organisation.
Die Geschichte der Verbraucherzentrale begann allerdings viel früher. Denn bereits wenige Jahre nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland zeigte sich, dass die Verbraucher einen Ansprechpartner benötigten, um sich gegen die Wirtschaft und die Politik behaupten zu können. Die erste Verbraucherzentrale Deutschlands entstand am 05. März 1957 durch das Engagement von Elsbeth Weichmann (Frau des späteren Hamburger Bürgermeisters) als Gründungsvorsitzende und von elf weiteren Frauen. Weichmann hatte die Konsumentenbewegung im Exil in den USA kennen- und schätzen gelernt und brachte die Idee mit nach Deutschland. Sie plante eine zentrale Anlaufstelle für alle Verbraucherfragen.
Seitdem hat sich die Idee des Verbraucherschutzes stark verbreitet. Es gibt 16 Landesverbraucherzentralen, die bundesweit rund 200 Beratungsstellen betreiben. Außerdem koordiniert der Bundesverband Verbraucherzentrale die Arbeit der etwa 500 Energieberater, die pro Jahr etwa 120.000 Beratungen durchführen.
Verbraucherzentrale – die Aufgaben von Bundesverband und Vereinen
Als Dachverband erfüllt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) andere Aufgaben als die ihm angeschlossenen Organisationen. Eigene Beratungsleistungen gehören nicht zum Angebot. Der Verband betreibt Lobbyismus für die Rechte und den Schutz der Verbraucher in Politik, Justiz und Wirtschaft und stärkt die Stellung der Konsumenten in der Gesellschaft. Er bündelt die Interessen und die Marktmacht von mehr als 20 Millionen Einzelmitgliedern, die in mehr als 50 Organisationen engagiert sind und durch den Bundesverband Verbraucherzentrale auf Bundesebene vertreten werden. Um seine Aufgaben zu erfüllen, geht der Dachverband unter anderem folgende Wege:
- Er macht die Anliegen der Konsumenten (zum Beispiel über die Medien) öffentlich und fordert die Politik auf, einen fairen und transparenten Markt mit eindeutigen und verständlichen Spielregeln für Verbraucher und Unternehmen zu schaffen.
- Er zeigt Missstände auf und klagt Verbraucherrechte als letztes Mittel auch vor Gericht ein.
- Er legt die Basis für eine fachkundige und unabhängige Beratung der Verbraucher in den Anlaufstellen der Mitgliedvereine.
- Er verdeutlicht den Verbrauchern ihre Macht im Konsumalltag und gibt Hilfestellungen, diese gezielt zu nutzen.
Außerdem organisiert der Bundesverband bundesweit die Energieberatung.
Verbraucherzentrale – die Organisation des Verbandes
Als Dachverband der deutschen Verbraucherschutzorganisationen ist der Verbraucherzentrale Bundesverband der Ansprechpartner für 51 eigenständige organisierte Vereine und Verbände. Zu den Mitgliedern gehören:
- 16 Verbraucherzentrale Landesverbände der Bundesländer
- 25 Verbände mit verbraucherpolitischer Ausrichtung
- 9 Fördermitglieder
Die Verbraucherzentralen der einzelnen Bundesländer sind also im Bundesverband Verbraucherzentrale organisiert, wobei die Landesverbände jeweils die Dachorganisation für die einzelnen Verbraucherzentralen vor Ort sind. Beispielhaft seien die Strukturen der Verbraucherzentrale im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen genannt. Die Verbraucherzentrale NRW hat ihren Sitz in der Landeshauptstadt Düsseldorf und betreibt landesweit 61 Beratungsstellen. Zusätzlich haben Verbraucher die Möglichkeit, sich online oder telefonisch beraten zu lassen. Auf Landesebene leistet die Verbraucherzentrale unter anderem Folgendes:
- Verfolgung von Rechtsverstößen durch Abmahnungen und Klagen (beispielsweise bei unzulässigen Vertragsklauseln oder irreführender Werbung)
- Vertretung von Verbraucherinteressen auf landespolitischer Ebene
- Pressearbeit zur Verbreitung von für Verbraucher wichtigen Themen und Informationen
- Ausstellungen, Projekte und Aktionen (zum Beispiel in Schulen)
- Angebote in Einrichtungen der Jugend- und Erwachsenenbildung
Bei den Beratungsleistungen für private Haushalte deckt die Verbraucherzentrale alle relevanten Themengebiete für eine wirtschaftliche Haushaltsführung und zur Durchsetzung der Verbraucherrechte ab.
Verbraucherzentrale – Verbraucherrecht im Fokus
Bereits während des Wirtschaftswunders nach dem Zweiten Weltkrieg zeigte sich, dass die Konsumenten schwächer als die Unternehmen sind. Eine unabhängige Organisation, die das Verbraucherrecht vertritt, war nötig. Die ersten Verbraucherzentralen entstanden durch das private Engagement von Frauen, doch schnell erkannte die Politik, dass der Verbraucherschutz einen hohen Stellenwert hat und Unterstützung benötigt. Daher arbeitet die Verbraucherzentrale heute mit Privilegien, die anderen Vereinen nicht zustehen:
- So ist in Deutschland die Rechtsberatung eigentlich den Rechtsanwälten vorbehalten. Das regelt seit dem 01. Juli 2008 §8 Abs. 1 Nr. 4 des Rechtsdienstleistungsgesetzes, vorher fand sich die Vorschrift im Rechtsberatungsgesetz.
- Davon abweichend hat jede Verbraucherzentrale das Recht zur sogenannten außergerichtlichen Rechtsbesorgung. Das heißt, die Mitarbeiter dürfen Privatleute in rechtlichen Fragen beraten, ohne Rechtsanwälte zu sein.
- Auch die außergerichtliche Vertretung ist rechtlich erlaubt.
- Allerdings ist die Verbraucherzentrale dazu verpflichtet, für die Rechtsberatung Gebühren zu erheben.
- Zusätzlich dürfen Verbraucher seit dem 01. Januar 2002 ihre Ansprüche an die Verbraucherzentrale abtreten, um diese einfordern und notfalls gerichtlich einklagen zu lassen.
- Weiterhin ist es der Verbraucherzentrale seitdem möglich, die Ansprüche mehrerer Geschädigter zu bündeln und bis zum Bundesgerichtshof einzufordern.
Verbraucherzentrale – Beschwerden durchsetzen
Der Verbraucherzentrale Bundesverband und die einzelnen Vereine in den Ländern sammeln die Beschwerden von Verbrauchern. Dabei geht es den Verbraucherschützern nicht nur darum, den einzelnen Privatleuten mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Die Mitarbeiter bemerken auf diese Art auch, wenn es in bestimmten Branchen zu gehäuften Problemen kommt (beispielsweise Reiseveranstalter). Eine genauere Betrachtung zeigt, dass in jedem Jahrzehnt andere Unternehmen und Produkte gehäuft Anlass zu Beschwerden geben. Die Erfahrungen der Verbraucherzentrale Hamburg sind beispielhaft:
- In den Fünfzigern brachte das Wirtschaftswunder Kühlschränke in die deutschen Haushalte und die Tante-Emma-Läden starben, da tägliches Einkaufen unnötig wurde. Damals halfen Markt- und Preisberichte gegen Beschwerden von Hausfrauen.
- In den Sechzigern klärte die Verbraucherzentrale die Käufer mit Produktschauen und Gerätegegenüberstellungen über die Wahl der passenden Haushaltsgeräte auf.
- In den Siebzigern wurden Allgemeine Geschäftsbedingungen Pflicht und die Verbraucherzentrale konnte bei Beschwerden erstmals im Sinne der Kunden klagen.
- Massenarbeitslosigkeit, Angst vor der Umweltzerstörung und kritischer Konsum bestimmten die Arbeit in den Achtzigern.
- In den neunziger Jahren sorgten Beschwerden gegen Banken, Versicherungen, Telekommunikations- und Energieanbieter für Sammel- und Verbandsklagen.
- Die Jahrtausendwende brachte Beschwerden gegen das Kredit-Scoring.
Verbraucherzentrale – Angebote nutzen
Verbraucher erhalten leicht Zugang zu den Dienstleistungen der Verbraucherzentrale. Beschwerden können an den Verbraucherzentrale Bundesverband oder die zuständige Landeszentrale gerichtet werden. Das funktioniert unkompliziert über das Online-Kontaktformular. Für persönliche und fallbezogene Beratungen benötigen Interessenten Termine. Je nach Anliegen sind die Wartezeiten lang. Dafür fallen die Gebühren der Verbraucherzentrale deutlich geringer aus als die Rechnung eines Rechtsanwaltes. Die Verbraucherschützer arbeiten transparent und veröffentlichen eine Preisliste auf der Homepage des jeweiligen Landesvereins.
Die Finanzierung der Beratungsangebote erfolgt dabei nur zu einem Bruchteil aus den Entgelten für die erbrachten Leistungen. Das zeigt exemplarisch das Budget der Verbraucherzentrale NRW für das Jahr 2020:
- 34 Prozent allgemeine Fördergelder des Landes
- 14 Prozent Projektförderung des Landes
- 12 Prozent Fördermittel der EU
- 4 Prozent Fördergelder des Bundes
- 23 Prozent Leistungen der Kommunen
- 7 Prozent Umsatzerlöse (etwa durch Beratung)
- 6 Prozent Sonstiges
Die Verbraucherzentrale ist ein wichtiger Kämpfer für die Konsumentenrechte, der zu einem Machtausgleich zwischen schwächeren Kunden und stärkeren Unternehmen beiträgt.