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Grundsteuer vor Gericht: Was Eigentümer beachten sollten

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Von: Lisa Mayerhofer

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Bis zum 31. Januar 2023 müssen Eigentümerinnen und Eigentümer ihre Grundsteuererklärung abgeben.
Die Reform der Grundsteuer sorgt weiter für Ärger. (Symbolfoto) © Hans Blossey/Imago

Experten bezweifeln die Rechtmäßigkeit der Reform der Grundsteuer; Verbände unterstützen eine Musterklage in Baden-Württemberg. Was das für die Eigentümer bedeutet.

München – Die Reform der Grundsteuer sorgt weiter für Ärger. Die Deadline für die Abgabe der Grundsteuer-Erklärung ist zwar schon abgelaufen – mit Ausnahme von Bayern. Doch viele Eigentümer fragen sich nun, wie sie reagieren sollen, wenn sie die Grundsteuer-Bescheide von den Finanzämtern erhalten. Auch die Gerichte sind beschäftigt.

Neue Grundsteuer: Endgültige Höhe steht noch nicht fest

Aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts muss die Grundsteuer neu berechnet werden – vorher hatten die Behörden dafür veraltete Daten verwendet. Deshalb muss jeder, der ein Haus, eine Wohnung oder ein Grundstück besitzt, bis Ende Januar eine Grundsteuer-Erklärung mit aktuellen Daten abgeben. Ausnahme ist Bayern: Dort wurde die Abgabe der Grundsteuer-Erklärung verlängert. Diese werden dann von den Finanzämtern bearbeitet und die Ergebnisse den Eigentümern via Grundsteuer-Bescheiden mitgeteilt. Die neue Grundsteuer gilt dann ab 2025.

Das Problem: In den Grundsteuer-Bescheiden erfahren viele Eigentümer nicht, wie hoch die Grundsteuer, die sie dann zahlen werden, sein wird. Denn ein wichtiger Wert fehlt noch: der Hebesatz. Diesen legen dann die Kommunen in einem dritten Bescheid fest, der aber wohl erst 2024 verschickt wird. Das sorgt für Unsicherheit bei den Eigentümern. Auch, weil sie dann nicht mehr gegen die neue Grundsteuer vorgehen können. Einspruch einlegen können sie nur innerhalb von vier Wochen nach Erhalt der ersten Bescheide.

Jura-Professor rät Eigentümern in mehreren Bundesländern zur Klage

Zusätzlich stört Experten, wie in manchen Bundesländern bei der Reform der Grundsteuer die Bodenrichtwerte festgelegt wurden: Denn die Werte seien nicht überprüfbar: „Die Bodenrichtwerte sind nicht justiziabel. Da sitzt ein Gutachterausschuss, legt die Werte einfach fest und die bestimmen dann die Steuerhöhe. Das ist in einer Bananenrepublik möglich, aber nicht in einem Rechtsstaat“, sagt Kai Warnecke, Verbandspräsident von Haus & Grund, gegenüber dem MDR.

Vor allem das Bundesmodell und das Modell Baden-Württembergs zur Reform der Grundsteuer stehen deshalb in der Kritik der Experten. Verfassungsrechtler Gregor Kirchhof, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Finanzrecht und Steuerrecht an der Universität Augsburg, hält diese sogar für verfassungswidrig. Er rät in einem Interview mit focus.de Ende November betroffenen Eigentümern, „unter Einhaltung der Fristen Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid zu erheben und dann zu klagen“.

Er erklärt dazu: „Mir ist bewusst, dass das eine Vielzahl von Fällen betrifft. Doch geht es nicht darum, keine Grundsteuer zu entrichten. Die Bewertung der Steuern muss realitätsgerecht sein, dem Leistungsfähigkeitsprinzip entsprechen. Noch wäre Zeit, die Abgabengesetze zu korrigieren.“

Hochrechnung: Auf Finanzämter kommt „gigantische Einspruchswelle“ zu

Dem Rat scheinen viele Eigentümer zu folgen: Laut einer Analyse des Geldratgebers Finanztip kommt eine „gigantische Einspruchswelle“ auf die Finanzämter zu, sobald diese den verbleibenden Großteil der Bescheide zur Grundsteuer verschickt haben. Zu erwarten seien den Hochrechnungen zufolge insgesamt 1,5 Millionen Einsprüche.

Mehrere Verbände haben deshalb gefordert, Bescheide zur Feststellung des Grundsteuerwerts von Immobilien generell zunächst nur vorläufig zu erlassen. Die Verbände begründeten dies nicht nur mit den zu erwartenden Einsprüchen und Klagen, sondern auch mit verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Berechnungsverfahren für die Grundsteuer.

Beteiligt sind der Hauseigentümerverband Haus & Grund, die Deutsche Steuergewerkschaft (DStG), der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) und der Bund der Steuerzahler (BdSt). Durch die Vorläufigkeit wollen sie erreichen, dass bei einem Erfolg von Klagen gegen die Bewertungsregeln alle bis dahin erlassenen Bescheide automatisch ungültig werden und nicht nur für solche Eigentümerinnen und Eigentümer, die ihre Bescheide angefochten haben. Vergangenes Jahr hat ein Ehepaar in Baden-Württemberg eine Musterklage gegen die Grundsteuer eingereicht.

Die vier Verbände empfehlen Eigentümern in Baden-Württemberg, Einspruch gegen ihren Grundsteuerwertbescheid einzulegen und das Ruhen des Verfahrens zu beantragen, sobald sie diesen erhalten. Auch in anderen Bundesländern lohnt es sich, einen genauen Blick auf die Grundsteuer-Bescheide zu werfen. Zum Einspruch gegen die Grundsteuer-Bescheide hat merkur.de ein Musterschreiben veröffentlicht. Es ist jedoch laut Experten nicht empfehlenswert, auf die Abgabe der Grundsteuer-Erklärung zu verzichten, denn dann könnten Strafzahlungen drohen. 

Frau muss wegen Fehler in Grundsteuer-Erklärung vor Gericht

Wer seine Grundsteuer-Erklärung noch einreichen muss, sollte darauf achten, genau und sorgfältig mit den Daten umzugehen, die angegeben werden müssen. Denn im Saarland muss nun eine Frau wegen Fehler in der Grundsteuer-Erklärung vor Gericht, wie die Saarbrücker Zeitung berichtet.

Der Vorwurf: Sie habe mit fehlerhaften Angaben ihrer Grundsteuer-Erklärung versucht, die Grundsteuer zu verkürzen. Die Frau hatte demnach in dem Online-Formular eine Befreiung von der Grundsteuer für ihre selbst genutzte Immobilie beantragt. Immerhin betonte das Finanzministerium dabei gegenüber der Saarbrücker Zeitung aber auch, dass es Strafverfahren nur beim Verdacht „bewusster Täuschungsabsicht“ einleite.

Mit Material der dpa und AFP

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