Dazu kommt: „Viele Verträge haben eine Preisgarantie für einen bestimmten Zeitraum. In diesem dürfen die Preise nicht erhöht werden.“ Oft gebe es auch Konstruktionen mit einer bedingten Preisgarantie.
„Kürzlich gab es den Fall der Firma Extra-Energie, die trotz Preisgarantie die Tarife erhöht hat. Sie haben sich aber nur eine Erhöhung bei Steuern und Entgelten abgesichert, nicht bei den Beschaffungskosten – deshalb war die Erhöhung ungültig“, erklärt Gaksch. In jedem Falle hätten Verbraucher bei einer Preiserhöhung ein Sonderkündigungsrecht.
Hier hat der Gesetzgeber verbraucherfreundlich gearbeitet: „Energieversorger dürfen Kunden vor Ende der Vertragslaufzeit nur kündigen, wenn diese sich grob vertragswidrig verhalten. Selbst wer die Abschläge nicht bezahlt, muss zuerst gemahnt werden.“ Verbraucher haben also ein einklagbares Recht auf die vertraglich vereinbarten Lieferungen. Wegen der hohen Beschaffungskosten ist es jedoch, wie im eingangs erwähnten Beispiel, nicht im Interesse der Versorger, günstige Verträge zu verlängern. Wenn Kunden ihren Anbieter verlieren, gibt es mehrere Möglichkeiten:
„Wenn der Energieversorger kündigt, landet man automatisch in der Ersatzversorgung“, so Gaksch. Das ist eine Leistung, zu der der größte Anbieter in einem Netzgebiet gesetzlich verpflichtet ist. In der Ersatzversorgung bleibt man maximal drei Monate, kann aber täglich kündigen. „Normalerweise würden sich die Kunden einen neuen Sondervertrag suchen, etwa über ein Vergleichsportal“, sagt Marion Gaksch.
Durch die hohen Beschaffungskosten wird die Zahl attraktiver Tarife aber überschaubar bleiben. Unternimmt man drei Monate nichts, geht der Vertrag nahtlos in die Grundversorgung über“, erklärt Gaksch.
Die Grundversorgung ist das langfristige Pendant zur Ersatzversorgung. Hier hatte es in letzter Zeit einige Verwerfungen gegeben: „Wenn die Kunden ihren Sondervertrag kündigen, landen sie automatisch in der Grundversorgung“, sagt Marion Gaksch. Demnach seien derzeit rund zwei Drittel der Grundversorgungstarife günstiger als die Sondertarife auf dem Markt. Deshalb hatten viele Kunden, deren Tarife teurer wurden, sich in diesen Tarif geflüchtet. Die Grundversorger müssen jeden Kunden aufnehmen – außer es ist wirtschaftlich unzumutbar.
„Deshalb haben einige Versorger Split-Tarife angeboten, also einen günstigen Tarif für Bestandskunden und einen teuren für Neukunden“, erklärt Gaksch. Die Bundesregierung hat kürzlich beschlossen, dass diese Praxis unzulässig ist und es nur einen Tarif geben darf. „Dafür dürfen die Ersatzversorgungstarife erhöht werden, die früher genauso günstig sein mussten wie die Grundversorgung“ erklärt Gaksch.
Für Verbraucher seien die beiden Tarife aktuell sinnvoll: „Bei der Ersatzversorgung kann man täglich, bei der Grundversorgung alle 14 Tage kündigen. Bei der extrem volatilen Marktlage ist es nicht schlecht, flexibel zu bleiben.“ Ist die Grundversorgung günstiger, haben die Verbraucher den Anspruch, den Eintritt vorzuziehen: „Man muss nur einen schriftlichen Grundversorgungstarif abschließen“, so Gaksch. Ausnahme: „Musste der Versorger die Belieferung einstellen, weil er seine Netzentgelte nicht bezahlt hat, müssen die Kunden die vollen drei Monate in der Ersatzversorgung bleiben.“
Will der Grundversorger die Preise erhöhen, muss er das sechs Wochen im Voraus öffentlich ankündigen und zusätzlich die Kunden per Post informieren. Der entsprechende Grundversorger lässt sich durch einen Anruf bei der Gemeinde ermitteln – oder eine Suche im Internet. Stichwörter: Grundversorger, Gas und Postleitzahl. Wichtig: Nicht auf Werbeanzeigen hereinfallen.
Ob in der Grundversorgung oder nicht: Häufig gibt es derzeit Angebote für neue Verträge. Marion Gaksch rät zur Vorsicht: „Die Marktlage ist kaum kalkulierbar. Deshalb wollen die Anbieter vor allem Verträge mit langer Laufzeit und ohne Preisbindung anbieten – davon rate ich ab.“ Denn bei den aktuellen Preissprüngen an den Energiemärkten lieferten sich Verbraucher über Monate unkalkulierbaren Kosten aus. Und auch eine Festpreisbindung beinhalte Risiken: „Wenn die Preise wieder fallen, steckt man im Zweifel über 24 Monate in einem viel zu teuren Vertrag fest“, so Gaksch.