1. Startseite
  2. Wirtschaft

„Da muss aber niemand den Kühlschrank abtauen“: In Deutschland wächst die Sorge vor Stromausfällen

Erstellt:

Von: Thomas Schmidtutz

Kommentare

Strommasten: In Deutschland wächst die Sorge vor möglichen Strom-Engpässen im Winter.
Strommasten: In Deutschland wächst die Sorge vor möglichen Strom-Engpässen im Winter. © Federico Gambarini/dpa

In Frankreich wird der Strom wegen der Wartung mehrerer AKWs knapp. In Deutschland ist die Lage noch nicht ganz so düster. Aber die Nervosität wächst.

München – In Frankreich wird der Strom allmählich knapp. Weil ungewöhnlich viele Atomkraftwerke gewartet werden müssen, wächst die Sorge vor Engpässen im Stromnetz. Wie ernst die Lage inzwischen ist, zeigte sich am Donnerstag (8. Dezember) in Paris. Da waren vorübergehend rund 125.000 Haushalte im dritten, vierten und fünften Arrondissement der französischen Hauptstadt ohne Strom.

Jetzt wächst auch in Deutschland die Nervosität. Am Mittwoch hatte eine Meldung von TransnetBW für Unruhe gesorgt. Angesichts der Versorgungslage im Netz forderte der Netzbetreiber die Nutzer via App zum Stromsparen auf.

Am Freitag (9. Dezember) machte auch noch ein Papier aus baden-württembergischen Umweltministerium Schlagzeilen. Danach warnten die Beamten in Stuttgart, dass wegen möglicher Versorgungsengpässe im Winter regional begrenzte, anderthalbstündige Stromabschaltungen nicht auszuschließen seien. Angesichts dessen fragen sich nun immer mehr Beobachter: Ist die Stromversorgung in Deutschland doch schlechter als gedacht?

Versorger beruhigen: Blackouts unrealistisch

Unkontrollierte, großflächige Stromausfälle - sogenannte Blackouts - halten derzeit weder Politik noch Energiewirtschaft oder Bundesnetzagentur für realistisch. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) betonte zuletzt, dass die Verfügbarkeit von Energie für die Stromerzeugung für diesen Winter gesichert sei. Und die Prognose französischer Netzbetreiber für den Januar sei „in dem Bereich, mit dem wir auch gerechnet haben“, sagte eine Sprecherin Habecks am Freitag.

In Frankreich könnte es im Januar allerdings sehr eng werden, da zahlreiche Atomkraftwerke gewartet werden. Um sich darauf vorzubereiten, simulierten die Behörden am Freitag das zeitlich begrenzte und kontrollierte Abschalten der Stromversorgung in einer Region - ohne dass aber tatsächlich eine Abschaltung vorgenommen wurde. Weil die europäischen Stromnetze gekoppelt sind, befürchten Experten bei einer Lastunterdeckung auch Folgen für die Nachbarmärkte. Die nach Deutschland importierte Strommenge aus Frankreich ging zudem im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal laut Statistischem Bundesamt um 88 Prozent zurück.

Strom-Versorgung: Regionale Engpässe möglich

„Wenn überhaupt, dann könnte es zu einer kontrollierten, regional und zeitlich begrenzten Unterbrechung kommen“, hieß es vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Solche sogenannten Brownouts, die die Netze stabilisieren sollen, habe es aber auch in der Vergangenheit schon gegeben. „Technisch gesehen sind wir sehr gut vorbereitet.“ Die Bundesnetzagentur schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass es wirklich dazu kommen könnte, derzeit als sehr gering ein.

Auf solche Szenarien bezieht sich auch ein Lagebericht zur Energie-Versorgungssicherheit an die baden-württembergische Umweltministerin. Darin heißt es laut Ministerium, dass die geringer als ursprünglich angenommene Verfügbarkeit von Kernkraftwerken in Frankreich aktuell die größte Herausforderung für die Sicherheit der Stromversorgung im Winter darstelle. Kurzzeitige regional begrenzte Abschaltungen von in der Regel 90 Minuten könnten nicht ausgeschlossen werden.

Baden-Württemberg: App schlägt Alarm

Wie Deutschland im Winter mit kurzfristigen Engpässen umgehen könnte, zeigt die Warnung per App bei Transnet. Wegen der schwierigen Versorgungslage habe EnBW kurzfristig 700 Megawatt Leistung aus der Schweiz geordert. Die Gefahr einer Stromabschaltung habe aber zu keinem Zeitpunkt bestanden, beteuerte eine Sprecherin.

Da muss aber niemand seinen Kühlschrank abtauen.

Transnet-Sprecherin zur Gefahr von vorübergehenden Stromabschaltungen.

Allerdings könnten vergleichbare Engpässe im Winter häufiger auftreten, räumte die Sprecherin ein. Ein „Brownout“ drohe aber erst dann, wenn kurzfristig nirgends genügend Strom eingekauft werden könne, um die Engpässe zu beheben. In diesem Fall sei von einer Unterbrechung der Stromversorgung von anderthalb Stunden auszugehen. „Da muss aber niemand seinen Kühlschrank abtauen.“ Die Lage sei aber heute sehr viel besser als noch nach dem zweiten Stresstest Anfang September. Damals hatten die Netzbetreiber die Lage im Winter noch als „sehr angespannt“ bewertet. (dpa/utz)

Auch interessant

Kommentare