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Entlastungspaket: Beobachter rätseln - Hat die Ampel die Rentner vergessen?

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Von: Lisa Mayerhofer

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Eine Person dreht an der Heizung: Die Ampel-Koalition hat am Donnerstag ein großes Entlastungspaket gegen die hohen Energiekosten beschlossen. (Symbolbild)
Die Ampel-Koalition hat am Donnerstag ein großes Entlastungspaket gegen die hohen Energiekosten beschlossen. (Symbolbild) © Christin Klose/dpa-tmn

Die Ampel-Koalition hat am Donnerstag ein großes Entlastungspaket gegen die hohen Energiekosten beschlossen. Doch viele Punkte sind noch unklar, das gilt vor allem für Rentner.

Berlin - Die stark gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreise setzen die Deutschen unter Druck. Die Bundesregierung hat sich deshalb auf ein zweites Entlastungspaket geeinigt, um die Belastungen für die Bürger abzumildern. 

Ein Überblick über die Maßnahmen der Ampel-Koalition*, die von einer Spritpreisbremse* bis zu einem Kinder-Bonus für Familien reichen:

Entlastungspaket gegen hohe Energiekosten: Was kommt für Autofahrer?

Mit dem Tankrabatt konnte sich die FDP zwar nicht durchsetzen, trotzdem soll Sprit bald billiger werden: Die von der Ampel verkündete Senkung auf die Mindeststeuer bedeutet bei Diesel einen Abschlag von etwa 14 Cent pro Liter für die Energiesteuer, bei Benzin sind es knapp 30 Cent. Hinzu kommt, dass für diese Summen auch keine Mehrwertsteuer mehr fällig wird. Dadurch liegt der steuertechnische Abschlag insgesamt bei gut 35 Cent für Benzin und knapp 17 Cent bei Diesel.

Es ist allerdings nicht gesagt, dass dieser Abschlag genauso beim Autofahrer ankommt. In Expertenkreisen gibt es die Befürchtung, dass die Spritpreisbremse den Wettbewerbsdruck auf die Konzerne hemmen würde. Dann könnte die Steuersenkung auch nur zum Teil ankommen. Allerdings hat die Regierung angekündigt, das Thema im Auge zu behalten. Rechnet man aber - als Beispiel - mit einer kompletten Weitergabe der Steuersenkung und den bundesweiten Tagesdurchschnittspreisen des Mittwochs, ergäbe sich ein theoretischer Spritpreis von 2,00 Euro pro Liter Diesel und 1,73 Euro bei Super E10.

Billiges ÖPNV-Ticket im Entlastungspaket: Was für Bus- und Bahnfahrer kommen soll

Die Ampel-Koalition will aber auch Tickets für Busse und Bahnen günstiger machen. Für 90 Tage soll bundesweit ein Ticket für 9 Euro pro Monat im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angeboten werden. Der Bund will den Ländern das Geld dafür zur Verfügung stellen.

„Wir machen Bus- und Bahnfahren so billig, wie es in Deutschland wahrscheinlich noch nie war“, sagte Grünen-Chefin Ricarda Lang. Wie das Ticket genau funktionieren soll und wann es kommt, ist aber offen - ebenso die Frage, wie man mit Inhabern von Monats- oder Jahreskarten umgeht.

Das ist auch der größte Kritikpunkt von Karl-Peter Naumann, Sprecher von Pro Bahn. Das verbilligte Ticket sei undurchdacht „mit mehr offenen Fragen als Antworten“, kritisierte Naumann gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es sei völlig unklar, wo das Ticket gelten soll. „Im Ort, im Verkehrsverbund im Bundesland?“, fragte Naumann. Da gebe es in Deutschland erhebliche Unterschiede.

Eine Pressekonferenz zu Ergebnissen einer Sonderkonferenz der Verkehrsminister zum verbilligten ÖPNV-Ticket wurde am Freitag mehrfach verschoben, die Beratungen dauerten am Mittag an. Aus vielen Ländern seien Hinweise auf Probleme und offene Fragen gekommen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen. Die Rede war von einer „teils chaotischen“ Konferenz.

Energie-Preispauschale: Bleiben Rentner außen vor?

Jeder einkommensteuerpflichtige Erwerbstätige, der in den Steuerklassen 1-5 einsortiert ist, soll eine Pauschale von einmalig 300 Euro brutto bekommen. Das Geld wird vom Arbeitgeber als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt, bei Selbstständigen wird stattdessen die Steuer-Vorauszahlung gesenkt. Die Pauschale unterliegt der Einkommensteuer. Wer einen hohen Steuersatz hat, bekommt am Ende also entsprechend weniger raus - wer unter dem Grundfreibetrag bleibt, profitiert von der vollen Summe. So werde die Mitte der Gesellschaft schnell, unbürokratisch und sozial gerecht entlastet, heißt es im Ampel-Papier. 

Wenn auch Rentner oder Menschen mit einem steuerfreien Minijob profitieren sollen, müsste die Ampel das aber noch klären. Immerhin: Finanzminister Christian Lindner* (FDP) sprach am Donnerstag von einem Zuschlag „für alle Steuerpflichtigen“ - das könnte bedeuten, dass steuerpflichtige Rentner mitgemeint sind. Dies scheint aber noch nicht festzustehen. Dafür versprach das Bundesarbeitsministerium vergangenen Dienstag den Rentnern zum 1. Juli eine kräftige Erhöhung ihrer Bezüge. Demnach sollen die Renten um 5,35 Prozent in Westdeutschland und um 6,12 Prozent in Ostdeutschland steigen. 

Entlastungspaket: Was plant die Ampel für Familien und Sozialhilfe-Empfänger?

Einmalzahlungen gibt es für Familien und für Sozialhilfe-Empfänger: Die Koalition will Familien ergänzend zum Kindergeld pro Kind einmalig 100 Euro über die Familienkassen auszahlen. Der Bonus wird auf den Kinderfreibetrag angerechnet, kommt also stärker bei Familien mit wenig Geld an.

Wer Sozialleistungen bezieht, soll zusätzlich zum bereits zuvor beschlossenen 100-Euro-Zuschuss eine weitere Einmalzahlung von 100 Euro bekommen. Ab Januar müssten dann die Regelbedarfe angesichts der Preissteigerungen angemessen erhöht werden. Verbraucherschützer kritisierten dabei jedoch, dass dies zu wenig sei - und ausgerechnet für die Menschen, die finanziell ohnehin nur schwer über die Runden kämen, die Hilfen nicht ausreichen würden.

Entlastungspaket: Für Bauherren wird es teurer

Teuerungen kommen auf die Menschen zu, die bauen oder sanieren wollen: Neubauten sollen vom 1. Januar 2023 an den Energieeffizienzstandard 55 einhalten müssen. Das ist völlig neu - bisher wurde der Standard vom Staat subventioniert, nicht vorgeschrieben. Außerdem soll ab dem Jahr 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden - im Koalitionsvertrag war das bisher zum 1. Januar 2025 vorgesehen.

Es soll zudem der Rahmen dafür geschaffen werden, dass Eigentümer von Immobilien ihre über 20 Jahre alten Heizungsanlagen austauschen können. Außerdem soll eine große Wärmepumpen-Offensive gestartet werden. Details dazu sind noch nicht bekannt. Die Maßnahmen werden die Energiewende aber sehr wahrscheinlich ziemlich beschleunigen. Damit möchte die Ampel-Koalition mit Blick auf den Ukraine-Krieg auch eine bessere Energieunabhängigkeit erreichen.

Entlastungspaket: IW taxiert Gesamt-Volumen auf 15 Milliarden Euro

Das Entlastungspaket lässt sich die Bundesregierung einiges kosten - es hat nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) einen Umfang von rund 15 Milliarden Euro. Allein die Energiepreispauschale koste den Staat schätzungsweise zehn Milliarden Euro, teilte das IW am Donnerstag mit.

Für den Zuschuss für Familien müsse der Staat rund 1,5 Milliarden Euro aufwenden, für die Steuersenkung bei den Kraftstoffen sieht das Institut Kosten in Höhe von 3,5 Milliarden Euro auf den Staat zukommen. Die Koalitionsspitzen selbst hatten bei der Vorstellung ihres Maßnahmenpakets am Donnerstag noch keine konkrete Summe nennen können. Ersichtlich war jedoch, dass es Entlastungen in Milliardenhöhe für die Bürgerinnen und Bürger sind. Mit Material der dpa *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA

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