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Ex-Audi-Chef Rupert Stadler angeklagt wegen Betrugs - Parallelen zum Winterkorn-Skandal

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Der frühere Audi-Chef Rupert Stadler soll vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Manager unter anderem Betrug vor.
Der frühere Audi-Chef Rupert Stadler soll vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Manager unter anderem Betrug vor. © Armin Weigel / dpa

Nach dem ehemaligen VW-Chef Martin Winterkorn soll nun auch der frühere Audi-Chef vor Gericht. Die Justiz arbeitet den Diesel-Abgasbetrug jetzt mit aller Härte auf.

München – Zweieinhalb Jahre lang hat die Staatsanwaltschaft München 2 wegen des Diesel-Abgasskandals bei der VW-Tochter Audi ermittelt. Nun wird Rupert Stadler als längjähriger Vorstandschef des Ingolstädter Premiumherstellers wegen Betrug, mittelbarer Falschbeurkundung und strafbarer Werbung angeklagt.

Rupert Stadler: Fehlverhalten im Dieselskandal

Mit ihm auf die Anklagebank sollen drei weitere teils hochrangige Manager, die bei Audi zu Zeiten des Abgasbetrugs an entscheidenden Stellen gesessen haben. Das Trio könnte teils zu Kronzeugen mutieren, um eigene Schuld klein zu halten und dabei schmutzige Wäsche waschen. Bevor es dazu kommt, muss das Landgericht München die Klage erst zulassen, wovon Justizexperten aber ausgehen. Beginnen könnte ein Prozess gegen die Audi-Manager 2020. Es droht Haft.

Die Ermittler werfen Stadler dabei nicht vor, die Abgasbetrügereien in Auftrag gegeben zu haben. Er soll davon nach Erkenntnissen der Staatsanwälte spätestens Ende September 2015 gewusst haben. Öffentlich bekannt wurde das Manipulieren von Diesel-Abgasen im VW-Konzern am 18. September 2015.

Derweil erreichten VW kürzlich traurige Nachrichten. Ex-VW-Chef Ferdinand Piëch starb in Rosenheim während eines Restaurant-Besuchs. 

Ex-Audi-Chef Rupert Stadler: Ein aalglatter Typ

Die illegalen Abschaltvorrichtungen wurden aber bereits ab 2006 entwickelt. Befohlen könnte sie Stadler wegen dieser zeitlichen Abfolge damit nicht haben. Aber der 56-jährige Bayer hat sich seinen Spitznamen „Teflon-Stadler“ nicht ohne Grund erworben. Vieles hat er in seiner fast zwölfjährigen Amtszeit an der Spitze von Audi einfach abperlen lassen. Das schließt auch Vorwürfe im Zuge des Diesel-Abgasskandals mit ein, was dem Bauernsohn nun zum Verhängnis werden könnte.

Die Ermittler glauben beweisen zu können, dass Stadler nach Ende September 2015 weiter dafür gesorgt hat, Abgas-manipulierte Autos zu verkaufen oder zumindest nicht versucht zu haben, das zu verhindern. Weil Audi in vielerlei Hinsicht eine Technologieschmiede für den gesamten VW-Konzern war, betrifft das nicht nur Fahrzeuge der Marke Audi. Die Ingolstädter haben speziell große Diesel-Motoren und deren mutmaßlich illegale Abschaltvorrichtungen auch für die Konzernmarken VW und Porsche entwickelt.

Die jetzige Anklage gegen Stadler und das Entwicklertrio umfasst deshalb 250 712 Fahrzeuge von Audi, 71 577 von VW und 112 131 von Porsche, die in Europa und den USA im Wissen um ihr fragwürdiges Innenleben an den Mann gebracht worden sind.

In der Summe geht es um über 430 000 Fahrzeuge, also keine Kleinigkeit. Weil das die Rolle von Audi als wesentliche Keimzelle bei allen Abgasbetrügereien beschreibt, wäre ein öffentlicher Prozess doppelt erhellend.

Audi-Skandal: Aktuell ist Stadler gegen Kaution auf freiem Fuß

Weder Stadler noch dessen Anwalt haben sich in letzter Zeit noch zu den Vorwürfen geäußert. Solange der tief gefallene Manager sich öffentlich mitgeteilt hat, hatte er jede persönliche Verfehlung energisch bestritten. Was im Zuge der Ermittlungen an die Öffentlichkeit gedrungen ist, zeichnet auch ein Bild des Selbstverständnisses von Manager Stadler.

Vor Jahresfrist haben ihn die Ermittler wegen Betrugsverdacht und Verdunkelungsgefahr verhaften und vier Monate lang in Untersuchungshaft im Gefängnis Augsburg-Gablingen schmoren lassen. Frei kam er nur gegen Kaution. Zugleich wurde Kontaktsperre hinsichtlich anderer Beteiligter am Diesel-Skandal verhängt. Stadler wollte Informationen unterdrücken lassen, heißt es in Justizkreisen.

Die Ermittler haben Stadlers Telefon abhören lassen und dabei ein bemerkenswertes Gespräch belauscht. Darin soll der damalige Audi-Chef darüber sinniert haben, einen gegenüber Staatsanwälten allzu auskunftsfreudigen Audianer konzernintern kalt zu stellen. Dieses und andere pikante Details dürften in einem Prozess ausgebreitet werden, wenn das Gericht die Klage zulässt.

Auch Ex-VW-Chef Winterkorn wird der Prozess gemacht

Gleiches gilt für einen zweiten Prozess im Zuge des Abgasskandals, den die Braunschweiger Staatsanwaltschaft betreibt. Angeklagt ist hier der ehemalige VW-Chef Martin Winterkorn – und zwar in einer personell wie prozesstaktisch sehr ähnlichen Konstellation mit vier Untergebenen. Um Anstifter und Ausführende dürfte es hier wie dort gehen sowie das Ausmaß individueller Schuld.

Juristisch gesehen ist das heikel. Sich auf Kosten anderer sauber zu waschen, ist ein unter Beschuldigten übliches Verhalten, das die Wahrheitssuche nicht gerade erleichtert. Auch Winterkorn hat bis zuletzt alle Vorwürfe bestritten. Auch in Braunschweig muss das Gericht noch entscheiden, ob die Anklage zugelassen wird. Unter Justizexperten gilt das aber als sicher.

Beide Prozesse – der in München und der in Braunschweig – könnten endlich für die Klarheit sorgen, auf die betrogene Autokäufer und Öffentlichkeit schon lange warten. Im Falle Stadlers mitangeklagt ist dem Vernehmen nach mit Topmanager Wolfgang Hatz eine ausgesprochene Schlüsselfigur. Er hat in den Jahren des Diesel-Betrugs sowohl bei Porsche, VW und Audi gemanagt und zwar vor allem in der Aggregateentwicklung, also dem Ort des mutmaßlich kriminellen Geschehens. Die anderen beiden in München Mitangeklagten sind ein ehemaliger Audi-Ingenieur und ein früherer Audi-Techniker, die beide zumindest teilweise geständig sein sollen.

THOMAS MAGENHEIM-HÖRMANN

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